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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 4.1930

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Kállai, Ernő: Der Raumplastiker Gabo
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https://doi.org/10.11588/diglit.17292#0024

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GABO, Raumplaftik. Bauhaus-
klifchee

gerät, ihr Heil in einer radikalen Abkehr von der fechnitch be-
ftimmlen Wirklichkeit unterer Zeit überhaupt zu tuchen und fich
im Schatten des Alten genügtam zur Ruhe zu legen.

Die Arbeiten Gabos fcheinen mir weniger durch ihr Perfönliches
und bereits Vollbrachtes wichtig zu (ein, obwohl ihre außerordent-
liche künftlerifche Kraft unbettreitbar itt. Sondern vielmehr deshalb,
weil tie der Plattik grundtätzlich neue Wege weiten, die tich voll-
kommen organitch aus den betonderen, neuen technitchen Mitteln
unterer Zeit ergeben.

Gabos Raumplattiken find durchaus real - mathematitch bedingt,
nicht illutionittifch-formal wie maleritche Kompofitionen etwa. Doch
diefe ingenieurmäßig exakte Statik trägt eine Geftaltung von rein
künftlerifcher Abgewogenheit aller Material- und Formverhältnitfe.
Das rational und konttruktiv Gefetzmäßige wird durch die Ertchei-
nung einer rein gefühlsmäßigen Ordnung überttrahlt und aufge-
hoben. Ein ungemein feines und urfprüngliches Materialempfinden
tchafft Kombinationen, die das Stoffliche als rein tinnlich - geiftige
Qualität förmlich zum Atmen bringen, es weichend erlöfchen und
hervortretend aufleuchten laften. Das Gerütt ftatitcher Bindungen
tchlägt als Medium des Seelitchen ein (ich tchwingendes Kreifen,
Steigen und Fallen an, das in unfichtbaren und dennoch klar zu
fühlenden Weiterungen um tich greift, über fich hinausdeutet, alle
Mutikalitäf unteres Blutes in Erregung bringt.

Lichtdurchglänzte, glasklar erklingende Harmonie: eine derartige
Befreiung von aller Mattivität, eine tolche Neutchöpfung der Pla-
ftik als reine Raumgettalt itt nur mit modernen technitchen Mitteln
möglich. Nur moderne technifche Materialien und Konttruktions-
methoden lallen Formen zu, in denen undurchschaubare Dichfe
und triebdunkle Schwere der Materie bis zur Grenze des Nichts
verdünnt, durchleuchtet ertcheinen. Und Gabos künftlerifche Ziele
gehen noch weiter. Seine Arbeiten find im Grunde genommen
Gleichnifte, ttatitche Umtchreibungen einer erttrebten kineti fchen
Plattik. Rhythmitch bewegte ftoffIicheTeiIe (ollen die Illution einer
fich rhythmitch wandelnden räumlichen Gettalt erregen, analog
dem aus der Phytik bekannten Zentrifugalvertuch mit dem rotieren-
den Metallreifen, der die Illution einer licht- und luftgewebten
Kugel erzeugt. Dieter rhythmifche Bewegungs- und Gettaltwandel
würde towohl unter Zeitempfinden als unter räumliches Schauen
ergreifen. Die kinetitche Plattik wäre alfo eine einheitliche Ge-
ttaltung von Zeit und Raum.

Die modernen Empfindungsquellen dieter kühnen und voll-
kommen neuartigen Idee liegen klar zutage. Gabo erfchaut das
räumlich-zeitliche Symbol der kinetitchen Leidentchaft unterer Zeit
für die Leben nur Bewegung und immer wieder Bewegung be-
deutet. Er erfchaut die Bewegung von allen praktifch-zweck-
mäßigen, nützlichen Endlichkeitsbindungen losgelöft, als Vifion

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