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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 10.1905

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Kisa, Anton Carel: Peter Flötner
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https://doi.org/10.11588/diglit.26235#0041

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PETER FLÖTNER.

Kleinmeister zu selbständiger Rolle heraus. Die
begeisterte Verehrung, welche er an K. von
Klucaric fand, der des Künstlers Plaketten über-
all nachforschte, um sie galvanoplastisch zu
vervielfältigen, trug namentlich dazu bei, die
Aufmerksamkeit der Museumsvorstände und
Sammler auf ihn zu lenken. In neuerer Zeit
hat die Flötnerforschung von berufener Seite
einen kräftigen Ruck nach vorwärts bekommen,
indem Franz Friedrich Leitschuh als erste
einer Reihe von Studien über den Meister das Ver-
zeichnis seiner Plaketten und Medaillen ver-
öffentlicht, die sich im 16. Jahrhundert in der
Sammlung des bekannten Nürnberger Patriziers
Paul Behaim (1557 —1621) befanden und von
seinem gleichnamigen Sohne kurz beschrieben
wurden. Für Leitschuhs schon vor Jahren voll-
endete Arbeit, welche außer einem kritischen
Kataloge eine musterhafte Analyse von Flötners
Stil enthält und seine Stellung in der kunst-
geschichtlichen Entwicklung genau umschreibt,
fand sich bezeichnenderweise erst im vorigen
Jahre ein Verleger in der Person von Ludolf
Beust in Straßburg, welcher aber Autor und
Leser für die lange Zeit des Wartens durch
vornehme Ausstattung, reicben Bilderschmuck
in beigefügten Tafeln und praktische Anordnung
entschädigte.

Flötner erscheint im Lichte der Forsc’nung jetzt
nicht mehr bloß als einer der Vielen, welche die
neue aus Italien gekommene Weise dem Kunst-
gewerbe übermittelten, sondern als einer der
ersten Bahnbrecher, wenn nicht als der eigent-
liche Begründer der Renaissance in Deutschland,
hochbedeutend als Architekt, Plastiker, Zeichner
für den Holzschnitt und die in Metall arbeitenden
Künste, als Modelleur für Goldschmiede, Elfen-
bein- und Buchsbaumschnitzer, Erzgießer, Töpfer
usw. Sein Geburtsort ist noch unbekannt, man

Orig., Histor. Museum Basel. Justitia.

vermutet Rothenburg oder Ansbach, woher er
1522 nach Nürnberg wanderte. Hier schui er zwei
ebenso eigenartige wie zierliche Bauwerke, das
zweistöckige Hirschvogelhaus mit seinen schönen
Portal- und Friesverzierungen, sowie das Schlöß-
chen der Tucher. Vorher hatte schon der für
originelle Talente mit scharfem Späherauge be-
gabte Kardinal Albrecht von Brandenburg in
Mainz seine Begabung entdeckt und ihm die
Ausführung des dortigen Marktbrunnens, eines
Wahrzeichens deutscher Frührenaissance, über-
tragen. Ja es ist nicht unwahrscheinlich, daß
Flötner auch an der Perle deutscher Renaissance-
Baukunst, dem Heidelberger Schloß, seinen An-
teil hat; der berühmte Kamin im Ruprechtsbau
und Teile des gläsernen Saalbaues werden ihm
zugeschrieben. Leitschuh verspricht uns dar-
über für den dritten Band seiner Flötner-Studien
nähere Untersuchungen und Mitteilungen. Der
vorliegende schildert ihn besonders als Plastiker.
Es war ihm nicht vergönnt, gleich seinem ruhm-
rednerischen italienischen Genossen, den er an
Talent und künstlerischer Bedeutung weit über-
trifft, seine Ideen in großen Formen, in Erzguß
und Marmor zu verkörpern. Er mußte sich
damit begnügen, bescheiden in Kelheimer Stein
und Buchsholz in kleinem Maßstabe Reliefs zu
schnitzen oder Formen zum Gusse und zur
Prägung herzustellen. Viel gerühmt sind seine
Plaketten in Blei, in alten Inventaren „Blei-
kunst“ oder „Bleistücke“ genannt, welchen die
deutsche Kunst nichts Ebenbürtiges an die Seite
zu setzen hat. Es sind zumeist rechteckige,
manchmal runde Flachreliefs, die selten durch
Guß, in den meisten Fällen durch Prägung und
Pressung hergestellt sind. Bei den Flötner-
schen Arbeiten spricht schon die Dünnwandig-
keit gegen eine Herstellung durch Guß nach
dem Muster der italienischen Bronzeplaketten.

Orig., Histor. £)ie Gefrässigkeit.

Museum Basel.
 
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