bespricht und verhandelt mit ihr. Fragen des
Schulwesens werden beraten, Beschwerden und
Wünsche vorgebracht. Die Schüler veranstalten
dramatische Aufführungen und Ausstellungen
ihrer Arbeiten. Meist Handarbeiten und Schrift-
arbeiten. Der Kampf gegen die Religion wird
in allen Fächern bei jeder passenden Gelegen-
heit geführt. Aus diesem Grunde wird auch
an den ehemaligen kirchlichen Feiertagen
grundsätzlich Unterricht erteilt. Der Ruhetag
ist auf einen Wochentag verlegt. Die Eltern
der Schüler vereinigen sich zu einem Eltern-
komitee, in dem der Leiter der Schule Mitglied
ist. Der Besuch des Unterrichts ist den Eltern
jederzeit gestattet. Das Elternkomitee gewährt
der Schule auch je nach seiner Leistungsfähig-
keit finanzielle Hilfe für besondere Aufwendun-
gen und Ausgaben der Schule. Die Lehrerschaft
ist zur Fortbildung ihres eigenen Wissens ver-
pflichtet. Sie erfolgt durch Ferienkurse während
der Urlaubszeit. Durch schriftlichen Fernunter-
richt. Durch Besprechungen und methodische
Vorträge im Lehrerklub und durch halbjährliche
Konferenzen der Lehrerschaft. Prüfungen der
Schüler finden nicht statt. Hingegen wird ein
Abgangszeugnis erteilt, in dem nur bestätigt
wird, in welchen Fächern sich der Schüler
ausgebildet hat. Der gesamte Unterricht und
alle Lehrmittel sind unentgeltlich.
Kisslowodsk
Herwarth Walden
Drei menschliche Einrichtungen haben dem
zaristischen Rußland in Deutschland besonders
imponiert. So imponiert, daß die Wörter hier-
für buchstäblich in die russische Sprache über-
nommen sind: Butterbrot, Kurort und Strafe.
Diese Einrichtungen sind auch in der Sowjet-
Union geblieben. Die Strafen sind vermindert,
die Butterbrote gleichgeblieben, die Kurorte
verbessert. Die menschenfresserischen Bolsche-
wiki haben die Kurorte tatsächlich erhalten.
Nicht nur als Museen bourgeoiser Ausschwei-
fungen. Die Kurorte sind in vollem Betrieb.
Mit Quellen, Sanatorien, Oper, Kurmusik,
Ansichtskarten, Reiseandenken, Lesesaal und
italienischen Nächten. Das ehemalige Publikum
dieser Kurorte lebt jetzt meistens in Paris,
Berlin und Nizza. Man darf aber nicht ver-
gessen, daß immerhin noch 160 Millionen
Menschen in der Sowjet-Union leben, die sich
ebenso gern erholen und kurieren, wie die
eine Million, die sich ausschließlich dieser
Tätigkeit hingab. Gerade Kisslowodsk ist
stets beliebt gewesen. Man kommt heute be-
deutend schneller in diesen Kurort des Nord-
kaukasus. Nämlich mit dem Luftschiff, das
anderthalb Bahnstunden von diesem Kurort
entfernt in Mineralny Wody hält. Hier ist die
Quelle, deren Wasser in der gesamten Sowjet-
Union und auch im Auslande viel getrunken
wird, Narsan. Es ist Heilmittel für Herz,
Nieren, Magen und Stoffwechsel. Die Quelle
wurde gebührend und üblich geehrt, indem man
sie bereits 1824 mit kaiserlichem Kitsch aus
Marmor, Bronze und Glas umgab und den
Weg zu ihr mit Säulenwandelhallen markierte.
Trotzdem gibt die Quelle 1 113 000 Eimer
Wasser. Während der dreimonatlichen Kurzeit
halten sich hier 60000 Kurgäste auf. Im ganzen
Gebiet von Mineralny Wody, das an ver-
schiedenen Orten zahlreiche Quellen enthält,
150 000 Kurgäste. Für die Badekuren mit
Narsan hat die Verwaltung 1923 das Oktober-
wannenbad mit 60 Wannen erbauen lassen.
