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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 9
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Effmann, Wilhelm: Die alten Theile der Pfarrkirche zu Oberdollendorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0149

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261

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

262

linien folgend in die Höhe steigt. Die Giebel-
flachen selbst sind mit Schallöffnungen versehen,
die durch eine Mittelsäule doppelt getheilt sind
und ebenfalls von einem gemeinsamen Bogen
umrahmt werden. Das in alter Form erhaltene
Rhombendach hat in einem auf kräftigem Knauf
ansetzenden Kreuze mit dem bekrönenden Wetter-
hahn, wenn auch nicht mehr den ursprünglichen,
so doch immerhin einen gefälligen Abschlufs.

Von dem alten Kirchenschiffe, welches sich
an diese Bautheile ehedem nach Westen hin
anschlofs, ist nichts erhalten; auch an schrift-
lichen Mittheilungen, die
uns über den alten Bau-
bestand Kunde geben, man-
gelt es durchaus. Mit aus-
reichender Sicherheit darf
aber angenommen werden,
dafs die ursprüngliche An-
lage in einem einschiffigen
Bau bestand, der im Innern
flachgedeckt, im Aeufsern
unter dem Hauptgesims mit
einem Rundbogenfries ver-
sehen war, wie ihn der
Thurm jetzt noch zeigt.
Ebenso wird man die Fenster
nach Analogie der Fenster
des Altarhauses zu ergänzen
haben; dieTerraingestaltung
endlich spricht dafür, dafs
die Haupteingangsthür nicht
im Westen, sondern wie dies
auch jetzt noch der Fall ist,
am Westende der Südseite
gelegen war.

Wie lange der Bau in
seiner ursprünglichen Form
bestanden hat, ist nicht bekannt; sicher ist indefs,
dafs die alte Kirche schon lange vor dem Jahre
1730 mit zwei Nebenschiffen versehen war, die
mit dem älteren, dadurch zum Mittelschiff ge-
wordenen Theile unter einem gemeinsamen Dache
zusammengefafst waren.5) Doch auch diese Er-
weiterung genügte mit der Zeit den steigenden
Bedürfnissen nicht mehr, zudem wird auch durch
die Anlage der Seitenschiffe, bei welcher die
Seitenmauern des alten Schiffes beiderseits
hatten durchbrochen werden müssen, die Stand-
festigkeit sehr gelitten haben. Nach langen

r') Maafsen a. a. O. S. 81c

Verhandlungen darüber, ob sich die Baupflicht
des Stiftes von Vilich auf die erweiterte Kirche
als ungetheiltes Ganze erstrecke, wie die Ge-
meinde behauptete, oder nur auf das Haupt-
schiff, wie die Aebtissin erklärte, kam es schliefs-
lich zu einem Neubau, der in den Jahren 1792
und 1793 nach dem Plane eines Zimmermeisters
Schmitz auf alter Stelle an der Westseite des
Thurmes und auf Kosten von Vilich erstellt
wurde. Es ist dies die noch jetzt bestehende
Kirche. Dieselbe ist, wie dies die Theilansicht
in Fig. 7 zeigt, eine scheunenartige Anlage von
22 m lichter Länge und
11,80 m lichter Breite, die
jeglicher Kunstformen ent-
behrt und deshalb an dieser
Stelle eine Besprechung
nicht erheischt. Sie schliefst
sich, wie aus den Fig. 5
und 7 hervorgeht, dem alten
Chore und Thurme mit
con vergirendenMauei zügen
an. Der alte Chorbogen
wurde dabei bis auf eine
Thüröffnung vermauert und
Altarhaus mit Apside zur
Sakristei umgestaltet. Wie
die Baupflicht, so lag auch
dieUnterhaltung des Schiffes
dem Stifte Vilich bezw. liegt
dieselbe als Rechtsnach-
folger des aufgehobenen
Stiftes jetzt dem preufsischen
Fiskus ob. Da dieselbe sich
aber nicht auf die innere
Ausstattung erstreckt, so hat
die Gemeinde in der letzten
Zeit nicht nur für theil-
weise Erneuerung der Altäre und den Boden-
belag beträchtliche Ausgaben machen, sondern
sich auch dazu verstehen müssen, durch farbige
Zierde in etwa den Schmuck zu ersetzen, der
dem Gebäude architektonisch fehlt. Sie ist auch
genöthigt gewesen, mit einer den Betrag von
3000 Mk. übersteigenden Summe die in Folge
der Terrainbeschaffenheit sehr umfangreichen
Zugangstreppen erneuern zu lassen, da auch
nach dieser Richtung seitens des Fiskus eine
Verpflichtung nicht anerkannt wurde.

Zu kurz gekommen bei diesen Arbeiten sind
somit gerade die architektonisch bedeutsamsten
Theile, Thurm und Chor. Dieselben befinden

Perspektivische Ansicht (von Südost gesehen!.
 
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