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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 13.1922

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Zwölftes Heft
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Blümner, Rudolf: Kubismus
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Schwitters, Kurt: Die Blume Anna
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Friedlaender, Salomo: Jour bei Settegals
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https://doi.org/10.11588/diglit.47210#0222

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fargot: (schreit) Ich kriege kein Kind,
lerr Türk: Warum willst Du denn heiraten?
Margot: Ich will ihn nicht heiraten,
lerr Türk: Du willst nichts? Ich befehle es!
Margot: Nein.
Herr Türk: Nein?
Margot: Nie!
Herr Türk: Und das ist Dein letztes Wort?
(zum Maler) Wollen Sie mir,
als Ehrenmann zum Ehren-
mann, Ihr feierliches Wort
geben, dass Sie meiner Tochter
nie zunahe getreten sind?
Der Maler: Ich habe nie behauptet —
lerr Türk: Aber gemalt.
'rau Türk: Das ist doch Kubismus,
□er Maler: Mein Wort —
Iargot: Ich will gleich tot sein.
lerr Türk: Umso besser. Amalie, sie kriegt
gar kein Kind. Verlassen Sie
sofort mein Haus, Sie Hoch-
stapler.
Die Blume Anna
Urtext des Gedichtes „An Anna Blume“
) du Geliebte meiner 27 Sinne, ich liebe
ir — du deiner dich dir, ich dir, du mir,
- Wir?
Das gehört (beiläufig) nicht hierher.
Wer bist du, umgewühltes Frauenzimmer?
Du bist-bist du? Die Leute sagen,
u wärest. — Lass sie sagen, sie wissen
nicht, wie der Kirchturm steht. Du trägst
den Hut auf deinen Füssen und wanderst
auf die Hände, auf den Händen wanderst du.
Halloh deine roten Kleider in weisse Falten
zersägt, rot liebe ich Anna Blume, rot liebe
ch dir. — Du deiner dich dir, ich dir, du
mir — wir?
Das gehört (beiläufig) wohl hierher.
Kote Blume, rote Anna, wie sagen die Leute?
,Du wärest?“ — Preisfrage:
- Anna Blume hat ein Vogel.
2. Anna Blume ist rot.
1 Welche Farbe hat der Vogel?
Blau ist die Farbe deines gelben Haares.
Bot ist das Girren deines grünen Vogels,
u schlichtes Mädchen im Alltagskleid, du
liebes grünes Tier, ich liebe dir. — Du
einer dich dir, ich dir, du mir — wir?
as gehört (beiläufig) in die kalte Glut.
76

Anna Blume, Anna, A-N-N-A, ich kaue
deinen Namen. Wenn ich dich kaue über'
quellen meine 27 Sinne. Dein Name tropft
wie weiches Rindertalg. Weisst du es
Anna, weisst du es?
So wisse: Man kann dich auch von hinten
lesen, und Du, du herrlichste von allen,
du bist von hinten wie von vorne: A-N-N-A.
Du deiner dich dir, ich dir du mir — wir?
Das gehört (beiläufig) in die Glutenkiste.
Rindertalg träufelt streicheln über meinen
Rücken. Anna Blume, du tropfes Tier, ich
liebe deine Einfalt, ich liebe dir!
Kurt Schwitters

Jour bei Settegals
Mynona
Gegen neun Uhr liess Bosemann sich von
Franz umziehen und fuhr zu Settegals, die
am Bahnhof Hohenzollerndamm eine
saubere, über und über mit Settegals Bildern
tapezierte, sonst geschmackvoll einfache
Parterrewohnung innehatten.
Settegal pflegte, wie jeder Moderne, der au
niveau sein wollte, sein Programm, seine
eigene Richtung und philosophierte nicht
nur mit dem Pinsel, sondern auch mit
herrlichen Füllfedern, die er in zahllosen
Exemplaren gesammelt hatte. Settegal be-
hauptete, man habe bis auf ihn die Rang-
ordnung der Dinge verletzt, indem man
allzu ähnlich und gleichwertig dargestellt
habe. Sein Prinzip war das der Ungleich-
wertigkeit der Dinge. Der furchtbare
Differenzcharakter der Natur sei noch gar-
nicht herausgebracht worden, zumal in der
Malerei nicht, weil die gesamte alte Kultur
nachgerade immer monotheistischer, mo-
nistischer geworden sei. Dabei hatte Sette-
gal gegen eine identitäts-philosophische
Initiative garnichts einzuwenden; sie war
ihm sogar von Herzen sympathisch. Allein
in der objektiven Ausgestaltung solle man
die Kontraste der Natur in jeder Hinsicht
noch unterstreichen und übertreffen. Der
egale Wert, den die Wesen im Ursprünge
hätten, entzweite sich sofort wie sie er-
schienen, und die Wiedervereinigung sei
ein Ideal, das man nur erreichen werde,
wenn man diesen Wert-Unterschied mit
voller Kraft zur Spannung brächte: — dann
 
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