Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 20.1929-1930

DOI issue:
Heft 8
DOI article:
Voronca, Jlarie: Das Armband der Nächte
DOI article:
Bogza, Geo: Leben
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.47222#0123

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Es gräbt wie ein Zuchthäusler die Sandsteine
der Tage
Es gleitet der Geigenbogen auf den Saiten der
Horizonte
Es spielt, sich hinabrollend, wie Glut
Ertrunken auf den Barken von den Wellen.
Das Meer, eine Zunge herabhängend vom
Munde der Erde
Wie willst du, daß ich dich von den Kiefern
der Felsen reißen soll,
Daß du leckest die Hoden des Mondes, den
Bauch der Nächte
Dein Geifer befeuchtet die Ufer
Der Zorn schwellt deine Nasenlöcher
Er hebt dich bis zum Unkraut des Himmels
Aber der unvermögende Vorhang der Gewässer
fällt in den Abgrund
Das Meer steckt in seine Flechten einen Regen-
bogen wie den Kamm einer spanischen
Tänzerin
Die weißen Hengste der Wellen beißen das
Pferdegeschirr von Reif

Die Wellen, Reisekörbe mit Taschentüchern des
Windes durcheinander geworfen
Und der Schaum streut Blumen wie unter die
Füße des Siegers
Das Meer ist ein Handschuh geworfen in die
Arena der Nacht.
Wo ist der Kühne der ihn zurückgibt
Der schönen vom Balkon des Himmels?
Das Meer ist ein Fußballplatz
Wer bringt den Ball durch das Tor der losge-
ketteten Finale
Wer gibt das Zeichen der Niederlage, des Erfolges?
Das Meer ist ein Zirkus wo die Affen der
Wellen am Kopf stehen.
Das Meer beharrt langmütig im Anblick wie
das Brausen in den Muscheln
Das Meer — ein Akrobat wiegt sich am Trapez
der Luft
Manchmal legt es sich zu Füßen des Windes
wie ein geschlagener Hund
Das Meer beflaggt den Pavillon des nächtlichen
Piraten.

Leben

Geo Bogza

Wir haben uns wie Blinden gesucht mit gelben Fingern betastet,
Von meiner Hand war dir abgerissen die Zitze wie von einem Felsen,
Wo ich Berg hatte dort strecktest du tiefes Tal aus
Und wir hatten Raum einer im andern, singend mit unserem Blut.
Längs der nackten Schultern trieb uns reitend eine neue Freude,
Der Hymen flattert dir zu wie ein Taschentuch in jedem Lächeln
Und unsere vermischten Knochen stellten das glücklichste Skelett dar
Als wir an einem Ort im selben Körper lebten, noch nicht entzweigerissen.

Ich schraubte dir weiße Säuglinge ein in den runden Mutterleib
Wie viele praktische Kranke brüteten in deinem zerbrechlichen Körper
Deine Hände, Schropfköpfe, rissen den Kopf des zukünftigen Kindes ab
Und du ließt es fließen in Teichen mit ähnlichen anderen am Grund.
Höre die Nacht von schmutzigen Gräben ein Jammern gegen Sterne,
Weg ist sein ganzer männlicher Samen den du in den Wind geworfen hast
Und wenn wir in Ewigkeit unter der Erde sein werden
Wird er als Wurm über unsere Körper kommen.
 
Annotationen