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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 10.1905

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Nr. 8
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Fries, Friedrich: Bemerkungen zu der Ausstellung von Werken deutscher Landschafter des XIX. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.26235#0086

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Carl Friedrich Lessing. Schlossverteidigung.

seiner selbst bedeutet, mag sie ihm in wildem
Zorne mit Vernichtung drohen, oder ihm milde
lächelnd ein stilles Glück verheißen.

Aber die auf das Monumentale gerichtete
Phantasie des Deutschen begnügt sich nicht mit
der Wiedergabe des schlicht Geschauten und
Empfundenen, sie wollte vielfach hinausgehen
über den empfangenen Eindruck, ihn vertiefen
und steigern, wollte in der Landschaft einen
Ausdruck finden für all die wildenSchwankungen,
denen die menschliche Seele unterworfen ist
von dem ,,Himmelhochjauchzen“ bis „zu dem
Tode betrübt“. Zu einem Spiegel der mensch-
lichen Seele sollte die große Natur werden, die,
in das Grandiose gesteigert, all die Gefühle
wiedergeben sollte, deren die menschliche Seele
fähig war. So wuchsen Mensch und Natur
zusammen, und in einem großen Klang ertönte
in der deutschen Landschaftsmalerei das ewige
geheimnisvolle Lied von dem tiefen inneren
Zusammenhang aller Wesen und Dinge in dieser
Welt.

Mit Lessing beginnt diese Saite des Deutschen
zu erklingen. In den wilden Schluchten und
zwischen den mächtig sich türmenden Felsen
der Eifel sind rauhe Landsknechte an der blutigen
Arbeit. Um das Unheimliche zu steigern, ziehen
düstere Gewitterwolken auf. Aber Lessing ver-
liert sich leicht im Vielen, und die Kompositionen

sehen hie und da verzettelt aus. Das wird mit
Schirmer besser. Der große Zug der Linie ver-
eint sich mit der großen Stimmung. Etwas
theatermäßig dagegen zeigt sich bei Preller die
Romantik; es ist auch etwas Rezept dabei, aber
doch immerhin ist ein ernster Sinn vorhanden.
Der deutsche Wald erscheint vor uns. Da
müssen dann Ritter hinein, Eichen werden im
Sturm gerüttelt. Das ist der deutsche Preller.
Dann geht er unter die klassischen Philologen
und malt die homerischen Landschaften, die so
charakterlos und langweilig werden, wie eine
lateinische Ode, die ein deutscher Professor ge-
dichtet hat. Auch Böcklin ist klassisch. aber
er hat es vermocht, einen so unglaublich starken
Wirklichkeitssinn mit so viel Reichtum der Er-
findung zu verbinden, daß er niemals öde Kom-
positionen erquälte, sondern das frisch sprudelnde
rauschende Leben vor uns hinzauberte; er hat
eben keine Jllustrationen nach dem Griechen
Homer, sondern nur solche zu seinen eigenen
tiefen und stürmischen Empfindungen gemalt.
In Thoma lebt das alles auch, nur bürgerlicher,
weniger leidenschaftlich und rein bildnerisch
vereinfacht. Böcklin fehlte das Innige, das
Thomas Landschaftskunst haben kann und durch
das sie sich dem nähert, was man als paysage
intime bezeichnet.

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