Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 12.1912/1913
Cite this page
Please cite this page by using the following URL/DOI:
https://doi.org/10.11588/diglit.53854#0296
DOI issue:
Heft 21
DOI article:Redaktioneller Teil
DOI article:Heine, Thomas Theodor: Zum Kunstschutzgesetz
DOI article:Schmidkunz, Hans: Zur sozialen Zukunft des Architekten
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.53854#0296
28H
Die Werkstatt der Kunst.
XII, Heft 2^.
Redaktioneller Teil.
2urn kiunstsckutzgsset;
Fahrlässige Auslegung des K 19 Zum
Schaden der Künstler.
Zn letzter Zeit hat im Kunstverlag das Unwesen
der Sammelwerke sehr überhandgenommen. Findige
Verleger denken sich irgendeinen Sammelbegriff aus,
wie etwa: Das Dämonische in der Kunst, Das Ani-
malische in der Kunst, Der Poet, Der Tanz, dann
suchen sie die verschiedenartigsten, möglichst schon
irgendwo reproduzierten Kunstwerke aus, die sich zur
Not unter dem gewählten Buchtitel zusammensassen
lassen. Zn einem höflichen Schreiben werden die
Künstler ersucht, den Abdruck zu gestatten. Die Spe-
kulation auf die Gutmütigkeit der Künstler ist meist
erfolgreich. Dem Urheber irgendein Aequivalent
für seine Arbeit anzubieten hält der Verleger nicht
für nötig. Dann wird ein, den Schein der Wissen-
schaftlichkeit wahrender Text zu dem Sammelbegriff
verfaßt und auf dem nächsten Weihnachtsbüchermarkt
erscheint eine neue Gabe für das kunstsinnige Publi-
kum. Das sind Bilderbücher, deren gesamtes Zllu-
strationsmaterial dem Verleger nicht einen Pfennig
kostet. Der Verleger, welcher im Privatleben sicher
davor zurückscheuen würde einen Menschen auch nur
um eine Mark anzubetteln, ist weniger feinfühlig,
wenn es sich um geistiges Eigentum handelt. Fast
nie erhält einer der Künstler ein Belegexemplar, ja
in Fällen, wo ich es mir ausdrücklich ausbedungen
hatte, konnte ich es nur mit Mühe bekommen. Oft
geht die Reproduktion, schlecht gedruckt von abge-
nützten Klischees, aus dem Sammelwerk in Buch-
anzeigen und Zeitschriften über, ohne daß der Ver-
leger den Künstler um seine Erlaubnis fragt. Za,
es scheint sogar Verleger zu geben, die über das
geistige Eigentum der Künstler frei verfügen zu
können glauben; da schrieb mir kürzlich einer, er
möchte einige näher genannte Zeichnungen von mir
in seinem Sammelwerke abdrucken, er sei zwar be-
rechtigt es auch ohne meine Erlaubnis zu tun, da
das Buch einen wissenschaftlichen Charakter habe,
aber immerhin — aus besonderer Wertschätzung —
usw.
Ls erscheint mir wünschenswert, daß sich die
Künstler diesen Anzapfungen gegenüber prinzipiell
ablehnend verhalten und den Abdruck niemals ohne
ein entsprechendes Honorar und die Zusicherung
eines gebundenen Belegexemplars gestatten, wenn
man glaubt, auf das Honorar verzichten zu können,
soll man es irgendeinem Künstlerunterstützungsverein
zuwenden.
IM. IM. bZeins.
2ur sozialen Zukunft ctes Arckitekten
Von Or. Hans Schmidkunz-Berlin-Halensee
Der Vortrag von Prof. A. Neumeister, den die
„Werkstatt der Kunst" in Iahrg. XII, Heft 8 vom s8. No-
vember S. yyf. wiedergab, ist durch seine Kritik be-
stehender Schäden und durch seine Aufmunterung zu mehr
sozialer Energie des Architekten so verdienstlich, daß schon
jegliches Zurückkommen darauf und wohl auch eine kritische
Diskussion über ihn sich lohnt.
