Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

DOI Artikel:
Schlie, Friedrich: Die eherne Fünte von St. Marien zu Rostock
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0092

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
133

1894. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

134

einer brennenden Taufkerze. Ein zweiter
Engel hält das Gewand des Heilandes, und
hinter diesem steht ein Diakon mit Rauchfals und
Weihrauchschiffchen.2) — Es folgen rechts vom
Beschauer hin vier Gruppen von je drei Hei-
ligen, die aber wegen fehlender Attribute nicht
näher zu bestimmen sind. Man sieht zuerst
drei gekrönte Frauen, welche Bücher in den
Händen halten. Dann drei Frauen ohne Kro-
nen, die mittlere hält eine runde Büchse (Maria
Magdalena?), die zwei anderen haben Bücher.
— Es folgen drei Bischöfe, von denen der in
der Mitte eine zugespitzte Mitra trägt, vielleicht
das alte päpstliche Phrygium, so dafs dieser
ein Papst sein könnte, während die anderen
eine niedrigere Mitra tragen. — Weiterhin ein
Bischof und ein Diakon, eine kleinere weib-
liche Heilige daneben gehört, dem Stil nach,
ursprünglich nicht hierher, sie wird ein späterer
Ersatz für eine ausgefallene Figur sein. — Die
mittlere zweite Reihe zeigt den Heiland mit
dem Kreuznimbus; er steht zwischen den thö-
richten und klugen Jungfrauen. Erstere halten
in ihren herabhängenden Händen den Stiel
halbkugelförmiger Lampen, die dem Boden
zugewandt sind, letztere tragen ihre Lampen
hoch erhoben und halten in der Linken ein
Buch. — In der obersten Reihe, unter der
den Deckel bekrönenden Taube, drei heilige
Frauen von denen die eine eine Krone trägt
und einen Kelch in der Hand hält.

Das Material der Fünte ist .helle Bronze.
Unten in der Mitte des Grundes ist das Loch
zum Ablassen des Wassers.—Wo die vorstehende
Beschreibung von der bei Lisch »Jahrb.« XXIX,
21C—244, abweicht, waren Gründe dazu vor-
handen. Zwischen Deckel und Kessel bemerkt
man stark in die Augen springende Unter-
schiede, theils in der Art der Verbindung
zwischen Figuren und Grundfläche, theils in
der Stilisirung der Figuren. Man möchte
daraus schlicfsen, dafs beide Theile nicht
ganz gleichzeitig, oder doch nicht von der-
selben Hand seien. Die Figuren des Deckels
sind für sich gegossen und nacher aufgeheftet,
die am Kessel aber sind von vornherein im
Modell und Guß mit dem Grunde verbunden.
Jene sind gröfser und im Ganzen auch freier'
und edler behandelt, letztere sind kleiner, ge-
drückter und auch weniger scharf ciselirt.

2) Ganz nach Arl der kirchlichen Weiheakte.

Immerhin werden beide Theile einer und der-
selben Werkstätte entstammen. Darauf läfst
auch die zusammenhängende Inschrift und die
durchgeführte Gleichartigkeit der Buchstaben
in ihr schliefsen. Auf dem oberen Rande des
Kessels sieht man Spuren von Ornamenten,
deren gröfserer Theil aber vom Deckel dem
Auge entzogen wird. Am Deckel ist der oberste
Inschriftenring aufgenietet, die beiden unteren
hängen mit dem Hauptkörper im Gufs zusammen.

Die Inschrift am Kessel lautet in der
oberen Reihe:

AVE * MARIA * GRACIA * PLENA
■x- DOMINVS * TECVM * BENEDICTA

* TVI * IN * MVLIERIBVS * ED * BE-
NEDICTES * FRCTVS * VENTRIS *
TVI * A *

in der Mitte:
SALVE * REGINA * MISERICORDIE

* VITA * DVLCEDO * ET * SPES * NO-
STRA * SALVE * ADTE * CLAMAVS *
EXVLES * FILII * EVE * ADTE *

unten:
SVSPIRAMVS * GEMENTES * ET *
FLENTES * IN * HAC * LACRIMARVM

* VALLE * EYA * ERGO * ATVOAT *
NOSTRA * ILLOS * TVOS * MIS *

Fortsetzung in der unteren Reihe des
Deckels, zunächst mit Zwischenschiebung des
Datums der Herstellung der Fünte:

ANNO * DU * M * CC -x-NOVOGESI-
MO * IN * FESTO * PACE * PREPARA-
TVM * FVIT * BAPTISMVM * IN * ROZ-
STOK *OCVLOS *ADNOS *CONVERTE

* ET * IHESVM *

in der Mitte des Deckels:
BENEDICTVM * FRVCTVM * VEN-
TRIS *TVI »NOBIS *POST *HOC *EX *

oben:
OSTENE * O CLEMENS *

In der oberen Reihe wäre für das erste falsche
tili tu zu setzen, ferner et statt ed, fruetus statt fretus.
A = Amen.

In der zweiten Reihe pflegt sonst auf misericordiat
das Wort mater noch zu folgen, mite = ad te, cia-
maus = clamamus wieder ad te statt adte.

In der dritten Reihe: advocata statt atvoat. mis
(ericordes) mit oculos in der unteren Reihe des Deckels
zu verbinden, dann weiter zu lesen.

In der unteren Reihe des Deckels novogesimo statt
nonagesimo. pace statt Pasrhae (2. April 1290)
adnos statt ad nos.

In der Mitte: ex = exilium.

Oben: ostene = ostende, o clemens (o pia, o
dulcis virgo MariaJ.

Schwerin. Friedrich Schlie.
 
Annotationen