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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0039
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II. Ebos Rücktritt 835 und die Diskussion der Absetzung bis 867

alsynode vom 6. Dezember 840 bestätigte Ebos Wiedereinsetzung per Syn-
odaldrekret. Beide Dokumente, den Synodalbeschluss von Reims und das —
verfälschte und nachträglich mit einer Datierung versehene Edikt Lothars I. —
inserierte Ebo in seiner vermutlich kurz nach seinem erneuten Amtsantritt in
Reims abgefassten Verteidigungsschrift (Apologeticus). Mit dieser Schrift suchte
er die Unrechtmäßigkeit seiner Absetzung und Rechtmäßigkeit seiner Wieder-
einsetzung zu beweisen113. Ebo weihte in dieser „zweiten Amtszeit" Kleriker und
sogar Bischöfe. Nach der Niederlage Kaiser Lothars I. bei Fontenoy 841 konnte er
sich in seinem Amt nicht mehr halten und floh an den kaiserlichen Hof. Nach
einem Zerwürfnis mit Lothar I. wegen einer gescheiterten Gesandtschaft nach
Byzanz wandte er sich an Ludwig den Deutschen und ließ sich das Bistum
Hildesheim übertragen. Hier übte er das Bischofsamt weiter aus und bemühte
sich bis zu seinem Tod 851 erfolglos um Restitution als Erzbischof von Reims.
Die Weihen, die Ebo 840/41 gespendet hatte, waren Thema eines Jahrzehnte
währenden Streits, der auf westfränkischen Synoden und mit päpstlicher Be-
teiligung ausgetragen wurde. Dreh- und Angelpunkt war die Frage, ob Ebo 835
rechtmäßig abgesetzt wurde und seine Wiedereinsetzung 840/41 somit un-
rechtmäßig und nicht rechtskräftig gewesen sei. Hinkmar von Reims, ab 845 zu
Ebos Nachfolger in Reims geweiht, hatte die betroffenen Kleriker verfolgt und
die Weihen für ungültig erklärt. Der Konflikt, in den auch die Päpste Sergius und
Nikolaus I. involviert waren, endete erst 867 damit, dass Nikolaus I. erklärte, im
Nachhinein sei nicht mehr zu entscheiden, ob Ebo rechtmäßig abgesetzt worden
sei.
Steffen Patzold hat die Absetzung Ebos zuletzt detailliert analysiert. Er
konnte zeigen, dass bei der Absetzung Ebos 835 das rund um die Synode von
Paris 829 entwickelte Wissen vom Bischofsamt zur Anwendung kam. Das Bi-
schofsamt war nach diesem Modell mit einer besonderen Würde und Verant-
wortung verbunden, da die Bischöfe als Mahner und Aufseher die Garanten für
das Wohl des Reiches und die Aufrechterhaltung der göttlichen Ordnung waren.
Beichte, Buße und Exkommunikation waren zentrale Instrumente zur Auf-
rechterhaltung dieser Ordnung und über diese Mittel konnten nur die Bischöfe
qua Amt verfügen. Bei Ebos Absetzung seien die herausragende Stellung, die die
Bischöfe innehatten und das Mahnrecht gegenüber dem König nicht ange-
zweifelt worden, sondern Ebo sei Amtsmissbrauch von seinen bischöflichen
Amtsbrüdern und Kaiser Ludwig dem Frommen vorgeworfen worden. Flo-

113 Der Apologeticus Ebos liegt in zwei Rezensionen vor, beide ediert von A. Werminghoff in: MGH
Cone. 11,2, S. 794-799 (A) und S. 799-806 (B). Restitutionserklärung der Reimser Bischöfe samt
Unterschriften in A, S. 798, und B, S. 805; Urkunde Lothars im Wortlaut nur in B, S. 804 f. Zum
Apologeticus vgl. Patzold, Episcopus, S. 319-321. Patzold geht davon aus, dass Ebo die frühe
Form des Apologeticus im Frühjahr 841 verfasst hat. Die jüngere Fassung datiert er mit Wer-
minghoff in das Jahr 842, kurz nach Ebos endgültiger Flucht aus Reims (S. 319). Pangerl, Me-
tropolitanverfassung, S. 197 folgt jedoch Wilfried Hartmann, der annimmt, dass der Apolo-
geticus für die Verlesung auf der Provinzialsynode in Reims am 6. Dezember 840 angefertigt
worden sei.
 
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