Namentlich das Bild, das der Vortragende von der
Entwicklung des Architekten seit dem Aufblühen der tech-
nischen Hochschulen entwirft, dürfte zutreffend und lehr-
reich sein. Die anfänglich stilformalistischen Interessen des
Architekten mit Gleichgültigkeit gegen das Bautechnische,
sodann das Hinüberfluten des kaufmännischen Unternehmer-
tums und des staatlichen sowie des privaten Baubeamten-
tnms über das freie Baukünstlertum, endlich die Verdienste
der Architektenverbände und die auf sie sowie auf die
individuelle Energie zu setzenden Hoffnungen sind in einer
weise gekennzeichnet, die gewiß vielen Baukünstlern und
Architekturfreunden aus der Seele gesprochen ist. Nur
scheinen uns hier noch einige Undeutlichkeiten und in den
vorausgehenden geschichtlichen Ueberblicken einige Irrtümer
zu walten, so daß eine Besprechung der einen wie der
anderen auch den Absichten des Vortragenden selbst dien-
lich sein kann.
Zunächst wird es doch gut sein, drei soziale Typen
des Architekten zu unterscheiden. Erstens haben wir den
Angestellten einer Behörde oder Firma, den staatlichen
oder kommunalen oder privaten Baubeamten. Zweitens
den selbständig unternehmenden, mehr oder minder speku-
lierenden Architekten, häufig im Kompanieverhältnis, und
anscheinend sehr häufig gar nicht zum Architektenfach,
sondern zu dem des Maurermeisters gehörend. Drittens
den weder angestellten noch auch selbst unternehmenden
Baukünstler, der gleich jedem anderen Künstler in seinem
Atelier Aufträge entgegennimmt, vielleicht ab und zu auch
selber herbeiführt, und der nun seinem Bauherrn gegen-
über Arbeitnehmer, seinen Hilfskräften gegenüber Arbeit-
geber ist. Und alle drei können sich mit dem „Entwerfen"
dessen begnügen, was dann ein anderer „ausführt", können
aber auch Entwerfer und Ausführer oder Bauzeichner und
Bauleiter in einer Person sein, unbeschadet der mehr
oder weniger zahlreichen baukünstlerisch oder handwerklich
gebildeten Helfer an ihrer Seite. Dieser Fall dürfte trotz
vieler Ausnahmen aus dem sy. Jahrhundert doch in Ver-
gangenheit und Gegenwart der weitaus häufigere sein.
In der Darstellung unseres Vortragenden tritt der
dritte von jenen drei Typen fast gar nicht hervor, desto
mehr der zweite; und etwas wie eine soziale Idealisierung
dieses Typus ist es, worauf der Vortrag hinaus wollte.
Fragt sich allerdings, ob die Architekten des dritten Typus,
die „freien Künstler", davon sehr erbaut sein und sich nicht
schon dagegen sehr wahren werden, daß sie für „Kosten-
anschläge kein Interesse" hatten oder haben.
Ueberblicken wir die mannigfaltigen Stimmen, die
unsere Zeitschrift seit einiger Zeit zur Frage nach den
wirtschaftlichen Interessen der Künstler — zunächst der
Maler und Bildhauer — sammelt, so sehen wir sie wohl
alle Übereinkommen in zwei Forderungen: wirtschaftliche
Hebung des Standes, aber nicht durch Kaufmanntum des
einzelnen Künstlers, sondern durch eines von eigens be-
stellten Helfern, seien diese nun Vereins- oder Bureau-
oder Agenturbeamte. Dem analog könnte nun auch der
Neumeistersche Appell an den Baukünstler, „sich das
Kapital für seine künstlerischen Zwecke dienstbar zu machen",
so ausgenommen werden, daß dieser in seiner „Kunstbude"
zwar „Architekt, Konstrukteur und Ausführender", aber
nicht auch „Kaufmann in einer Person" würde, letzteres
vielmehr irgendwelchen genossenschaftlichen Zentren über-
ließe, wie sie über kurz oder lang doch für alle Künstler-
gattungen kommen müssen und schließlich auch sogar zu
„Vorgesetzten" der Unternehmer werden können.
