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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Czihak, Eugen von: Die kirchliche Kunst auf der Ausstellung von Geräthen und Gefäßen aus Edelmetall zu Königsberg, 1894
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0098

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145

1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

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gerichtet und sind erst später auf Fufsgestellen
montirt worden, die dann oft auch spätere
(Renaissance-) Formen zeigen. Bei weitem das
bemerkenswertheste und künstlerisch vollen-
detste Stück ist das Pacificale des Frauen-
burger Doms, das die Wappen des Bisthums
Ermland und des Bi-
schofs Lukas Watzel-
rode (1489 bis 1512)
trägt (vgl. Fig. 2). Die
kreisförmige Mittel-
scheibe, unter der sich
die Kreuzpartikel be-
findet, ist mit einem
durchbrochen gearbei-
teten Wulstrand um-
geben ; der Saum wird
durch vier gröfsere
Kreisbogenfelder ge-
bildet, in derenZwickel
vier kleinere Bogen-
felder eingesetzt sind;
alle Felder sind mit
herrlich gearbeitetem,
etwas krausem Laub-
werk und Halbedel-
steinen verziert. In
derselbenWeise ist der
geschweifte, unregel-
mäfsigsechseckigeFufs
mit der Fufsplatte ge-
schmückt; er zeigt das
technischeKönnen des
ausgehendenXV.Jahr-
hunderts in höchster
Vollendung.DerSockel
unter der Fufsplatte
ist mit einer Galerie
im Fischblasenmuster
durchbrochen und be-
sitzt besonders pro-

filirte, vortretende
Standreifen. Der No-
dus ist in der Weise Fig' 2' P;,cificaIe im

der Zeit als Architekturstück aus gekuppelten
Maafswerkfenstern, Strebepfeilern mit Kielbogen
und Fischblasenmuster, gebildet. Die Rückseite
zeigt die üblichen Gravirungen: den CrucifixMs
und die Evangelistensymbole. Mit einem ähn-
lichen Reliquiar aus etwas späterer Zeit war
Braunsberg vertreten; während dessen oberer
Theil dem Frauenburger Pacificale in der Schön-

heit der durchbrochenen Arbeit nahe steht
und noch spätgothische Anklänge zeigt, ist der
Schaft und Fufs in sehr reinen, edlen Re-
naissanceformen vom Ende des XVI. Jahrh.
gearbeitet; insbesondere ist die Treibarbeit des
Ornaments hervorzuheben. Ein Scheibenreli-
quiar in gothischen
Formen mit durchbro-
chenem Laubwerk auf
einem Balusterfufs des
XVII. Jahrh. stammte
von Wormditt.

Den Reliquiaren zu-
zuzählen ist derUnter-
satz für die goldene
Statue des hl. Andreas
aus der Domkirche zu
Frauenburg. Wenn
auch das Stück seiner

Zeitstellung nach
eigentlich aus dem
Rahmen dieser Be-
sprechung heraustritt,
so kann ich mir doch
nicht versagen, ihm
einige Worte zu wid-
men. Die Statue ist ein
Geschenk des Fürst-
bischofs Johann Albert
(1621 bis 1633), Sohn
des Königs Sigismund
von Polen. Die Statue
selbst besitzt zwar
einen hohen materiel-
len, aber einen ziem-
lich geringen künst-
lerischen Werth; die
Haltung ist theatra-
lisch; Züge und Kopf-
bedeckung haben
etwas Sarmatisches.
Der Untersatz da-
gegen, aus schwarzem
Dom zu Fmuenburg. Ebenholz gefertigt und

Reliquien enthaltend, ist in sehr bemerkens-
werther Weise durch aufgelegte goldene Orna-
mente und Zierbeschläge, ferner durch Kameen
in reicher Fassung geschmückt. Die sehr elegant
gearbeiteten Zierbeschläge sind mit vielfarbigem
Email in wirkungsvoller Weise belebt; das
Ganze ist ein Kabinetstück, technisch voll-
endet, aber an dieser Stelle im Mafsstab ganz
 
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