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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Schlie, Friedrich: Die eherne Fünte von St. Marien zu Rostock
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0091

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131

1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

132

Zwischen dem oberen und mittleren, und
zwischen diesem und dem unteren Inschrift-
bande befinden sich Reihen bildlicher Dar-
stellungen aus dem Leben Jesu mit halbrunden,
meist in Vorderansicht gestellten, schlanken,
gerade aufgerichteten Figuren, meistentheils
nur eine unter einem Kleeblatt-Bogen, deren
in jeder Reihe 16, also in beiden Reihen 32
vorhanden sind.

Die Szenen der unteren Reihe sind: Die
Verkündigung mit Gabriel und Maria, über
deren Haupte die Taube schwebt. — Die
Heimsuchung: Maria und Elisabeth sich um-
armend. — Die Geburt: Maria auf dem Lager,
das Christkind in der Krippe, dahinter die
Köpfe von Ochs und Esel, oben der Stern;
Joseph mit dem Spitzhute der Juden, den
Krückstock in der Hand. — Die Verkündi-
gung an die Hirten. Auf dem Spruchband des
Engels liest man die Worte: IN • PRICIO • E
(in principio erat).-—Der Kindermord: Herodes
mit der Krone, ein Krieger zerhaut ein Kind,
neben ihm ein weinendes Weib. ■— Die Flucht
nach Aegypten: Maria, das Kind im Arme,
sitzt auf einem Esel, diesen leitet Joseph, den
Spitzhut auf dem Kopfe und ein Bündel an
einem Stock über der Schulter tragend. —• Die
hl. drei Könige: Zwei Könige stehen, der dritte
kniet, sie bieten ihre Gaben, Maria sitzt und
hat das Kind auf dem Schoofs, über ihr der
Stern. — Die Darstellung im Tempel: Maria
und Simeon, letzterer hält mit den vom Ge-
wände umhüllten Händen das Kind, das zu-
gleich auf dem Altar steht.

Die obere Reihe bietet folgende Dar-
stellungen: Maria mit dem Kinde auf dem
Arm. — Dieselbe, den neben ihr stehenden
Jesusknaben an der Hand haltend, Jesus mit
dem Kreuznimbus, auch hier, wie fast immer
beim Gange zum Tempel, einen Korb in der
Hand tragend. Der Korb deutet die Opfer-
gaben an. — Die Versuchung: Der Satan zeigt
mit der Linken auf einen Steinhaufen, in der
Rechten ein Spruchband, worauf PARA ■
MICI • P (= para mihi panem), Jesus mit ab-
weisender Haltung. — Der Verrath des Judas:
Ein Jude, der am Spitzhut als solcher kennt-
lich ist, hat einen Beutel in der Rechten und
hält die Linke mit Geldstücken dem Judas
hin. — Die Gefangennahme: Judas küfst den
Herrn; von zwei Kriegsknechten trägt der eine
eine Keule, der andere eine Fackel und ein

Beil. — Die Verurtheilung: Pilatus, mit über-
einandergeschlagenen Beinen dasitzend, wäscht
sich die Hände, wozu ein Knabe neben ihm
Schüssel und Krug reicht; ein anderer zur
Seite flüstert dem Landpfleger die bekannte
Botschaft seiner Gattin zu. — Die Geifselung:
Jesus an der Martersäule zwischen zwei Kriegs-
knechten (dem zur Rechten fehlen die Hände).
— Die Kreuzigung: Jesus am Kreuz mit dem
bekannten Titulus über seinem Haupte, hier
allein ohne Nimbus, zwischen Maria und Jo-
hannes, alle drei in kleinerem Mafsstabe unter
einem Bogen. —Die Auferstehung: Jesus, mit
der Fahne in der Hand, steigt aus dem Grabe,
dessen gehobener Stein nach hinten zu sichtbar
ist. Unterhalb des Sarges sitzen zwei Krieger
in Kettenpanzern. — Das Noli me tangere:
Jesus, einen Spaten in der Linken haltend,
macht mit der Rechten eine abwehrende Be-
wegung gegen die knieende Maria Magdalena.
Der Deckel schliefst oben mit einem Knauf
ab, auf welchem eine Taube mit ausgebreiteten
Flügeln sitzt. Der Kopf freilich hat einen
Adlerschnabel, aber Schwanz und Leibesform
sind die der Taube. Am unteren Rande be-
finden sich vier Löwenköpfe mit Ringen im
Maul. Daran waren ehedem Seile oder Ketten
zum Heben des Deckels angebracht, da die Tauf-
brunnen nach kirchlichen Vorschriften unter
gutem, sicherem Verschlufs gehalten werden
sollen. Diese Köpfe unterbrechen wohl, aber
verdecken nichts von der untersten der drei
Inschriften, welche den Deckel umziehen.
Ueber jedem der Inschriftbänder befinden sich
Figurenreihen, die gruppenweise geordnet sind,
ohne dafs aber Baldachinbögen angebracht
wären, wie über denen des Kessels. Die
unterste dieser Figurenreihen beginnt mit der
Himmelfahrt: Christus schwebt in der Mitte
empor, in dem Berge unter ihm sieht man
seine Fufsstapfen (nach Zach. XIV. 4). Zu
jeder Seite sechs Jünger, und aufserdem links,
unmittelbar neben dem auffahrenden Heiland,
die Gestalt der Maria. Dem einen der Jünger
fehlt der Kopf. — Die Taufe: Jesus in der
Mitte, im Wasser stehend, das wie ein seinen
Leib fast ganz verdeckender Wellenberg aus-
sieht, zu seiner Rechten Johannes der Täufer,
ihm die rechte Hand auf das Haupt legend,
während er in der Linken das Gefäfs mit dem
Chrisam hält, dessen Deckel geöffnet ist. Hinter
ihm steht ein Engel mit einem Buch und
 
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