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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0020
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2. Forschungslage

19

Vorstellungen und Handlungen und die daraus ableitbaren Spezifika und
Funktionsweisen frühmittelalterliche Gesellschaft untersucht.
Als Gegenpart zu diesem Forschungsansatz ist vor allem auf die Arbeiten
von Johannes Fried24 und Jörg Busch zu verweisen25. Beide stehen der Annahme
von der Existenz abstrakter Ordnungs-Vorstellungen skeptisch gegenüber. In
der neuesten Forschung zur politischen Ordnung der Karolingerzeit wird die
Dichotomie zwischen „Staatlichkeit" und „personeller Herrschaft", zwischen
Akteuren und Institutionen jedoch mehr und mehr zu Gunsten eines Zusam-
menwirkens und einer gegenseitigen Abhängigkeit der beiden Bereiche relati-
viert26. Hier ist die Neubewertung der Bischöfe im internationalen Forschungs-
konsens eingebettet: Die Handlungsspielräume und die „Macht" der Bischöfe
ergaben sich nicht nur allein aus einer „verfassungsmäßigen" Verankerung
heraus oder aufgrund von staatlichen Strukturen, sondern auch aus dem so-
zialen Wissen um ihr Amt und die darauf beruhende gesellschaftliche Aner-
kennung ihrer Machtansprüche.
2.1.2. Deutsche und französische Forschungsperspektiven
In den 1980er und 1990er Jahren (besonders um das Jubiläum der Thronbestei-
gung Hugo Capets 987 herum) gab es einen deutlichen Höhepunkt der
deutschsprachigen Forschungen zu Westfranken-Frankreich und internationaler
Kooperationen in der französischen Forschungslandschaft. In Frankreich ist die
Beschäftigung mit den Anfängen der kapetingischen Königsherrschaft und der
Rolle der Bischöfe und des Reformmönchtums in der Übergangszeit zwischen
Karolinger- und Kapetingerherrschaft ein gewichtiges Forschungsfeld, bis in die
1990er Jahre oftmals noch geprägt von der klassischen These des Wandels um
das Jahr 1000 (mutation de l'an mil)27. Die deutschsprachige Forschung verfolgte

Neubewertung der Regierungszeit Ludwigs des Frommen vgl. ebenfalls Booker, Past Convic-

tions; Kaschke, Reichsteilungen.

24 Vgl. Fried, Gens und regnum; Ders. Reich der Franken.

25 Vgl. Busch, Amtswalten; vgl. die kritische Rezension von Mayke de Jong (Mayke B. de Jong:
Rezension von: Jörg W. Busch, Vom Amtswalten bis Königsdienst. Beobachtungen zur >Staats-
sprache< des Frühmittelalters am Beispiel des Wortes administratio, Hannover (Verlag Hahn-
sche Buchhandlung) 2007, (Monumenta Germaniae Historica. Studien und Texte, 42), In:
Francia-Recensio 2010/1 I Mittelalter — Moyen Age (500-1500) URL: http://www.perspectivia.
net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2010-l/MA/busch_de-jong. Veröffentlicht
am: 08.04.2010, Zugriff vom: 14.04.2014.

26 Vgl. dazu bes. Goetz, Erwartungen; ders., Versuch einer resümierenden Bilanz im gleichen Band
und ders., „Herrschaft", S. 168: Nicht Institutionen (Ämter) oder Personenverband, sondern in
personaler und amtrechtlichen Bindungen vergebene Ämter und Funktionen kennzeichneten
die Herrschaftsordnung.

27 Vgl. die Beiträge der Sammelbände „Le Roi de France et son royaume" sowie „Religion et
Culture autour de l'an mil". Beide Bände sind aus den großen Kolloquien anlässlich des
1000jährigen Jubiläums der Thronbesteitung Hugo Capets 1987 hervorgegangen. Zur Kape-
tingerzeit ist an Arbeiten aus diesem Zusammenhang auch auf die Forschungen Yves Sassiers
(Hugue Capet) und Laurent Theis' (L'avenement) zu verweisen. Die Beziehungen zwischen
Königtum, Bischöfen und Reformmönchtum sind in Frankreich ein traditionelles Forschungs-
 
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