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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

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Nr. 8
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Hirth du Frênes, Rudolf: Mary
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Thumann, Paul: Liebesfrühling
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https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0089

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MODERNE KUNST.
-:—

BILDER-ERKLÄRUNGEN.

LI.

LII.

MARY

VON
R. HIRTH DU FRENES.

Zu denjenigen Münchener Malern, in deren
Werken das Streben nach koloristischen Wir-
kungen besonders energisch hervortritt, gehört
der Künstler, dessen pikanter Frauenkopf die
vorliegende Lieferung eröffnet und Zeugnis dafür
ablegt, dass liebevolles Studium älterer Meister,
wie es hier ersichtlich, sich sehr wohl mit
Entfaltung eines selbständigen künstlerischen
Talents vereinigt. Auf die virtuose Zeich-
nung und Modellirung, auf den lebensprühen-
den Ausdruck des liebenswürdigen Antlitzes
und die geschickte Behandlung des Kostüms einzugehen ist angesichts
unseres Holzschnittes nicht notwendig, der übrigens auch von der reizvollen
Larbenstimmung, soweit es dieses Reproduktionsverfahren überhaupt ver-
mag, eine Vorstellung geben wird.
Rudolf Hirth du Frenes, der im Jahre 1846 in Gräfentonna bei Gotha
nls Sohn eines Amtsadvokaten geboren wurde, war, nachdem er 1861—64
’n der Nürnberger Kunstschule unter der bewährten Leitung des ver-
storbenen Direktors von Kreling seine erste Vorbildung erhalten hatte,
an der Münchener Akademie namentlich durch Arthur von Ramberg in
die Bahnen der idealistischen Richtung geleitet worden, die er indes später
verliess, um sich auf naturalistischer Grundlage eine eigene Technik zu
schaffen, bei welcher das Element der Farbe obenan steht, doch auch die
form zumeist mit Sorgfalt und Verständnis durchgebildet ist. Die poe-
tische Veranlagung, die den Künstler auszeichnet, bewahrt ihn dabei vor
den Ausschreitungen und Einseitigkeiten, die den heutigen Vertretern der
naturalistischen Richtung leider nur zu häufig anhaften, und befähigt ihn,
’n seinen figürlichen Kompositionen durch feinsinnige Wiedergabe intimen
Seelenlebens das Interesse des Beschauers zu fesseln.
In den Jahren 1875—1881 nahm Hirth behufs seiner weiteren Aus-
bildung einen Aufenthalt in Holland, Belgien und Frankreich; von dem
Dorfe Frenes, in welchem ihn seine Studien besonders lange festhielten,
hat er, dem Brauche früherer Künstler folgend, in dankbarer Erinnerung
seinen Beinamen angenommen. Nach Deutschland zurückgekehrt, liess er
sich in München nieder und verwertete nun die reichen Anregungen, die
’hrn seine Wanderjahre zugeführt hatten, in einer Reihe trefflicher Arbeiten.
''■Vir nennen von denselben: „Hopfenlese“ (im Museum zu Breslau), „Aller-
seelentag“ (Gothaer Sammlung), „Mädchen mit Blumen“, „In der Blumen-
nusstellung“, „Interieur aus Hindelopen in Holland“, eine „Lautenspielerin“,
die mit dem von uns reproduzirten Gemälde nahe Verwandtschaft zeigt,
ferner „Matrosenfrauen aus Boulogne sur mer“ und eine „Armenspeisung“ be-
ttelte Komposition, die sich in amerikanischem Privatbesitz befindet.
—d.


R. Hirth du Frenes.


LIEBESFRÜHLING
VON
PAUL THUMANN.

Paul Thumann.


Seit Wilhelm von Kaulbach und Lud-
wig Richter vom Schauplatz abgetreten,
wird auf dem Gebiete der Illustration sich
kaum ein anderer Künstler an Produk-
tivität und Beliebtheit mit Paul Thumann
messen können, dessen sinnige Kompo-
sitionen Gemeingut der deutschen Fami-
lien geworden sind. Wem wären nicht
wenigstens einige aus dem reichen Schatze
der Bilder bekannt, in denen der Meister
den Schöpfungen unserer und ausländischer
Dichter Gestalt lieh, stets mit Erfolg dar-
auf bedacht, die jeweilige Stimmung und

den Zeitcharakter in treuen Zügen wiederzugeben. Goethe’s „Wahrheit und

Dichtung“, „Wilhelm Meister“, „Clavigo“, „Torquato Tasso“ und „Egmont“,
Shakepseares „Sommernachtstraum“ und „Lustige Weiber von Windsor“,

Tennysons „Enoch Arden“, Vossens „Luise“, Auerbachs Volkserzählungen,

Scherers Volkslieder und andere Dichtungen haben in Paul Thumann einen

künstlerischen Interpreten gefunden, der wie nur irgend ein berufener Ueber-
setzer das innerste Wesen und die feinsten Nuancen des poetischen Urbilds
Jedem nahezubringen weiss. Einen besonders dankbaren Stoff bot ihm
Chamisso’s schöner Liedercyklus „Frauen-Liebe und Leben“, in dem er die
Schicksale des Weibes vom Erwachen der ersten Neigung bis zum Erlöschen
der letzten Hoffnung in mustergültiger Weise vor Augen führt, wie er auch
die „Lebens - Lieder und Bilder“ desselben Dichters mit einer stattlichen

Reihe ansprechendster Kompositionen begleitete. Dass Thumann den
mannichfaltigsten Aufgaben gewachsen ist, beweisen die Zeichnungen zum
„Vaterunser“ und die schönen Illustrationen zu Robert Hamerlings „Amor
und Psyche“, die in engster Anschmiegung an den Charakter der Dichtung
antike Auffassung mit deutschem Empfinden auf das glücklichste vereinigen.
Neben den grossen Tuschzeichnungen, welche die Hauptmomente des
Märchens darstellen, und den in den Text verstreuten Federzeichnungen
bekundet sich auch in den zierlichen Initialen und Schlussvignetten das
feinste Formgefühl, verbunden mit liebevollstem Eingehen auf die wech-
selnden Stimmungen des poetischen Textes. •
Dass Thumanns Schaffen sich bisher zum weitaus grössten Teil aut
dem illustrativen Gebiete bewegte, findet seine Erklärung in dem Lebens-
gange des Künstlers, der in den ersten Stadien seiner Laufbahn mit nicht
geringen . äusseren Schwierigkeiten zu ringen hatte und sich lediglich auf
die eigene Kraft verwiesen sah, um der früh in ihm erwachten Neigung
zur Kunst folgen zu können. Als Sohn eines unbemittelten, aber viel-
seitigen und auch künstlerisch veranlagten Dorfschullehrers am 5. Oktober

I. 8.
 
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