13
1804. - ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST -
Nr. 1.
U
Die reichsten Zuwendungen flössen indefs
dem Kirchengebäude zu. So begann man im
Jahre 1480 mit dem Einbrechen des grofsen
Westfensters. Im folgenden Jahre ward sodann
die lettnerartige Abtrennung des Chores der
Brüder vom Laienchor, das sog. Odäum, er-
richtet, höchst wahrscheinlich eine gewölbte
Brücke in 3 Kreuzjochen, deren Plattform als
Engelchor diente; auf ihm erhob sich gemäfs
der rheinischen Ueberlieferung der Altar der
hl. Engel bezw. ein Crucifixus. — Die beiden
seitlichen Gewölbefelder schlössen vermuthlich
mit steinerner Rückwand ab und waren für die
Aufstellung zweier Nebenaltäre, des St. Thomas-
und des Kreuzaltares bestimmt.2) Das mittlere
Gewölbefeld war durch ein geschmiedetes Gitter
mit Kerzenhaltern in 2Thürflügeln abgeschlossen.
Für die Beurtheilung der Formbehandlung des
Odäums im Einzelnen liegen leider z. Z. keine
Anhaltspunkte vor, doch ist nicht ausgeschlossen,
dafs sich unter dem jetzigen erhöhten Basalt-
pflaster noch werthvolle Bruchstücke erhalten
haben, die eine spätere Rekonstruktion mit
Sicherheit ermöglichen.
Die ganze Kirche erhielt um dieselbe Zeit
(1481) einen (vermuthlich) aus Thonfliesen be-
stehenden Belag sowie ein neues Gestühl im
Brüderchor.
Mittlerweile müssen sich an den Zellen der
Klausur mehr oder weniger gröfsere Schäden
gezeigt haben, denn wir erfahren, dafs sehr
viele Zellen wiederhergestellt und umgebaut
wurden. Hierbei wurden die Dächer sämmtlicher
Zellen, welche meist zur Lagerung des Getreides
dienten, erneuert. Auch die Zelle des Priors legte
man nieder und führte sie neu mit Wölbung
auf. Nicht weit von dieser wurde im Jahre
1489 in dem nördlichen Flügel des kleinen
Umgangs eine Kapelle des hl. Bruno einge-
richtet; wir haben es hier vermuthlich mit
einem polygonalen (achteckigen) Ausbau des Um-
gangs zu thun, analog den sog. Brunnenhäusern
anderer Kreuzgänge. Es stimmt hiermit auch die
Nachricht, dafs rings um den Altar 11 Bilder,
welche die Geschichte des Ordens behandelten,
an den (5) Wandflächen aufgehängt wurden.3)
Ein Aufgraben der Fundamente der zerstörten
2) Die letzteren haben insoweit noch ein beson-
deres Interesse, als ihnen zwei der werthvollsten Altar-
bilder kölnischer Meister entstammen.
s) Eines dieser Bilder hat sich in das Museum
Wallraf-Richartz gerettet. Vgl. Merlo a a. O.
Theile des kleinen Umgangs dürfte über Lage und
Form dieser St. Brunokapelle Aufschlufs geben.
