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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

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Nr. 8
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Söborg, Paul: Zur Erntezeit
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Ekwall, Knut: "Ticktack"
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Beyschlag, Robert: Vorm Thore
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https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0095

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32

MODERNE KUNST.

Positionen, die seinen frühen Heimgang tief bedauern lassen. Paul Söborg
selbst versuchte sich zunächst als Bildhauer, als welcher er längere Zeit
im Atelier Prof. Otto Lessings arbeitete und bei der Ausführung des
plastischen Schmuckes am Opernhause in Kopenhagen sowie am Gebäude
des Palmengartens zu Frankfurt a. M. thätig war. Später widmete er sich
der Malerei, zuerst unter Anleitung des verstorbenen Christian Wilberg,
sodann als Schüler des Professors Eugen Bracht in Berlin. Wie dieser mit
Vorliebe in der norddeutschen Haide seine landschaftlichen Motive sucht,
hat Söborg sich als Specialität die einfache märkische Landschaft auserkoren
und in einer Reihe ebenso naturwahrer wie poetisch empfundener Gemälde
den Beweis geliefert, dass diese vielfach noch immer so gering geschätzte
Gegend des Schönen und künstlerisch Wertvollen genug bietet, wenn man
sie nur mit dem rechten Auge betrachtet. Die vorjährige Jubiläums-
ausstellung brachte von ihm zwei höchst stimmungsvolle Gemälde, einen
„Abend an der Spree“ und eine Mondlandschaft, die ihm eine ehrenvolle
Erwähnung eintrugen; auch die gegenwärtige Berliner Kunstausstellung ist
mit drei ähnlichen Arbeiten von ihm beschickt worden, die ebenso wie
das in vorliegender Lieferung enthaltene Gemälde zeigen, dass der Künstler
auch das figürliche Element mit Erfolg in seinen Landschaften zu ver-
werten weiss. —d.

LVII.

„TICKTACK“

VON

KNUT EKWALL

a ja, so geht’s, mein Töchterlein! Jetzt ist sie dir noch
ein nettes Spielzeug, die kleine Taschenuhr, und ihr
Ticktack nichts weiter als ein lustiger Zeitvertreib. Von
einem Ohr ans andre, bis zuverlässig festgestellt ist, dass
es an beiden ganz gleich klingt — dann möchte man
doch gar zu gern wieder einmal schauen, wie das Ding
eigentlich inwendig aussieht, und am liebsten gar mit dem
vorwitzigen Fingerchen blos „ein ganz klein bischen“
zwischen die Räder fahren, wenn’s der Papa erlaubte! Noch
ein paar Jahre, so wird sie dir ein ersehnter Schmuck, ein
glitzerndes Anhängsel wie andere, das den Leuten beweist,
dass man „erwachsen“ ist und nun auch in der Welt ganz


entschieden mitzählt. Da wird sie denn zu Rate gezogen bei jedem Anlass,
dass nur ja alle sehen, welch hübsche Uhr das Fräulein zur Einsegnung
erhalten hat.Und wie lange währt’s, so wird sie auch dir die
grämliche Mahnerin, die dir die alte Weisheit predigt, wie so schnell die
Sonnenblicke des Glückes, die heiteren Stunden vergehen, und wie so
langsam, so bitter langsam, die trüben!
Das mögen etwa die Gedanken sein, die den schweigsamen Mann
in dem Bilde bewegen, mit welchem Knut Ekwall, den meisten fast nur
durch seine weit verbreiteten Illustrationen bekannt, eine Probe seiner

malerischen Thätigkeit darbietet. Wie so viele Künstler skandinavischer
Herkunft hat auch Ekwall, der am 3. April 1843 zu Säby in der schwedischen
Provinz Smäland geboren wurde, in Deutschland seine zweite Heimat ge-
funden. Nachdem er 1860—66 an der Akademie zu Stockholm studirt

und dann 4 Jahre lang als Metallgraveur, Holzschneider und Zeichner ge-
arbeitet hatte, siedelte er nach München über und war daselbst bis zum
Jahre 1875 als Illustrator thätig. Von da ab weilte er in Berlin, wo er
sich noch ein Jahr lang bei Ludwig Knaus im Fache der Genremalerei
vervollkommnete; zu seinen Hauptwerken auf diesem Gebiete gehören die
Gemälde: „Nach Mitternacht“, „Seefahrers Heimkehr“, „Nach dem Bade“,
„Die Berliner Feuerwehr“, „Sub rosa“ und „Am Abend“. Daneben kultivirt
er das Porträt, vor allem aber das illustrative Fach, in dem er für zahl-
reiche Zeitschriften thätig ist, aber auch mit selbständigen Publikationen
wie z. B. 12 Zeichnungen zu Tegners Frithjofssage hervortrat, die im
Bruckmannschen Verlage zu München erschienen. —d.

