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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0199
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VII. Bischofsabsetzungen bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts

„Wir exkommunizieren Hugo als Invasor und Räuber der Reimser Kirche,
der das bischöfliche Amt unerlaubt usurpiert hat, durch Richtspruch des Heili-
gen Geistes und schließen ihn aus der Gemeinschaft der heiligen Mutter Kirche
aus, bis er Buße und Wiedergutmachung geleistet hat. Sollte er dies nicht tun, so
soll sein Licht unter der Verdammung des Anathems zertreten werden"819.
Die Schlüsselbegriffe des karolingischen Konzeptes für die Pervertierung des
bischöflichen Amtes finden sich hier wieder: pervasor, invasor, raptor, usurpare
ministerium episcopale. Als Mittel, um die Ordnung wieder herzustellen werden
vor allem die Buße und die Genugtuung satisfactio angesehen. Die Begriffe (jn-
vadere, usurpare), mit denen die Handlungen Bischof Hugos beschrieben werden
(und verdammt werden), ähneln denjenigen, die bei der Exkommunikation des
Herzogs Hugo Magnus zum Einsatz kommen820 und stammen aus dem bi-
schöflich geprägten Kirchengutsdiskurs des 9. Jahrhunderts821.
In ihrer Autoritätenfolge spiegelt das Exkommunikationskapitel der Syn-
odalakten pseudo-isidorischen Einfluss wider. Die hier in c. 1 der Gesta Syn-
odalia erwähnten Kapitel aus Toledo IV. zum Schutz des Königtums könnten
aber auch über die Benutzung einer Hispana oder durch den direkten Rückgriff
auf die Synode von Hohenaltheim im ostfränkischen Reich 916 und die dort
erlassenen Bestimmungen zum Königsschutz übermittelt worden sein822.
Die Exkommunikationen Bischof Hugos und des Grafen Hugo Magnus
wurden also auf der Synode von Ingelheim höchstwahrscheinlich in Zusam-
menhang mit Schutz und Stärkung des Königtums in unruhigen Zeiten gesehen.
Denn die Toletaner Konzilien betonen vor allem den Schutz des gesalbten Königs
durch Gott. Aufgabe von Synoden ist es, diesen Schutz durch die Androhung
von geistlichen Strafen zu gewährleisten. Flodoard inseriert in seiner Kirchen-
geschichte bei der Schilderung dieser Ereignisse nur seine Annalentexte823 und
bietet keinerlei Referenz auf die Konzilsbemühungen zum Schutz des Reiches
und des Königtums. Ihn interessiert vor allem die Reimser Perspektive.
In Ingelheim trat jedoch nicht nur Erzbischof Artold als Kläger auf, sondern
auch König Ludwig IV. von Westfranken. Die versammelten Bischöfe behan-
delten folglich nicht nur die Usurpation des Reimser Bischofsamtes, sondern
auch die von Ludwig IV. angezeigte unrechtmäßige Entfremdung des Reiches
durch Hugo Magnus824. Zusammen mit dem Schutz des Bischofsamtes vor
Usurpation wird auch über den Schutz des Königtums beraten. Die Zustän-

819 quendam Hugonem Remensis ecclesie invasorem et raptorem et episcopale ministerium inlicite usur-
pantem iuditio sancti spiritus excommunicamus et a gremio sancte matris ecclesie excludimus, quoa-
dusque penitendo resipiscat et ecclesie dei satisfaciat. Quod si non fecerit, sub anathematis dampnatione
lucerna eius extinguatur. Gesta synodalia von Ingelheim c. 13 MGH Cone. VI,1 S. 162 f., Vorlage
der Dekretalenabfolge war Pseudo-Isidor. Flodoard übernimmt den Teil über die Exkommu-
nikation Hugos: Flodoard, Historia Remensis Ecclesiae IV, c. 35, S. 435. ,19-23.

820 S. unten.

821 S. Kapitel „Monastische Konstruktion bischöflichen Fehlverhaltens".

822 Hehl, Cone. VI, 1, S. 137 und S. 159.

823 Flodoard, Historia Remensis Ecclesiae, IV, c. 36 und 37, vgl. Flodoard, Annales ad. a. 948, ed.
Lauer, S 117-119 und 119-121.

824 In c. 1 der Synodalalten beklagt (ebenfalls mit dem Begriff privari beschrieben).
 
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