Drei Jahre später begann man mit der monu-
mentalen Herstellung des grofsen Umgangs,
der vielleicht in einfacher Fachwerkkonstruktion
bestanden hatte. Die Ausführung der Umfassung
erfolgte in sauberen Trachytwerkstücken, die
der Gewölbe in zierlichen Netzgewölben; zu den
Stiftern dieses reich behandelten Kreuzgangs
gehört auch der Kaiser Maximilian I. — Leider
gerieth in Folge der unzulänglichen Baumittel
das Unternehmen bald in's Stocken. Mehr wie
die erhaltenen 12 Gewölbfelder scheint auch
nicht fertig geworden zu sein. — Die meisten
und ergiebigsten Zuwendungen wurden indefs
für die Ausstattung der Kirche gemacht. Im
Jahre 1498 wurden in dem Laienchor zwei weitere
Altäre gestiftet, der eine zu Ehren des hl. Johannes
des Täufers, der andere zu Ehren der hl. Maria
Magdalena. — Eine ganz hervorragende Stiftung
geschah Seitens der Familien Hacquenay und
Hardenrath; es ist die neue Sakristei mit ihren
reizvollen Netzgewölben. Der darin aufgestellte
Altar der hh. Anna und Katharina ward 1511
geweiht.4) Mit Ausnahme der als Familienwappen
ausgebildeten Rippenansätze, welche durch rohe
Hände verstümmelt wurden, hat sich dieses
Kabinetstück spätgothischer Architektur, Dank
der überaus sauberen Technik, vorzüglich er-
halten; auch dürfte eine Wiederherstellung der
wenig übertünchten Bemalung der .Gewölbe-
kappen nicht schwierig sein. Verwiesen sei hier
auf die Abbildung der Einzelheiten (II)!
Die Ausführung der bis jetzt erwähnten
Bauarbeiten jeglicher Art lag wohl fast aus-
schliefslich in den Händen der Laienbrüder,
welche auch die Unterhaltung des ausgedehnten
Bauwesens besorgten; erhalten ist uns der Name
des Steinmetzen Gobelinus, der im Jahre 1398
beim Tode seiner Gattin eine Schenkung dem
Kloster vermachte.
In den ersten Jahrzehnten des XVI. Jahr-
hunderts wird die Renaissancebewegung auch
in die Karthause eingedrungen sein. Am längsten
wird sich wohl, wie allgemein in Köln, in der
Tischler- und Schmiedetechnik die mittelalter-
liche Ueberlieferung behauptet haben, so bei
den 1529 erwähnten Passionsbildwerken des
Meisters Meinerzhagen, die oberhalb der Chor-
*) Der z. Z. in St. Severin befindliche Flügelaltar
von Barth. Bruyn stammt aus dem Jahre 1533.
1804. - ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST -
Nr. 1.
U
Die reichsten Zuwendungen flössen indefs
dem Kirchengebäude zu. So begann man im
Jahre 1480 mit dem Einbrechen des grofsen
Westfensters. Im folgenden Jahre ward sodann
die lettnerartige Abtrennung des Chores der
Brüder vom Laienchor, das sog. Odäum, er-
richtet, höchst wahrscheinlich eine gewölbte
Brücke in 3 Kreuzjochen, deren Plattform als
Engelchor diente; auf ihm erhob sich gemäfs
der rheinischen Ueberlieferung der Altar der
hl. Engel bezw. ein Crucifixus. — Die beiden
seitlichen Gewölbefelder schlössen vermuthlich
mit steinerner Rückwand ab und waren für die
Aufstellung zweier Nebenaltäre, des St. Thomas-
und des Kreuzaltares bestimmt.2) Das mittlere
Gewölbefeld war durch ein geschmiedetes Gitter
mit Kerzenhaltern in 2Thürflügeln abgeschlossen.
Für die Beurtheilung der Formbehandlung des
Odäums im Einzelnen liegen leider z. Z. keine
Anhaltspunkte vor, doch ist nicht ausgeschlossen,
dafs sich unter dem jetzigen erhöhten Basalt-
pflaster noch werthvolle Bruchstücke erhalten
haben, die eine spätere Rekonstruktion mit
Sicherheit ermöglichen.
Die ganze Kirche erhielt um dieselbe Zeit
(1481) einen (vermuthlich) aus Thonfliesen be-
stehenden Belag sowie ein neues Gestühl im
Brüderchor.