LVIII.

VORM THORE
VON
ROBERT BEYSCHLAG.


Robert Beyschlag.

Dass in der Genremalerei nicht
minder als im Historienbilde das
Kostüm eine höchst wichtige Rolle
spielt, indem es den Künstler we-
sentlich unterstützen, unter Umstän-
den aber ebenso sehr hemmen und
beengen kann, ist eine genugsam be-
kannte Thatsache. Während in den
höchsten Glanzperioden der Kunst,
im klassischen Altertum wie in der
Renaissance und den Zeiten der
grossen Niederländer die nationalen
Trachten den Bedürfnissen des Künst-
lers fast in jeder Beziehung ent-
gegenkamen, da sie ja selbst von künstlerischen Gesichtspunkten bestimmt
waren, bereitet das moderne Leben nach dieser Seite hin, zumal wenn es
sich um Darstellung der höheren Gesellschaftskreise handelt, nicht nur der

monumentalen Plastik, sondern auch der Malerei grosse Schwierigkeiten.
So lebhaft nun zwar zu wünschen ist, dass trotzdem das Leben der Gegen-
wart seinen künstlerischen Ausdruck finde, und so sehr es dem Künstler

zum Verdienste gereichen muss, der auch mit dem undankbaren Allerwelts-

kostiim, wie es in den Städten und Salons des 19. Jahrhunderts seine tyran-
nische Herrschaft behauptet, sich abzufinden und künstlerische Wirkungen'
zu erzielen versteht, so ist es doch berechtigt und erklärlich, wenn die
Künstler der Gegenwart bei freier Stoffwahl in die färben- und formen-
schöne Vergangenheit zurückgreifen. Nur darf dabei freilich das Kostüm
nicht Selbstzweck sein, es muss vielmehr das Hauptgewicht stets auf die
treue Wiedergabe der Lebens- und Sinnesweise der betreffenden Zeitperiode
gelegt werden. Diese häufig äusser Acht gelassene Forderung weiss Robert
Beyschlag, der besonders gern dem altdeutschen Leben seine Motive ent-
lehnt, in erfreulicher Weise zu erfüllen. Vor allem hat er sich tief versenkt

in die Gefühlswelt unserer Vorfahren und durch die sinnige Verherrlichung
holder Frauenschönheit in weiten Kreisen Beliebtheit errungen. Mag er
den Abschied eines in den Kampf ausziehenden Ritters von seiner Familie
oder den frohen Empfang des glücklich Heimkehrenden schildern, eine junge
Mutter mit ihrem Söhnlein an den Altarstufen andächtig kniend zeigen oder,
wie in unserem Bilde, zwei vornehme Damen auf ihrem Spaziergange vor
dem Stadtthor uns vor Augen führen — überall begegnet uns eine innige,
zum Herzen sprechende Empfindung, mit der sich fast immer eine treffliche,
charakteristische Zeichnung und eine reizvolle koloristische Stimmung ver-
bindet. Aus der stattlichen Reihe seiner Schöpfungen, die teilweise durch
graphische Reproduktionen weite Verbreitung erlangt haben, seien noch her-
vorgehoben: „Die glückliche Mutter“, „Minne“, „Hochzeitszug“, „Sonntags-
morgen im Ries“, „Abzug der Besatzung“, „Mädchen mit Fruchtschale“ und
als eines seiner anmutigsten Werke drei Kinder einer vornehmen Familie»
denen ein schmuckes Mädchen Aepfel von einem Baume herabholt. Im
Bayrischen Nationalmuseum malte Beyschlag das Fresko: „Ludwig der
Kelheimer wird vor Damiette 1221 der Retter der Kreuzfahrer“. Auch
durch den griechischen Mythus liess er sich zu mehreren Kompositionen
anregen, so zu einer „Psyche“, „Iphigenia“ und „Orpheus und Eurydike“-
Als Illustrator bewährte er z. B. in der bei Ad. Ackermann in München er-
schienenen Sammlung „Guten Morgen, Vielliebchen“ seine glänzende Be-
gabung für Schilderung weiblicher Grazie und zarter Herzensregungen
Am 1. Juli 1838 zu Nördlingen geboren, besuchte Robert Beyschlag
1856 — 63 die Akademie zu München, wo Philipp Foltz seine Ausbildung
leitete, und nahm nach längerem Aufenthalt in Paris und einer italienischen
Studienreise in der Isarstadt seinen ständigen Wohnsitz. —d.

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