Diesmal ohne Kitsch. Im modernsten Ingenieur-
stil, aus edelstem Material mit den neuesten
hygienischen Einrichtungen. So hat der Kranke
sogar eine Uhr für die verordnete Zeitdauer
seines Bades an der Wanne. Ein kurortmäßig
gekleidetes Publikum wandelt in den Parks,
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Schulwesens werden beraten, Beschwerden und
Wünsche vorgebracht. Die Schüler veranstalten
dramatische Aufführungen und Ausstellungen
ihrer Arbeiten. Meist Handarbeiten und Schrift-
arbeiten. Der Kampf gegen die Religion wird
in allen Fächern bei jeder passenden Gelegen-
heit geführt. Aus diesem Grunde wird auch
an den ehemaligen kirchlichen Feiertagen
grundsätzlich Unterricht erteilt. Der Ruhetag
ist auf einen Wochentag verlegt. Die Eltern
der Schüler vereinigen sich zu einem Eltern-
komitee, in dem der Leiter der Schule Mitglied
ist. Der Besuch des Unterrichts ist den Eltern
jederzeit gestattet. Das Elternkomitee gewährt
der Schule auch je nach seiner Leistungsfähig-
keit finanzielle Hilfe für besondere Aufwendun-
gen und Ausgaben der Schule. Die Lehrerschaft
ist zur Fortbildung ihres eigenen Wissens ver-
pflichtet. Sie erfolgt durch Ferienkurse während
der Urlaubszeit. Durch schriftlichen Fernunter-
richt. Durch Besprechungen und methodische
Vorträge im Lehrerklub und durch halbjährliche
Konferenzen der Lehrerschaft. Prüfungen der
Schüler finden nicht statt. Hingegen wird ein
Abgangszeugnis erteilt, in dem nur bestätigt
wird, in welchen Fächern sich der Schüler
ausgebildet hat. Der gesamte Unterricht und
alle Lehrmittel sind unentgeltlich.
Kisslowodsk
Herwarth Walden
Drei menschliche Einrichtungen haben dem
zaristischen Rußland in Deutschland besonders
imponiert. So imponiert, daß die Wörter hier-
für buchstäblich in die russische Sprache über-
nommen sind: Butterbrot, Kurort und Strafe.
Diese Einrichtungen sind auch in der Sowjet-
Union geblieben. Die Strafen sind vermindert,
die Butterbrote gleichgeblieben, die Kurorte
verbessert. Die menschenfresserischen Bolsche-
wiki haben die Kurorte tatsächlich erhalten.
Nicht nur als Museen bourgeoiser Ausschwei-
fungen. Die Kurorte sind in vollem Betrieb.
Mit Quellen, Sanatorien, Oper, Kurmusik,
Ansichtskarten, Reiseandenken, Lesesaal und
italienischen Nächten. Das ehemalige Publikum
dieser Kurorte lebt jetzt meistens in Paris,
Berlin und Nizza. Man darf aber nicht ver-
gessen, daß immerhin noch 160 Millionen
Menschen in der Sowjet-Union leben, die sich
ebenso gern erholen und kurieren, wie die
eine Million, die sich ausschließlich dieser
Tätigkeit hingab. Gerade Kisslowodsk ist
stets beliebt gewesen. Man kommt heute be-
deutend schneller in diesen Kurort des Nord-
kaukasus. Nämlich mit dem Luftschiff, das
anderthalb Bahnstunden von diesem Kurort
entfernt in Mineralny Wody hält. Hier ist die
Quelle, deren Wasser in der gesamten Sowjet-
Union und auch im Auslande viel getrunken
wird, Narsan. Es ist Heilmittel für Herz,
Nieren, Magen und Stoffwechsel. Die Quelle
wurde gebührend und üblich geehrt, indem man
sie bereits 1824 mit kaiserlichem Kitsch aus
Marmor, Bronze und Glas umgab und den
Weg zu ihr mit Säulenwandelhallen markierte.
Trotzdem gibt die Quelle 1 113 000 Eimer
Wasser. Während der dreimonatlichen Kurzeit
halten sich hier 60000 Kurgäste auf. Im ganzen
Gebiet von Mineralny Wody, das an ver-
schiedenen Orten zahlreiche Quellen enthält,
150 000 Kurgäste. Für die Badekuren mit
Narsan hat die Verwaltung 1923 das Oktober-
wannenbad mit 60 Wannen erbauen lassen.
Diesmal ohne Kitsch. Im modernsten Ingenieur-
stil, aus edelstem Material mit den neuesten
hygienischen Einrichtungen. So hat der Kranke
sogar eine Uhr für die verordnete Zeitdauer
seines Bades an der Wanne. Ein kurortmäßig
gekleidetes Publikum wandelt in den Parks,
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