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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 20.1929-1930

DOI Heft:
Heft 2/3
DOI Artikel:
Tuteff, Iwan: Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.47222#0046

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Iwan Tuteff \ Gedichte

Drama
Oh, ich sehe heute
mein Herz
herbarisiert
in dem Museum der Abendblätter.
In meinen Augen
— Binokular —
zittert
die kleine Träne,
die Mariann
nach mir einmal verlor.
Jetzt ist es schon zu spät.
Die gelben Augen der Nachtgebäude
werfen über mich grelle Speere.
In agonischer Angst
renne ich fort
— allein,
verlassen —
Und.
O, das Saxophon des Windes,
der über den kotigen Straßen
Charleston tanzt!
Aber,
doch —
erhebt
DIE SONNE
ihr kolossales blutbeflecktes Plakat!
Ich halte ein.
In meinen Katzenaugen
vertrocknet
deine letzte Träne, Mariann.
Und mutig
zertrete ich meine eigene Angst

Hier ernüchtert meine Seele —
irrationelle Einheit.
Ich werde ganz.
Aber irgendwo fern
schlägt immer noch Alarm.
Die rostige Uhr
eines epileptischen
bösen Herzens.
Ernte
Die reifen Aehren breiten
über die Felder gelben Teppich aus.
Unter der glutgoldenen Pfanne der Sonne
siedet
die verdammte Tüchtigkeit
des Bauern.
Schimmernd fallen
die Brotritter
unter den Spießen der schwingenden Hände.
Ist das nicht der Hunger,
den die Schnitter
mit Roggenbrot und Knoblauch besiegen?
Ein kühner Traktor
schlägt
a — ta — ka — ka — ka.
Reihe nach Reihe.
Und die Sonne
— hinkender Veteran —
in Hysterie
wirft hinunter
mit vollen Händen
40 Grad wärme.

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