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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 10.1905

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Kisa, Anton Carel: Peter Flötner
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https://doi.org/10.11588/diglit.26235#0042

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Orig., Histor. Museum Basel.

Temperantia.

Orig., Histor. Museum Basel.

Fortitudo.

Leitschuh macht es vielmehr sehr wahrschein-
lich, daß Flötner sich des sehr weichen und
leicht schmelzbaren Materials bedient habe, weil
es bei geschickter Ausnutzung des Erstarrungs-
momentes schon mit geringen Vorbereitungen
scharfe Pressungen ermögliche, ebenso eine
nachträgliche Überarbeitung mit Punzen und
Grabstichel. Die Verwendung dieser kleinen
Reliefs war eine sehr mannigfaltige; vergoldet
oder versilbert wurden sie auf Kästchen von
Holz und Metall oder andere Möbelstücke auf-
gelegt, häufig auch von Sammlern gerahmt und
als Schmuck, gleich Bildern, an die Wand
gehängt, die übrigen dienten als Modelle für
Kunsthandwerker. Gerade darin ist ihr Nutzen
geradezu unabsehbar. In zahllosen Pokalen,
Bechern, Kassetten, Dolch- und Messergriffen,
in Goldschmiedearbeiten aller Arten des 16. und
des beginnenden 17. Jahrhunderts begegnen uns
Flötnersche Gestalten und Ornamente, so daß
das ganze Gebiet von seiner Phantasie be-
fruchtet und beherrscht erscheint. Aber auch
für die große Plastik bildete sein festentwickelter
Stil eine kräftige Stütze; Veit Stoß, Peter Vischer
und Lojen Hering verdanken ihm mehr, als man
glaubt. Besonders nutzt der Letztgenannte und
mit ihm die ganze Eichstädter Schule seine
Art der Flachreliefs in Figuren, Landschaften
und Ornamentmustern für Hintergründe aus, auf
Grabplatten in Franken und am Mittelrhein finden
wir mit Vorliebe Flötnersche Motive verwendet.

Die Behaimsche Sammlung enthielt etwa
130 Plaketten, die sich in verschiedenen Museen
und in Privatbesitz wiederfinden. Es ist auf-
fallend, wie wenig biblische und religiöse Stoffe
darin behandelt sind und wie sehr die Allegorie

überwiegt und zwar gewöhnlich in Serien, wie
die Tugenden, Laster, Planeten. Dann kommen
berühmte Könige, die Musen, mythologische
Szenen, Triumphzüge, Jagden u. a. Die bibli-
schen Motive sind offenbar nicht wegen des
Inhalts gewählt, sondern weil sie, wie z. B.
Loth und Noah, Gelegenheit zu interessanten
Gruppierungen undFormen bieten, denn Flötners
Kunst ist in erster Linie eine Kunst der schönen
Form. Dazu kommt noch eine Reihe von Me-
daillen und Zierstücken für Goldschmiede. Von
einem solchen scheint ursprünglich die Samm-
lung angelegt worden zu sein; nach Leitschuhs
Vermutung war es der Nürnberger Goldschmied
Geuder, der zumeist nach Flötnerschen Modellen
arbeitete und seine aus praktischen Bedürfnissen
hervorgegangene Sammlung an Paul Behaim
verkaufte. Vor allen anderen machte sich aber
der Goldschmied Jakob Hoffmann Flötners Kunst
dienstbar, indem er den wenig geschäftsklugen
Meister materiell vollständig in seine Gewalt zu
bringen verstand. Und noch ein anderer Vampir
sog an ihm, der Nürnberger Verleger und Buch-
drucker Guldenmundt, für welchen er Jllustra-
tionen undandereHolzschnittzeichnungen lieferte.
Trotz seiner Begabung und seines Fleißes kam
Flötner auf keinen grünen Zweig. Er rieb sich
im Sklavendienste skrupelloser Unternehmer auf
und starb zu Nürnberg am 23. Okt. 1546 in dürf-
tigen Verhältnissen. Auf dem Johannis-Kirchhof
ist der mit einem schönen Bronze - Epitaph
versehene Grabstein des Meisters zu sehen.

Ein Zierkästchen im Altertümer-Museum zu
Straßburg zeigt als Schmuck neben Plaketten
von Flötner auch eine solche, die inschriftlich
als ein Werk des Moderno bezeichnet ist. Auch
 
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