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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Mitarb.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0214
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2. Die Synode von St. Basie und die Dokumentation des Falls

213

Arnulfs. Seine „Acta" haben zwar apologetischen Charakter, sind stark bear-
beitet und bieten eine Darstellung der Ereignisse in seiner Perspektive. Doch da
viele der in St. Basie anwesenden Teilnehmer noch 993 und 995 im Amt waren
und Gerberts Aussagen überprüfen konnten, kann die Schilderung des Ablaufs
als glaubwürdig gelten.
Zudem hat Gerbert einen ausführlichen Brief über die Absetzung Arnulfs
von Reims mit reichem kanonistischem Material verfasst867. Es ist daher sehr
wahrscheinlich, dass Gerbert auch an dem Ablauf des Verfahrens maßgeblich
beteiligt war und Rituale und Inszenierungen in Absprache mit König Hugo
Capet im Voraus geplant hatte.
Über den Ablauf erfahren wir Folgendes aus Gerberts Akten: Erzbischof Seguin
von Sens war für die formale Einhaltung des Verfahrens zuständig. Arnulf von
Orleans organisierte den Ablauf und fasste die Aussagen der auftretenden Per-
sonen zusammen.
Arnulf von Reims wurde ein Bündel an Vorwürfen gemacht, auf die noch
ausführlicher eingegangen wird. Diese kulminierten zwar in dem Vorwurf des
Eidbruchs gegenüber Hugo Capet, beinhalten aber auch den Missbrauch des
bischöflichen Amtes868. Die Synodalen berieten darüber, ob Anklage erhoben
werden soll und bejahten dies. Belegt wird Arnulfs Verrat durch die Vorlage und
Verlesung des Chirographen. Ein Priester Adalger sagte vor dem Konzil über die
Einnahme von Reims durch Karl von Niederlothringen aus869. Zudem lag der
Versammlung eine Fassung des Anathems vor, das Arnulf von Reims über die
Plünderer von Reims aussprach870. Zitiert werden auch die Briefe Hugo Capets
und der Bischöfe der Reimser Provinz, die Arnulf von Reims eine Beteiligung an
der Eroberung seiner eigenen Stadt vorwerfen871. Nach Beratung kamen die
Bischöfe zu dem Schluss, dass die Verteidigung gehört und über Arnulf gerichtet
werden solle. Seguins von Sens forderte die Verteidiger auf, frei zu sprechen und
nichts zu verschweigen, das Arnulf entlasten könne 872. Als Verteidiger traten
Abbo von Fleury, Johannes, Scholastikus von Auxerre, und Ramnulf, ein Abt aus
Sens, auf873. Die Verteidiger brachten vier Argumente vor, die dem pseudo-is-
idorischen Prozessrecht entlehnt sind: 1. Arnulf muss wieder in seine Position
eingesetzt werden, erst dann kann ihm der Prozess gemacht werden. 2. Er muss
Vorladungen (legitimas vocationes) erhalten 3. Die Angelegenheit muss dem Papst
berichtet werden, 4. Angeklagter, Ankläger, Zeugen und Verteidiger müssen auf

867 Akten von St. Basle, MGH Cone. VI,2, ed. Hehl, S. 380-451, Edition des Briefes (ep. 217) ebd.
S. 451-469.

868 S. ausführlicher unten.

869 MGH Cone. VI,2, c. 11. Adalger war von der Synode von Senlis wegen seines Mitwirkens
exkommunziert worden. Ebd. c. 14.

870 Ebd. c. 12.

871 S. unten.

872 MGH Cone. VI,2, c. 18.

873 Ebd. c. 19.
 
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