1. Darstellung der Ereignisse und der Forschungsperspektiven
39
doard von Reims habe dieses Wissen um das Bischofsamt in seiner Historia
Remensis durch die Inserierung der Dokumente rezipiert und zementiert114.
Hier soll nun der Akzent auf die Untersuchung der Texte, in denen das Ge-
schehen von 835 gedeutet wird, gelegt werden. Verschiedene Personen und
Personengruppen verfassten ihre Texte, um eine Interpretation dessen, was
stattgefunden hat, zu bieten. Es gibt einen Urbericht — den Synodalbericht von
835 — und verschiedene Varianten dieses Berichts von verschiedenen Seiten: 1.
von Personen, die an Ebos Absetzung beteiligt waren oder Interesse hatten, an
ihr festzuhalten (Hinkmar von Reims) und 2. von Ebo selbst und Personen, die
von seiner Wiedereinsetzung in Reims profitiert hatten (Ebo-Kleriker); 3. Die
zeitnahen historiographischen Zeugnisse und 4. Flodoard von Reims
ca. 130 Jahre nach dem Geschehen. Alle Autoren berichten so, wie es 835 ihrer
Ansicht nach gewesen sein muss und nutzen zur Erzeugung von Authentizität
und Darstellung der Wahrheit verschiedene Mittel. Die ersten beiden Text-
gruppen sind im weitesten Sinne den kirchlichen (Rechts)quellen zuzuordnen.
Hier werden in einem ersten Schritt die Berichte zu 835, 841/42, 853, 866 und 867
analysiert. In einem zweiten Schritt steht die Textgruppe der karolingischen
Historiographie im Mittelpunkt. Beide Textgruppen bieten einen Einblick in das
Bemühen der Autoren um Diskurshoheit und „Wahrheitsproduktion". Die
Texte, die die Absetzung Ebos zum Thema haben, werden als Zeugnisse für die
westfränkischen Deutungs- und Diskussionskultur gelesen und geben Einblick
in die Art und Weise, wie Autoren durch Erzählung Wahrheit herstellen.
Der Fall Ebos ist bisher in der jüngeren Forschung vor allem unter zwei Per-
spektiven betrachtet worden: einerseits wie oben bereits erwähnt von Steffen
Patzold im Hinblick auf die Anwendung des sogenannten „Pariser Modells" bei
der Absetzung und andererseits von Stuart Airlie115 und auch von Schrör116 als
Beispiel für einen Konflikt zwischen einem Herrscher und einem Bischofbzw. für
Konfliktführung im Umfeld des karolingischen Hofes.
Im Gegensatz zu Patzold sieht Stuart Airlie den Grund für die Absetzung
Ebos in dessen aktiver Teilnahme an der Rebellion gegen Kaiser Ludwig den
Frommen und in dessen Absetzung im Jahr 833. Airlie meint, dass die Absetzung
Ebos die „Rache" des wiedererstarkten Herrschers gewesen sei und in Zusam-
menhang mit den übrigen Verfolgungen von Bischöfen durch Ludwig stünde,
die an der Herrscherbuße und Absetzung beteiligt waren117. Denn nicht nur Ebo
verlor sein Amt, sondern auch Agobard von Lyon und Jesse von Amiens. Bei den
beiden letztgenannten kam es jedoch im Gegensatz zu Ebo zu keinem formalen
Verfahren.
Auch wenn Airlie die politischen Aspekte bei Ebos Absetzung betont, so
würdigt er dennoch die Diskussionen im Zusammenhang mit der Absetzung
114 Zur Absetzung Ebos vgl. Patzold, Episcopus, S. 315-359.
115 Vgl. Airlie, Not rendering.
116 Vgl. Schrör, Aufstieg und Fall.
117 Vgl. Airlie, Not rendering, S. 497.
39
doard von Reims habe dieses Wissen um das Bischofsamt in seiner Historia
Remensis durch die Inserierung der Dokumente rezipiert und zementiert114.
Hier soll nun der Akzent auf die Untersuchung der Texte, in denen das Ge-
schehen von 835 gedeutet wird, gelegt werden. Verschiedene Personen und
Personengruppen verfassten ihre Texte, um eine Interpretation dessen, was
stattgefunden hat, zu bieten. Es gibt einen Urbericht — den Synodalbericht von
835 — und verschiedene Varianten dieses Berichts von verschiedenen Seiten: 1.
von Personen, die an Ebos Absetzung beteiligt waren oder Interesse hatten, an
ihr festzuhalten (Hinkmar von Reims) und 2. von Ebo selbst und Personen, die
von seiner Wiedereinsetzung in Reims profitiert hatten (Ebo-Kleriker); 3. Die
zeitnahen historiographischen Zeugnisse und 4. Flodoard von Reims
ca. 130 Jahre nach dem Geschehen. Alle Autoren berichten so, wie es 835 ihrer
Ansicht nach gewesen sein muss und nutzen zur Erzeugung von Authentizität
und Darstellung der Wahrheit verschiedene Mittel. Die ersten beiden Text-
gruppen sind im weitesten Sinne den kirchlichen (Rechts)quellen zuzuordnen.
Hier werden in einem ersten Schritt die Berichte zu 835, 841/42, 853, 866 und 867
analysiert. In einem zweiten Schritt steht die Textgruppe der karolingischen
Historiographie im Mittelpunkt. Beide Textgruppen bieten einen Einblick in das
Bemühen der Autoren um Diskurshoheit und „Wahrheitsproduktion". Die
Texte, die die Absetzung Ebos zum Thema haben, werden als Zeugnisse für die
westfränkischen Deutungs- und Diskussionskultur gelesen und geben Einblick
in die Art und Weise, wie Autoren durch Erzählung Wahrheit herstellen.
Der Fall Ebos ist bisher in der jüngeren Forschung vor allem unter zwei Per-
spektiven betrachtet worden: einerseits wie oben bereits erwähnt von Steffen
Patzold im Hinblick auf die Anwendung des sogenannten „Pariser Modells" bei
der Absetzung und andererseits von Stuart Airlie115 und auch von Schrör116 als
Beispiel für einen Konflikt zwischen einem Herrscher und einem Bischofbzw. für
Konfliktführung im Umfeld des karolingischen Hofes.
Im Gegensatz zu Patzold sieht Stuart Airlie den Grund für die Absetzung
Ebos in dessen aktiver Teilnahme an der Rebellion gegen Kaiser Ludwig den
Frommen und in dessen Absetzung im Jahr 833. Airlie meint, dass die Absetzung
Ebos die „Rache" des wiedererstarkten Herrschers gewesen sei und in Zusam-
menhang mit den übrigen Verfolgungen von Bischöfen durch Ludwig stünde,
die an der Herrscherbuße und Absetzung beteiligt waren117. Denn nicht nur Ebo
verlor sein Amt, sondern auch Agobard von Lyon und Jesse von Amiens. Bei den
beiden letztgenannten kam es jedoch im Gegensatz zu Ebo zu keinem formalen
Verfahren.
Auch wenn Airlie die politischen Aspekte bei Ebos Absetzung betont, so
würdigt er dennoch die Diskussionen im Zusammenhang mit der Absetzung
114 Zur Absetzung Ebos vgl. Patzold, Episcopus, S. 315-359.
115 Vgl. Airlie, Not rendering.
116 Vgl. Schrör, Aufstieg und Fall.
117 Vgl. Airlie, Not rendering, S. 497.