Noch klarer würde wohl unser Ueberblick durch Be-
richtigungen dessen werden, was der Vortragende in seiner
Die Werkstatt der Kunst.
XII, Heft 2^.
Redaktioneller Teil.
2urn kiunstsckutzgsset;
Fahrlässige Auslegung des K 19 Zum
Schaden der Künstler.
Zn letzter Zeit hat im Kunstverlag das Unwesen
der Sammelwerke sehr überhandgenommen. Findige
Verleger denken sich irgendeinen Sammelbegriff aus,
wie etwa: Das Dämonische in der Kunst, Das Ani-
malische in der Kunst, Der Poet, Der Tanz, dann
suchen sie die verschiedenartigsten, möglichst schon
irgendwo reproduzierten Kunstwerke aus, die sich zur
Not unter dem gewählten Buchtitel zusammensassen
lassen. Zn einem höflichen Schreiben werden die
Künstler ersucht, den Abdruck zu gestatten. Die Spe-
kulation auf die Gutmütigkeit der Künstler ist meist
erfolgreich. Dem Urheber irgendein Aequivalent
für seine Arbeit anzubieten hält der Verleger nicht
für nötig. Dann wird ein, den Schein der Wissen-
schaftlichkeit wahrender Text zu dem Sammelbegriff
verfaßt und auf dem nächsten Weihnachtsbüchermarkt
erscheint eine neue Gabe für das kunstsinnige Publi-
kum. Das sind Bilderbücher, deren gesamtes Zllu-
strationsmaterial dem Verleger nicht einen Pfennig
kostet. Der Verleger, welcher im Privatleben sicher
davor zurückscheuen würde einen Menschen auch nur
um eine Mark anzubetteln, ist weniger feinfühlig,
wenn es sich um geistiges Eigentum handelt. Fast
nie erhält einer der Künstler ein Belegexemplar, ja
in Fällen, wo ich es mir ausdrücklich ausbedungen
hatte, konnte ich es nur mit Mühe bekommen. Oft
geht die Reproduktion, schlecht gedruckt von abge-
nützten Klischees, aus dem Sammelwerk in Buch-
anzeigen und Zeitschriften über, ohne daß der Ver-
leger den Künstler um seine Erlaubnis fragt. Za,
es scheint sogar Verleger zu geben, die über das
geistige Eigentum der Künstler frei verfügen zu
können glauben; da schrieb mir kürzlich einer, er
möchte einige näher genannte Zeichnungen von mir
in seinem Sammelwerke abdrucken, er sei zwar be-
rechtigt es auch ohne meine Erlaubnis zu tun, da
das Buch einen wissenschaftlichen Charakter habe,
aber immerhin — aus besonderer Wertschätzung —
usw.
Ls erscheint mir wünschenswert, daß sich die
Künstler diesen Anzapfungen gegenüber prinzipiell
ablehnend verhalten und den Abdruck niemals ohne
ein entsprechendes Honorar und die Zusicherung
eines gebundenen Belegexemplars gestatten, wenn
man glaubt, auf das Honorar verzichten zu können,
soll man es irgendeinem Künstlerunterstützungsverein
zuwenden.
IM. IM. bZeins.
2ur sozialen Zukunft ctes Arckitekten
Von Or. Hans Schmidkunz-Berlin-Halensee
Der Vortrag von Prof. A. Neumeister, den die
„Werkstatt der Kunst" in Iahrg. XII, Heft 8 vom s8. No-
vember S. yyf. wiedergab, ist durch seine Kritik be-
stehender Schäden und durch seine Aufmunterung zu mehr
sozialer Energie des Architekten so verdienstlich, daß schon
jegliches Zurückkommen darauf und wohl auch eine kritische
Diskussion über ihn sich lohnt.
