Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

DOI Heft:
Nr. 5
DOI Artikel:
Blaas, Eugen von: Jaquino
DOI Artikel:
Riefstahl, Wilhelm Ludwig Friedrich: Die Einführung des Christentums in Rätien
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0057

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MODERNE KUNST.

BILDERERKLÄRUNGEN.


.1 A Q U I N O.

VON
EUGEN RITTER VON BLAAS.
as hübsche Venezianerbürschchen, das mit so eifriger Hin-
gabe in die Herrichtung seines frugalen Frühstücksimbisses
vertieft ist, gehört zu jenen ansprechenden, lebenswahren
Gestalten, in denen Eugen von Biaas das fröhlich bewegte
Treiben der romantischen Lagunenstadt wie Wenige künst-
lerisch zu verkörpern weiss. Zu dem liebevollen Studium,
das er demselben lange Jahre hindurch widmete und das
seinen Genrebildern den Wert kulturhistorischer Urkunden
sichert, gesellt sich bei unserem Künstler ein höchst
glücklicher Blick für das malerisch Wirksame, der ihn
befähigt, auch oft behandelten Motiven neue Seiten ab-
zugewinnen. Den meisten unserer Leser wird wohl noch
:iner venezianer Bilder bekannt sein, in denen er Fischer-
farbenprächtige Karnevalsscenen und Anderes schildert;
als besonders hervorragend möge der Brautzug in der Markuskirche und
die Partie nach Murano (im Belvedere zu Wien) Erwähnung finden. Mit
einer ungewöhnlichen coloristischen Begabung vereinigt Biaas sorgfältige,
vornehme Zeichnung, die jedoch weit von akademischer Trockenheit ent-
fernt ist; man erkennt darin den förderlichen Einfluss seines Vaters, des
rühmlich bekannten Wiener Historienmalers Karl von Biaas, dem er seine
erste Ausbildung zu danken hat.
Im Jahre 1843 zu Albano geboren, ist unser Künstler auch insofern
als halber Italiener zu betrachten, als Venedig, seit Jahren seine zweite
Heimat, ihm schon frühzeitig als Schüler der dortigen Akademie die
specielle Richtung für sein Schaffen anwies. Späterhin bezog er die
Wiener Akademie, woselbst er ebenso wie in Venedig seine Leistungen
durch Preise ausgezeichnet sah, und setzte dann seine Studien in Rom
und Paris sowie auf Reisen durch Belgien und England fort, worauf
er sich in seinem geliebten Venedig, dessen Romantik ihn anzog und be-
geisterte, dauernd niederliess. Das erste bedeutende Werk, durch welches
er seinen Namen weiteren Kreisen bekannt machte, war die Bekehrung der
Rätier durch den heiligen Valentin (in der Kirche zu Obermais bei Meran);
äusser den bereits oben angeführten Gemälden sind als Hauptwerke hervor-
zuheben die prächtige, aus Boccaccios Decameron geschöpfte, in der Naivetät
der Erfindung den alten Vorbildern sich nähernde Komposition, welche die
Begegnung der florentiner Jünglinge mit den schönen und geistreichen jungen
Mädchen in Santa Maria Novella schildert, ferner der Kirchgang der vene-
zianischen Dogaressa (dem Herzog von Koburg gehörig), Maskenbesuch in
Venedig, und andere venezianische Volks-, Fischer- und Karnevalscenen, in
denen sich die reiche Begabung des Künstlers in glänzender Weise entfalten.

dies oder jenes
und Volkstvoen


XXXII.

DIE EINFÜHRUNG
DES
CHRISTENTUMS IN RÄTIEN
VON
WILHELM RIEFSTAHL.

Wie der Kampf der alten heidnischen
Religionen gegen das kühn auf den Plan tretende
Christentum der dichterischen Phantasie eine
Fülle wirkungsvoller Momente darbietet, so findet
auch die bildende Kunst, namentlich die Malerei,
in diesem grossen welthistorischen Konflikt über-
aus ergiebige und dankbare Vorwürfe. Mit
besonders glücklichem Griffe hat Wilhelm Rief-
stahl in seiner trefflichen Komposition als Schau-
platz für den Zusammenstoss des alten und des
neuen Glaubens die rätischen Alpen gewählt
und mit dieser in ihrer wilden und mächtigen Ursprünglichkeit grossartigen
Scenerie einen höchst passenden Rahmen für die Darstellung des rauhen
Naturdienstes gewonnen, der die Genossen des kriegerischen Stammes auf
felsiger Höhe zusammengeführt hat.
Den Mittelpunkt der Opferstätte bildet die roh aus Holz geschnitzte
Bildsäule der Göttin Epona, an der man die Schädel geopferter Rosse
befestigt sieht. Epona, neben Theutates, dem keltischen Merkur, dem
Sonnengotte Belenus und dem Kriegsgotte Hesus eine der Hauptgottheiten
des rätischen Volkes, war die Patronin der Reitkunst, in der sich die
Walliser Söldner im römischen Heere ja besonders auszuzeichnen pflegten.
Nicht weniger als acht Jahrhunderte gingen vorüber, ehe die Botschaft
vom Kreuze den alten heidnischen Kultus in Rätien völlig zu überwinden
vermochte. Zwar hatte sie in den nördlichen Gegenden, dank dem Be-
kehrungseifer des heiligen Lucius, schon im zweiten Jahrhundert Boden
gewonnen, allein auf den Bergen wusste sich das Heidentum nach wie vor
zu behaupten. Auch später, als sich die christliche Lehre schon weiter
ausgebreitet hatte, verhalfen die Einfalle der Hunnen und Alemannen dem
alten Götzendienste zu neuer Blüte. Bis zur Mitte des neunten Jahrhunderts,
wo der heilige Columban und der heilige Gallus die letzten Reste des
Heidentums ausrotteten, wurde den einheimischen Gottheiten auf den räti-
schen Bergen geopfert, wie es Riefstahls Komposition veranschaulicht. Mit
dramatischer Kraft ist hier der Moment herausgegriffen, in dem die am
Opferstein mit der Tödtung eines Rosses beschäftigen Priester durch zwei
mutige Boten des neuen Glaubens in ihrem Werke gestört werden und
mit ihren drohenden Geberden das Schlimmste für die wehrlosen Ankömm-
linge befürchten lassen; im Rücken der Priesterschaft erblickt man die
trotzigen Gestalten der rätischen Krieger, die ebenfalls nicht gesonnen
scheinen, dem Glauben ihrer Väter ohne Widerstand zu entsagen; allein

Wilhelm Riefstahl.


Moderne Kunst in Meisterholzschnitten. I. 5.
 
Annotationen