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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Arntz, Ludwig: Die Karthause zu Köln in baugeschichtlicher Hinsicht
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0016

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1804. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

halten mufste, so blieb dieser Bauplan, auf den
unzweifelhaft die Ueberlieferung des Ordens
und die bei anderen vorhandenen Anlagen
gemachten Erfahrungen bestimmend eingewirkt
haben werden, auf lange Zeit, bis Ende des
Mittelalters, mafsgebend.

Die erweiterte Klausur gruppirte sich im
Wesentlichen um den im Quadrat von ca. 50 m
Seite angelegten grofsen Umgang, welcher
den Friedhof umschlofs. An den gemeinsamen
Verbindungsflur wird sich der übliche Zellen-
flur, und an diesen einerseits die eigentliche
Zelle mit Wohnraum, Schlafraum und Betraum,
andererseits das Zellengärtchen angeschlossen
haben. Den um den Friedhof vertheilten Zellen-
bauten wurden nach und nach gegen Süd-
westen 2gröfsere und 2 kleinere Flügel ange-
fügt. Durch eine hohe Mauer war die gesammte
Klausur gegen die Umgebung, den Baumgarten
und den Gemüsegarten abgeschlossen.

Die Verbindung der Klausur mit der Kirche
wurde durch den kleinen Umgang vermittelt,
um den sich die Räume desPriorates gruppirten.
Er lehnte sich nach Art der meisten claustra
an das Kirchengebäude an und umschlofs einen
ca. 12 X 30 m grofsen Hof. — Der nördliche
Theil dieses Umganges, welcher sich unmittel-
bar an die Kirche anlehnte und vielleicht gleich-
alterig mit der ersten Kirchenanlage war, diente
später dem erweiterten Kultusbedürfnifs, wie
denn auch mehrere Altäre in ihm Aufstellung
fanden. Viele vornehme Gönner des Klosters
fanden in dem kleinen Umgang ihre letzte Ruhe-
statt. Westlich schlössen an ihn die Zelle des
Priors, der Speisesaal der Patres und der der
Laienbrüder, die Küche mit der darüber be-
findlichen Gaststube sowie endlich die übrigen
Wirthschaftsräume, deren Aufsicht dem Prior
unterstand. Nach Osten stiefs an den Umgang
das Wohnhaus des genannten Johann v. Branden-
burg, das bereits 1365 zu einem Kapitelsaal
mit darüber befindlicher Bibliothek umgebaut
wurde. Durch den Erwerb dieses Wohnsitzes
wurde auch die Erweiterung der Kirche
nach Osten möglich; hierbei wurden die an-
stofsenden Gebäulichkeiten soweit als nöthig
niedergelegt; erhalten hat sich noch ein Theil
der Unterkellerung, welcher als Büfserraum
(carcer) später benutzt ward. Nach jenem Ab-
bruch wurde ein umfassender Umbau der Kirche
vorgenommen. Die Seitenwände derselben
wurden in den Fensteraxen durch kräftige

Strebepfeiler verstärkt und um ca. 8 m mit poly-
gonalem Abschlufs vorgeschoben. Der so ver-
gröfserte Raum wurde gleichmäfsig in 7 Jochen
auf Kragsteinen mit gleichprofilirten Gurt- und
Kreuzrippen gewölbt. Das Chor erhielt ent-
sprechenden Polygonschlufs. Diese Ausführung
ist in solidester Technik erfolgt und hat sich
bis heute vorzüglich erhalten. Schon 1393
konnte der neue Hochaltar (vermuthlich ein
Flügelaltar) zu Ehren der hl. Barbara geweiht
werden. — Dem bald gesteigerten Kultusbe-
dürfnifs, das sich, wie bereits erwähnt, in der
Aufstellung mehrerer Nebenaltäre im kleinen
Umgang zeigte, entspricht auch die Anlage der
sog. Marienkapelle, welche nördlich dem
Laienchor vorgebaut und schon 1426 geweiht
wurde. Diese Kapelle umfafst 2x2 Kreuz-
joche, welche durch einen kräftigen Gurtbogen
in 2 Abtheilungen geschieden sind. 'Die Gurt-
und Rippenprofile sitzen auf kräftigen Krag-
steinen in figürlicher Ausbildung ausweiche zwar
meist verstümmelt, noch deutlich einen Ideen-
cyklus aus dem Marienleben erkennen lassen.
Ein reicher, farbiger Schmuck (der an den
Figuren noch zu Tage tritt) mag den überaus
vornehmen Eindruck dieser Kapelle wesentlich
erhöhl haben. Es sei auf die Darstellung der
Gurt- und Rippenprofile (II) verwiesen!

Aus dem Ende des XIV. Jahrh. stammt auch
noch die Wölbung des neuen Refektoriums, das
nun zu einer Lazarethküche umgewandelt ist;
der an diese anstofsende Lagerraum reicht noch
in die früheste Zeit der Klosteranlage zurück.

Im Jahre 1451 wurde das Kloster von einem
empfindlichenBrandunglück heimgesucht;das zum
Kapitelbau umgebaute Wohnhaus des Johann
von Brandenburg brannte nieder. Das vermuth-
lich in Fachwerk ausgeführte Obergeschofs mit
der werthvollen Büchersammlung ging hierbei
in Flammen auf.

Doch schon zwei Jahre darauf ist man mit der
Wiederherstellung des Kapitelsaaks beschäftigt;
er wird, wie auch das darüber befindlicheGeschofs,
welches für die Bibliothek und die Kleiderkammer
bestimmt, gewölbt; schon 1455 wird in dem
Kapitelsaal derSt.Salvatoraltar neu geweiht.Wohl
gleichzeitig mit dem Kapitelbau schritt man auch
zur Wölbung des nach Süden anschliefsenden
kleinen Umgangs; 1465warauch dieser vollendet.
Erhalten haben sich bis auf unsere Tage 11 ganze
u. 2 halbe Joche; die Technik ist durchaus gesund.
Vgl. die hier wiedergegebenen Rippenprofile (II).
 
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