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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 13.1922

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Viertes Heft
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Marinetti, Filippo Tommaso: Jetzt kommen sie: Drama der Gegenstände
DOI Artikel:
Droste, Sebastian: Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.47210#0072

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eckiger Tisch mit bunter Decke. An der
rechten Seitenwand, in der sich eine Tür
befindet, ein Fauteuil mit hoher Lehne.
Rechts vom Fauteuil vier verschiedenartige
Stühle. Links vom Fauteuil vier weitere
Stühle von verschiedenen Formen. Fauteuil
und Stühle stehen dicht an der Wand.
Sowie sich der Vorhang gehoben hat, treten
durch die Gartentür der Haushofmeister
und zwei Bediente.
Der Haushofmeister: Jetzt kommen
sie. Dass alles bereit ist! (Er geht hinaus).
Die Bedienten stellen die acht Stühle in einen
Halbkreis rechts und links vom Fauteuil.
Dann gehen sie zur Gartentür und bleiben
auf der Schwelle stehen. Indem sie dem
Publikum den Rücken wenden, beugen sie
sich mit dem Oberkörper hinaus, als ob sie
nach den Gästen ausschauen. Eine Minute
verharren sie regungslos. Dann stürzt der
Haushofmeister atemlos herein.
Der Haushofmeister: Neuer Befehl.
Sie sind entsetzlich müde. Kissen! Viele
Kissen! (Er eilt hinaus).
Die Bedienten gehen durch die rechte Tür
hinaus. Nach einer Weile kommen sie
zurück, mit Kissen schwer beladen. Sie
rücken den Fauteuil in die Mitte des
Zimmers und stellen die acht Stühle um
ihn herum, sodass die Stuhllehnen dem
Fauteuil zugekehrt sind. Sie legen die Kissen
auf Fauteuil und Stühle und in grossen
Haufen auf den Fussboden. Dann gehen
sie zur Gartentür und schauen nach den
Gästen aus, indem sie wieder dem Publi-
kum den Rücken zukehren. Eine Minute
bleiben sie unbeweglich stehen.
Der Haushofmeister stürzt atemlos
herein: Neuer Befehl. Sie haben Hunger.
Den Tisch decken!
Die Bedienten rücken den Tisch in die Mitte
des Zimmers und stellen den Fauteuil und
die Stühle rings um ihn herum. Dann
fangen sie an den Tisch zu decken. Zuerst
stellen sie eine grosse Vase in eine Ecke
des Tisches. An eine andere Stelle des
Tisches legen sie nichts als grosse Mengen
von Brot. Dann stellen sie acht Weinflaschen
dicht nebeneinander. Sämtliche Gedecke
legen sie auf einen Haufen. Einen Stuhl
lehnen sie dicht an den Tisch, sodass die
hinteren Stuhlbeine in der Luft sind: Der
Platz ist belegt! Dann gehen sie wieder
zur Gartentür, wo sie zwei Minuten regungs-

los stehen bleiben und mit vorgebeugtem
Oberkörper nach den Gästen ausschauen.
Der Haushofmeister (stürzt herein):
Briccatirakamö-kamd! (Er eilt hinaus).
Die Bedienten rücken den gedeckten Tisch,
ohne an ihm etwas zu verändern, an seinen
früheren Platz. Den Fauteuil stellen sie in
schrägem Winkel vor die Gartentür und
die acht Stühle in einer Reihe ninter ihn,
sodass sie eine Diagonale über die ganze
Bühne bilden. Sie löschen das Licht aus.
Die Scene ist vom Mond, der durch die
Gartentür scheint, schwach beleuchtet. Ein
Reflektor, der im linken Hintergrund des
Gartens versteckt ist, wirft einen Lichtstrahl
auf die Scene und zeichnet auf dem Fuss-
boden die dunklen, scharfen Schatten der
Stühle. Indem der Reflektor langsam ge-
dreht wird, bewegen sich die Schatten lang-
sam von Stuhl zu Stuhl bis zum Fauteuil.
Die Bedienten kauern in einer Ecke des
Salons. Mit geängstigten Gesichtern und
am ganzen Leibe schlotternd, warten sie
darauf, dass die Stühle auf Befehl des
Fauteuils sich aus dem Zimmer begeben.
Vorhang

Gedichte
Willi Knobloch
Geben
Belachendes Glockenklingen
verringt wildweisses Zittern
Die Augen meiner Mutter
wunden
schmerzen
Hier
Nimm es hin
Zusammen
Wir durchrasen verwehen Bäumen
wildbersten gelle Pfeiler
Wir sind im See des Nachbarn
Hieroy
Komm öffne deine weissen Nägel
Und reisse
zerre
schreie
heule
Doch lass die Wände stehen

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