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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

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Nr. 9
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Lieck, Josef: Trinklied: zu dem Bilde "Moselblümchen"
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Edelfelt, Albert Gustav Aristides: Gottesdienst am Meeresufer in Finnland
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https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0101

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MODERNE KUNST.
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BILDER-ERKLÄRUNGEN.

LIX.
T RIN K LIE D.
Zu dem Bilde „MOSELBLÜMCHEN“ von JOS. HECK.

Schaut, wie die Becher

Rosenumblüht

Winken, o Freunde, zu frohem Vereine!
Lasst sie erklingen und weiht euch dem Weine,
Weiht euch dem Edelsten, dran das Gemüt
Sinniger Zecher
Selig erglüht!

Fülle die Becher,
Liebliche Maid!
Will ich am Weine mich laben, da taugen
Schenkinnen einzig mit schelmischen Augen —
Komm, o du Holde, thu’ mir Bescheid!
Fülle die Becher,
Liebliche Maid!

Ohne die beiden,
Liebchen und Wein,
Ginge ja sicher im alten Geleise
Nimmer die Erde, zum grämlichen Greise
Schrumpfte die Menschheit heute noch ein,
Müsste sie meiden
Liebchen und Wein.
Frisch an der Tonne
Füllt den Pokal,
Dass sich am Geiste der Reben der euere,
Freunde, zu höherem Schwünge befeuere,
Gleichwie die Rebe sich ranket im Thal
Auf zu der Sonne
Himmlischem Strahl!
Möge der Büsser
Finstere Schar
Unser verworfenes Treiben befehden,
Dass wir uns selber erbauen ein Eden,
Herrlicher als es das biblische war,
Das ja so süsser
Labe noch bar.
Willst du die wahre
Philosophie:
Komm nur in unsere weise Gemeinschaft,
Traue den Wissenden: einzig der Wein schafft
Skrupel hinweg, philosophische — sieh,
Das ist die wahre
Philosophie!_ PAUL SCHOENFELD.

LX.

GOTTESDIENST AM MEERESUFER
IN FINNLAND
VON
ALBERT EDELFELT.

Obwohl abseits liegend von den grossen
Mittelpunkten des europäischen Lebens,
bietet das nordische Land, in welches
uns das naturgetreue Gemälde Albert
Edelfelts versetzt, vom Standpunkte der
Erd- und Völkerkunde aus. betrachtet eine
reiche Fülle des Bemerkenswerten und
Interessanten. Von einer Menge grosser
und kleiner Binnenseen durchzogen und
zum grossen Teil aus Sumpf- und Moor-
strecken bestehend, zeigt Finnland in
landschaftlicher Beziehung einen ganz
eigentümlichen Charakter; die ungemein
reiche Küstenentwickelung mit den un¬
zähligen Buchten, Schären und Inseln hat es nur gemein mit Norwegen,
wie auch die Gebirgsbildung derjenigen der skandinavischen Halbinsel ver-
wandt ist. Während der Boden des Landes nur selten genügenden Ertrag
liefert, um die Lebensbedürfnisse der Bevölkerung zu decken, erfreut sich
die Fischerei um so grösserer Blüte, und auch Jagd und Viehzucht sowie
die Forstwirtschaft spielen eine nicht unbedeutende Rolle. In dem kalten,
aber gesunden Klima gedeiht ein kräftiger, derber Menschenschlag, der,
ein Zweig der mongolischen Race, noch jetzt trotz der Vermischung mit
anderen Elementen seinen Ursprung in dem meist gedrungenen Körperbau,
der runden Kopfbildung, dem platten Gesicht, der niedrigen Stirn und
dem stark entwickelten Nacken deutlich erkennen lässt. Arbeitsamkeit und
1 Ausdauer, Redlichkeit und Treue, gastfreier Sinn und ein lebhafter Drang
nach persönlicher Unabhängigkeit sind die hervorstechendsten guten Züge
im Charakter des zum weitaus grössten Teil aus Landleuten bestehenden
Volkes, denen als Schattenseiten leicht aufbrausende Heftigkeit und Rach-
sucht, teilweise auch Neigung zum Trünke gegenüberstehen. Der religiöse
i Sinn wurzelt, wie es auch in der andächtigen Gemeinde auf unserem Bilde
I zu lebendigem Ausdruck kommt, im Ganzen tief im Herzen der Finnen,
die fast durchgängig der evangelisch lutherischen Konfession angehören.
Wie in der Tracht bewahrten sie auch nach ihrer Vereinigung mit Russ-
land in ihren Sitten bis heute noch viele nationale Eigentümlichkeiten, die
namentlich bei kirchlichen Feierlichkeiten und Familienfesten zu Tage treten.
Sehr ausgeprägt ist bei ihnen die Neigung zu Musik und Gesang, die sich
auch in der wohllautenden Sprache widerspiegelt, und die schon frühzeitig
erwachte Volkspoesie, deren Erzeugnisse neuerdings durch verdienstvolle
Forscher gesammelt und auch dem Auslande zum Teil in Uebersetzungen
erschlossen wurden, zeugt von einer reichen dichterischen Veranlagung,


I. 9.
 
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