Namentlich das Bild, das der Vortragende von der
Entwicklung des Architekten seit dem Aufblühen der tech-
nischen Hochschulen entwirft, dürfte zutreffend und lehr-
reich sein. Die anfänglich stilformalistischen Interessen des
Architekten mit Gleichgültigkeit gegen das Bautechnische,
sodann das Hinüberfluten des kaufmännischen Unternehmer-
tums und des staatlichen sowie des privaten Baubeamten-
tnms über das freie Baukünstlertum, endlich die Verdienste
der Architektenverbände und die auf sie sowie auf die
individuelle Energie zu setzenden Hoffnungen sind in einer
weise gekennzeichnet, die gewiß vielen Baukünstlern und
Architekturfreunden aus der Seele gesprochen ist. Nur
scheinen uns hier noch einige Undeutlichkeiten und in den
vorausgehenden geschichtlichen Ueberblicken einige Irrtümer
zu walten, so daß eine Besprechung der einen wie der
anderen auch den Absichten des Vortragenden selbst dien-
lich sein kann.
Zunächst wird es doch gut sein, drei soziale Typen
des Architekten zu unterscheiden. Erstens haben wir den
Angestellten einer Behörde oder Firma, den staatlichen
oder kommunalen oder privaten Baubeamten. Zweitens
den selbständig unternehmenden, mehr oder minder speku-
lierenden Architekten, häufig im Kompanieverhältnis, und
anscheinend sehr häufig gar nicht zum Architektenfach,
sondern zu dem des Maurermeisters gehörend. Drittens
den weder angestellten noch auch selbst unternehmenden
Baukünstler, der gleich jedem anderen Künstler in seinem
Atelier Aufträge entgegennimmt, vielleicht ab und zu auch
selber herbeiführt, und der nun seinem Bauherrn gegen-
über Arbeitnehmer, seinen Hilfskräften gegenüber Arbeit-
geber ist. Und alle drei können sich mit dem „Entwerfen"
dessen begnügen, was dann ein anderer „ausführt", können
aber auch Entwerfer und Ausführer oder Bauzeichner und
Bauleiter in einer Person sein, unbeschadet der mehr
oder weniger zahlreichen baukünstlerisch oder handwerklich
gebildeten Helfer an ihrer Seite. Dieser Fall dürfte trotz
vieler Ausnahmen aus dem sy. Jahrhundert doch in Ver-
gangenheit und Gegenwart der weitaus häufigere sein.
In der Darstellung unseres Vortragenden tritt der
dritte von jenen drei Typen fast gar nicht hervor, desto
mehr der zweite; und etwas wie eine soziale Idealisierung
dieses Typus ist es, worauf der Vortrag hinaus wollte.
Fragt sich allerdings, ob die Architekten des dritten Typus,
die „freien Künstler", davon sehr erbaut sein und sich nicht
schon dagegen sehr wahren werden, daß sie für „Kosten-
anschläge kein Interesse" hatten oder haben.
Ueberblicken wir die mannigfaltigen Stimmen, die
unsere Zeitschrift seit einiger Zeit zur Frage nach den
wirtschaftlichen Interessen der Künstler — zunächst der
Maler und Bildhauer — sammelt, so sehen wir sie wohl
alle Übereinkommen in zwei Forderungen: wirtschaftliche
Hebung des Standes, aber nicht durch Kaufmanntum des
einzelnen Künstlers, sondern durch eines von eigens be-
stellten Helfern, seien diese nun Vereins- oder Bureau-
oder Agenturbeamte. Dem analog könnte nun auch der
Neumeistersche Appell an den Baukünstler, „sich das
Kapital für seine künstlerischen Zwecke dienstbar zu machen",
so ausgenommen werden, daß dieser in seiner „Kunstbude"
zwar „Architekt, Konstrukteur und Ausführender", aber
nicht auch „Kaufmann in einer Person" würde, letzteres
vielmehr irgendwelchen genossenschaftlichen Zentren über-
ließe, wie sie über kurz oder lang doch für alle Künstler-
gattungen kommen müssen und schließlich auch sogar zu
„Vorgesetzten" der Unternehmer werden können.
Noch klarer würde wohl unser Ueberblick durch Be-
richtigungen dessen werden, was der Vortragende in seiner