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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Stiassny, Robert: Jörg Breu von Augsburg, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0078

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113

1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

114

Für derlei Aufgaben fehlt eben Breu das Er-
zählertalent, der Schwung und die Grazie
Burgkmair's, dessen Estherbild aus dem näm-
lichen Jahre in der Münchener Pinakothek die
prunkvolle Pfeilerhalle in's Gedächtnifs ruft,
die auch hier den Vordergrund einnimmt.
Im Detail dieser Architektur, der Gewand-
behandlung und Gruppirung der Figuren er-
kennt man aber den Maler der kleinen Orgel-
flügel von St. Anna unschwer wieder. Der
besondere Werth, den der „antigisch" gebildete
Künstler diesem, mit dem Wappen des Her-
zogs und seiner Gemahlin Jacobäa von Baden
gezierten Gemälde beigelegt hat, geht aus der
unterhalb des Monogrammes und der Jahreszahl
auf einem Schrifttäfelchen angebrachten Be-
zeichnung hervor:
HOC • OPVS • (F)ECIT ■ IE@RIVS • PREW-

DE • AVG.
Hier kehrt die epigraphische Spielerei der.
Herzogenburger Inschrift (von Av) in der Ab-
kürzung von Augusta wieder (vgl. den palaeo-
graphisch nicht ganz getreuen Facsimileschnitt,
Sp. 291 des vorigen Jahrgangs).

Noch weniger glücklich als mit dem Lucrezia-
bilde ist Breu durch die Schlacht bei Zama
in der Pinakothek (Nr. 228) in dem von
Herzog Wilhelm bestellten Gemäldecyklus ver-
treten. Das Bild ist vielleicht als Gegenstück
zu Burgkmair's Schlacht ' bei Cannae von
1529 in der Augsburger Galerie und jedenfalls
um die nämliche Zeit gemalt worden. Durch
seine Doppelsignatur — der volle Name neben
dem Zeichen — hat es erst die Identifizirung
des Monogrammisten mit Jörg Breu ermöglicht;
zugleich aber als sein bekanntestes Werk zur
bisherigen Unterschätzung des Malers wesentlich
beigetragen. Denn ein wirkliches Schlachten-
stück zu geben, war Breu so wenig im Stande,
wie irgend einer der anderen Theilnehmer an
dem künstlerischen Wettstreit. Fand sich
Altdorfer in seiner Alexanderschlacht durch
einen Blick aus der Vogelperspektive über das
Schlachtfeld mit der Hauptschwierigkeit des
Vorwurfs noch leidlich ab, so geht auf dem
Bilde Breu's, das die Gefechtslage aus un-
mittelbarster Nähe darstellt, im gehäuften Detail
und wirren Figurengedränge alle Klarheit der
Handlung unter. Das Massengemälde war
eben nicht Sache der Altdeutschen, über den
Eindruck des Feldturniers, Ritterspiels kommt
selbst Altdorfer nicht hinaus. Während die

Alexanderschlacht aber gerade durch die treu-
herzige Lokalisirung des Ereignisses als Zeit-
gemälde bleibendes Verdienst besitzt, verfällt
Breu mit seinen antiquarischen Anläufen und
dem Versuche einer dramatischen Schilderung
in's Parodistische. Die einförmig derbe Cha-
rakteristik, das aufdringliche Streben nach
plastischer Modellirung in der Zeichnung, der
spröde malerische Vortrag sind weitere Symp-
tome des fortschreitenden Manierismus des
Künstlers.

Eine erfreulichere Leistung dieser Richtung
scheint in einer dritten zur nämlichen Folge
gehörigen Historie vorgelegen zu haben, die
Wilh. Schmidt für Breu in Anspruch nimmt.
Es ist das Höhenbild mit der Eroberung der
Insel Rhodus durch die Königin Artemisia
in der Schleifsheimer Galerie (Nr. 164), dort
„Art des M. Gerung" genannt. Die zerstreute
Komposition, die untersetzten Reiterfigürchen,
die bauliche Staffage, Einzelheiten wie die
Lieblingsgeberde der flach ausgestreckten Hand
sprechen für die Ansicht Schmidt's. Ein Schlufs-
urtheil zu fällen, erscheint indefs kaum möglich
angesichts der weitgehenden, fast einer Er-
neuerung gleich kommenden Restauration des
Bildes, das, wenn von Breu, erst gegen die
Mitte der dreifsiger Jahre entstanden sein
könnte. In diese Zeit mufs den Trachten nach
auch die bereits erwähnte Berliner Federskizze
mit dem Bittgang der römischen Frauen zu
Coriolan hinabgerückt werden; da sie kein
Scheibenrifs, sondern —- nach einer Mittheilung
M. J. Friedländers — nur Kopie einer Zeichnung
oder eines Gemäldes von Breu ist, wäre es nicht
ausgeschlossen, dafs uns die Idee zu einem
vierten, verlorenen oder nicht ausgeführten
Geschichtsbilde Breu's in ihr aufbehalten ist.
Der Spätzeit des Künstlers entstammt end-
lich noch ein besonders schwer zu klassifiziren-
des Gemälde, Christus in der Vorhölle,
die Grabtafel der mit den Fugger's verschwäger-
ten Patrizierfamilie Meiting im Ostchore der
St. Annakirche zu Augsburg. Von den
Todesjahren dreier Familienmitglieder, die in
einer und derselben Schrift auf dem Sockel
des alten Rahmens verzeichnet sind (1498,
1534, 1533) würde das späteste 1534 einen
bequemen terminus a quo für die Datirung des
Bildes abgeben, wenn der Brauch, solche In-
schriften häufig erst nachträglich anzubringen,
nicht zur Vorsicht mahnte. Schon Förster
 
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