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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 1
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Meckel, Max: Das St. Vincenz-Haus in Hofheim i. T.
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1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 1.

10

Das St. Vincenz-Haus in Hofheim i. T.

Mit 4 Abbildungen.

einrich Vincenz Johann Buzzi, geb.

1 zu Leyden, gest. am 5. Juli 1876 in
Frankfurt a. M., war ein Mann voll
edlen Wohlthätigkeitssinnes. Eifrig

und unermüdlich in seiner kaufmännischen Be-
rufsthätigkeit, einfach in Bezug auf seine Person,
erwarb er sich ein ansehnliches Vermögen, wel-
ches er aufser einigen Legaten an entferntere
Verwandte — er war unverheirathet geblieben —
ausschliefslich für milde Stiftungen letztwillig
bestimmte. Seiner Vaterstadt Leyden hinterliefs
er 30 000 holl. fl. für das städtische Arbeitshaus
(Stedelyk Werkhuis), dem Armenbad in Soden i.T.
18 000 Mk. zur Erweiterung der Anstalt. Das
Hauptvermögen aber stiftete er zur Gründung
zweier Wohlthätigkeits-Anstalten, von welchen
die eine für die Aufnahme sittlich gefährdeter
oder verwahrloster Kinder behufs Heranbildung
derselben zu einem religiös sittsamen und arbeit-
samen Leben bestimmt sein sollte, während in
der anderen arme kränkliche oder erkrankt ge-
wesene und in Rekonvalescenz begriffene Kinder
zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit vorüber-
gehend verpflegt werden sollen.

Die letztere Anstalt ist es, welche ich den
geschätzten Lesern der Zeitschrift in Wort und
Bild vorzuführen veranlafst werde.

Die Errichtung derselben lag der katholischen
Kirchengemeinde in Frankfurt a. M. als Uni-
versalerbin ob. Das Stiftungshaus sollte nach
Bestimmung des Stifters in einem gesund ge-
legenen röm.-katholischen Orte auf dem Lande,
nicht allzuweit von Frankfurt entfernt, jedoch
auch nicht in unmittelbarer Nähe der Stadt
errichtet werden. In der Regel sollen nur solche
Kinder Aufnahme finden, deren Eltern seit min-
destens zwei Jahren in Frankfurt oder dessen
näherer Umgegend wohnen.

Ernst Franz August Münzen beiger, der
allzu früh verstorbene Förderer aller katholischen
Institutionen, insbesondere der auf christliche
Kunst und Wohlthätigkeit gerichteten Bestre-
bungen, war damals Stadtpfarrer in Frankfurt.
Buzzi hätte keinen umsichtigeren und eifrigeren
Vollstrecker seines letzten Willens finden können.
Die Stiftung war so recht nach Münzenberger's
Sinn, galt sie doch seinen Lieblingen, den armen
Kindern. Die Wahl und der Ankauf des Bau-
platzes, die Errichtung des Hauses und die Ein-

richtung der Anstalt sind das eigensteWerk seiner
nie rastenden Thätigkeit. Der Ankauf des Ge-
ländes hatte, wegen der starken Parzellirung des-
selben und der deswegen nothwendig gewor-
denen mannigfachen Unterhandlungen mit den
vielen Besitzern, besonders grofse Schwierig-
keiten geboten.

Der Platz ist trefflich gewählt: in gesundester
Gegend und nächster Nähe des durch seine Kalt-
wasser-Heilanstalt bekannten Taunusstädtchens
Hofheim, an sanft ansteigendem Hügelgelände,
5 Minuten von der Bahnstation gelegen, von
Laub- und Nadelholzwäldern dicht umgeben,
entspricht derselbe allen Anforderungen, welche
man an einen Luftkurort stellen kann. Er um-
fafst ca. 12 Morgen Ackerland mit Baumgärten
und 20 Morgen Nadel- und Laubholzwaldungen.
Der Wald grenzt unmittelbar an den Hof und
den Spielplatz der Kinder, er bildet bei guter
Witterung fast den beständigen Aufenthaltsort
der letzteren.

Das Haus steht auf dem höchsten Punkte
des Platzes, nach allen Seiten frei in warmer
sonniger Lage, gegen den Nordwind durch die
gegenüberliegenden Taunusberge geschützt. Von
seinen Fenstern und der Terrasse aus hat man
den schönsten Blick auf die Berge, das Städtchen
zu Füfsen, die Wallfahrtskapelle auf der Höhe.
Es enthält imErdgeschofs die Wirthschaftsräume,
im Hauptgeschofs Hauskapelle und Unterrichts-
säle, in den oberen Stockwerken die Schlaf räume.
Das Erdgeschofs (Fig. 2) ist rückwärts an den
Berg gelehnt, so, dafs man vom Hofe durch das
Treppenhaus unmittelbar in das Hauptgeschofs
eintritt. Es enthält hier die Keller, die Wasch-
küche und den Baderaum. Nach vorne liegen
Küche und drei Speisezimmer. Das Haupt-
geschofs (Fig. 3) enthält im östlichen Flügel die
Hauskapelle, äufserlich durch das grofse Mafs-
werkfenster in der Nordfassade (Fig. 1) und den
Chorausbau auf der Südseite des Hauses kennt-
lich; an die Kapelle anstofsend ein Zimmer als
Sakristei und ein Zimmer für den Geistlichen,
ferner im Hauptbau zwei grofse Säle für Unter-
richt und Arbeit sowie ein Ansprachzimmer,
zuletzt den Haupteingang mit doppelter Vor-
halle und den rückwärtigen Eingang durch das
Treppenhaus. Die Kapelle hat eine flache Decke,
das Chörchen derselben aber ist mit einem
 
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