Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 4.1930

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.17292#0374

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
M I T T E I

LA SARRAZ

Das Schloß von La Sarraz (Kt. Waadt) wird in der Schweiz immer
mehr zum Ausgangspunkt kompromißloler, zeitgemäßer Bege-
bungen. Das Schloß und ein Legat ftehen der Verwirklichung die-
(er Beltrebungen zur Verfügung. Bekanntlich haben neben den
internationalen Kongrelfen für neues Bauen (1928) auch die un-
abhängigen internationalen Filmkongrelle (1929) von dort ihren
Ausgangspunkt.

Dieles Jahr lud Madame Helene de Mandrot (vom 31. Augult bis
3. September) nach Schloß La Sarraz verfchiedene Schweizer und
ausländifche Perfönlichkeiten aus literarifchen und künftlerifchen
Kreilen ein. Von ausländifchen Gälten waren von Berlin L. Mo-
holy-Nagy und von Paris Hans Arp, aus Italien der Architekt A.
Sartoris (Turin) anwelend. Es handelte (ich darum, die beltehende
Tendenz, La Sarraz als Sammelpunkt zeitgemäßer Beltrebungen,
auf lange Sicht hinaus feltzulegen.

Zu diefem Zwecke wurde belchlollen, auch fernerhin Kongrelle
in La Sarraz zu veranftalten. Zuerlt aber (chritt man an eine Re-
organifation des bereits begehenden „Maison des Artistes", in dem
leit einer Reihe von Jahren jeden Sommer Künftlern Unterkunft
gewährt wurde. Auf Vorlchlag von Dr. S. Giedion (Zürich) wurde
belchlollen, außer Schweizer Künftlern auch Künftler ohne Rück-
licht auf Alter und Nation einzuladen, allein unter dem Gelichts-
punkt, daß lie mit den Beltrebungen unlerer Zeit verknüpft lind
und von der öffentlichen Meinung noch nicht die Anerkennung
erhalten haben, auf die lie ein Recht haben dürften. Man beab-
fichtigt Bilder diefer Künftler unter beftimmfen Bedingungen zu
(ammein und den Betrag von mehreren Jahren einer fchon exiltie-
renden öffentlichen Sammlung oder einem noch zu gründenden
modernen Muleum in der Schweiz gefchloflen anzubieten.

In Zukunft (ollen nicht Künftler, fondern auch Leute, deren Tätig-
keit eng mit den Zeitbeltrebungen verbunden find, nach La Sarraz
eingeladen werden. Um eine einheitliche Entwicklung licherzu-
ftellen, hat man eine Kommillion mit weitgehenden Vollmachten
gewählt, die (ich aus (ich lelblt erneuert. Die Wahl der einzuladen-
den Künltler oder anderen Perfönlichkeiten wird durch Madame de
Mandrot (La Sarraz), G. Aubert (Laufanne) und S. Giedion (Zü-
rich) vollzogen. Außerdem gehören der Kommillion noch ein Mit-
glied des Musee Romand und A. Köhler (Genf) als Sekretär an.
In Verbinung mit der Reorganilation des „Maison des Artistes"
hat man die Abficht, anfangs September nächlten Jahres einen
Kongreß über die zeitgemäße Geltaltung der Mufeen abzuhalten,
zu dem neben Fachleuten auch die anwelenden Künltler, wie Kri-
tiker, Kunlthiltoriker und Sammler, eingeladen werden. Giedion

LUNGEN

AUSSTELLUNGEN

Modernes franzöfifches Kundhandwerk in Köln

Im Kunffgewerbe-Muleum der Stadt Köln findet vom 18. Oktober
bis 23. November eine Ausheilung „Modernes franzöfifches
Kunlthandwerk" Itatt. Die Ausheilung umfaßt Arbeiten der Mit-
glieder der Vereinigung Maison d'Art Fran9ais, Paris. Außer der
Staatlichen Porzellan-Manufactur Sevres und der Staatlichen Go-
belin-Manufactur umfaßt die Ausheilung Keramik, Bucheinbände,
Gläler, Beleuchtungskörper, Bronzen u. a. Belondere Erwähnung
verdienen die neuartigen farbigen Gläler von Navarre und De-
corchemont, die Teppiche von Silva Bruhns und die Bronzegülle
von Barbedienne. Des weiteren zeigt der auch in Deutfchland be-
kannte Rene Lalique eine größere Zahl neuer Arbeiten. Die Aus-
heilung wurde durch Oberbürgermeilter Dr. h. c. Konrad Adenauer
am 18. Oktober eröffnet.

Malerei und Gewerbe in Hamburg

Im Kunftverein im November: Kunlt der leßten 30 Jahre
aus Hamburger Privatbefiß ■ Franz Radziwill ■ Magnus Zeller —
Kunltgewerbe: Moderne Ichwedifche Gläler ■ Metallarbeiten und
Schmuckgegenltände von Wagenfeld ■ Keramik von Lindig.

NEUE FILME

„Gigant" ein neuer rullilcher film, mehr noch: ein neuer film-
karakter. die meifterfchaff der ruhen in der handhabe des mecha-
nifchen auges ilt hinreichend bekannt, was den neuen exponenten
dieles filmwerkes ausmacht ilt feine geiltige dilziplin. 4000 ha un-
endliche fteppe umgewandelt in das größte und modernfte land-
gut der weit — das thema; keine durchgehende handlung, keine
(taffage, kein problem, kein point de vue, kein held, fondern: die
Wirklichkeit des traktors. wie diele kompagnie von trakforen die
ablolute einlamkeit der Iteppe bezwingt, wie die Itahlkolonnen
ausgerichtet, gereiht, ausgelchwärmt oder en bloc übers gelände
ziehen, die raupenfchlepper wie unwirkliche faurier, die eggen
wie krabbelnde käfer, aus der ackerfurche, aus der luft gelehen,
vom horizont des alten mufchicks oder in der perlpektive des
volkskommillars — eine gigantilche fchlacht I mit der gleichen
ehrlichkeit lind dilteln und ähren gelehen, menfchen und malchinen,
intimlte lyrik und größte aufgaben. und nicht nur g e f e h e n ! nicht
nur ein neues äuge, fondern ein neuer geilt hat neue Wirklich-
keit optifch erfaßt, der mafchinenfilm von kühnlter Vitalität und
größter dilziplin der regie, wahrhaft gigant. w. t.

SCHRIFTLEITUNG: DR. J. GANTNER, BAHNHOFPLATZ 4, FRANKFURT AM MAIN, TEL. SENCKENBERG 30501

248
 
Annotationen