Mittlerweile müssen sich an den Zellen der
Klausur mehr oder weniger gröfsere Schäden
gezeigt haben, denn wir erfahren, dafs sehr
viele Zellen wiederhergestellt und umgebaut
wurden. Hierbei wurden die Dächer sämmtlicher
Zellen, welche meist zur Lagerung des Getreides
dienten, erneuert. Auch die Zelle des Priors legte
man nieder und führte sie neu mit Wölbung
auf. Nicht weit von dieser wurde im Jahre
1489 in dem nördlichen Flügel des kleinen
Umgangs eine Kapelle des hl. Bruno einge-
richtet; wir haben es hier vermuthlich mit
einem polygonalen (achteckigen) Ausbau des Um-
gangs zu thun, analog den sog. Brunnenhäusern
anderer Kreuzgänge. Es stimmt hiermit auch die
Nachricht, dafs rings um den Altar 11 Bilder,
welche die Geschichte des Ordens behandelten,
an den (5) Wandflächen aufgehängt wurden.3)
Ein Aufgraben der Fundamente der zerstörten
2) Die letzteren haben insoweit noch ein beson-
deres Interesse, als ihnen zwei der werthvollsten Altar-
bilder kölnischer Meister entstammen.
s) Eines dieser Bilder hat sich in das Museum
Wallraf-Richartz gerettet. Vgl. Merlo a a. O.
Theile des kleinen Umgangs dürfte über Lage und
Form dieser St. Brunokapelle Aufschlufs geben.
Drei Jahre später begann man mit der monu-
mentalen Herstellung des grofsen Umgangs,
der vielleicht in einfacher Fachwerkkonstruktion
bestanden hatte. Die Ausführung der Umfassung
erfolgte in sauberen Trachytwerkstücken, die
der Gewölbe in zierlichen Netzgewölben; zu den
Stiftern dieses reich behandelten Kreuzgangs
gehört auch der Kaiser Maximilian I. — Leider
gerieth in Folge der unzulänglichen Baumittel
das Unternehmen bald in's Stocken. Mehr wie
die erhaltenen 12 Gewölbfelder scheint auch
nicht fertig geworden zu sein. — Die meisten
und ergiebigsten Zuwendungen wurden indefs
für die Ausstattung der Kirche gemacht. Im
Jahre 1498 wurden in dem Laienchor zwei weitere
Altäre gestiftet, der eine zu Ehren des hl. Johannes
des Täufers, der andere zu Ehren der hl. Maria
Magdalena. — Eine ganz hervorragende Stiftung
geschah Seitens der Familien Hacquenay und
Hardenrath; es ist die neue Sakristei mit ihren
reizvollen Netzgewölben. Der darin aufgestellte
Altar der hh. Anna und Katharina ward 1511
geweiht.4) Mit Ausnahme der als Familienwappen
ausgebildeten Rippenansätze, welche durch rohe
Hände verstümmelt wurden, hat sich dieses
Kabinetstück spätgothischer Architektur, Dank
der überaus sauberen Technik, vorzüglich er-
halten; auch dürfte eine Wiederherstellung der
wenig übertünchten Bemalung der .Gewölbe-
kappen nicht schwierig sein. Verwiesen sei hier
auf die Abbildung der Einzelheiten (II)!
Die Ausführung der bis jetzt erwähnten
Bauarbeiten jeglicher Art lag wohl fast aus-
schliefslich in den Händen der Laienbrüder,
welche auch die Unterhaltung des ausgedehnten
Bauwesens besorgten; erhalten ist uns der Name
des Steinmetzen Gobelinus, der im Jahre 1398
beim Tode seiner Gattin eine Schenkung dem
Kloster vermachte.
In den ersten Jahrzehnten des XVI. Jahr-
hunderts wird die Renaissancebewegung auch
in die Karthause eingedrungen sein. Am längsten
wird sich wohl, wie allgemein in Köln, in der
Tischler- und Schmiedetechnik die mittelalter-
liche Ueberlieferung behauptet haben, so bei
den 1529 erwähnten Passionsbildwerken des
Meisters Meinerzhagen, die oberhalb der Chor-
*) Der z. Z. in St. Severin befindliche Flügelaltar
von Barth. Bruyn stammt aus dem Jahre 1533.