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1894. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.
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Damit sich die Felder des Schreines
in den Arkaden dicht verschlossen
zeigen konnten, sind die betreffenden
Profilirungen streng für diesen Zweck
gemäfs gebildet, sowohl an den Säul-
chen als auch überhaupt an den Ar-
kaden, wie auch an dem Portale des
Mittelfeldes. Die Säulchen der Bogen-
stellungen z. B. sind deshalb nur Drei-
viertelsäulen mit ebener Fläche an
der Rückseite. Die Säulchen haben die
derUebergangszeit entsprechenden
Knollenkapitälchen, und die Basen
zeigen nur einen Pfühl und eine hohe
Hohlkehle, welche letztere sich der
quad ratisch gebildeten Form des Sockels
anschliefst. Zur feineren Belebung des
Sockels hat der letztere eine flach-
giebelförmige Erhöhung seiner vier
Seiten und eine zweimalige horizon-
tale Einkerbung seiner Aufsenfläche,
wodurch sich der sonst fast kubisch
(würfelförmig) erscheinende Sockel in
drei Theile (Platten) zerlegt, so zwar,
dafs der mittlere Theil etwas höher
als die beiden anderen Theile erscheint,
wodurch eine angenehme rhythmische
Belebung der drei Sockelplatten er-
reicht ist. So macht sich im Kleinen
wie im Grofsen überall rhythmische
Feinheit bemerkbar. Die zierlichen
Säulenschäfte haben die der Ueber-
gangszeit angehörenden Bänder, welche
in der Hälfte der Säulenhöhe die
letzteren umschlingen. — Die in den
beiden Geschossen der Arkaden in ver-
schiedenartiger Form (Dreipafs und
Vierpafs) gehaltene Belebung der in-
neren Kanten der maurischen, hufeisen-
förmigen, von den zier-
lichen Säulchen getragenen
Bögen ist überraschend
schön zu nennen. Die klei- __
nen Kleeblattpässe in den -------
sehr kleinen Bogenzwickeln ~~— —
sind hier auf der zierlichen,
vertieft gehaltenen Form
natürlich durch schwarze_________
Bemalung wirksam gemacht;________
man würde sie ohne eine___________
solche Markirung wohl
kaum erkennen. Abbild. 3.
)
An sämmtlichen ganzen und halben
Giebeln wie am Dachfirste sind
deren Kanten mit freistehendem, reich
mit Laubwerk in die Luft hinein-
ragenden Zierbrettchen versehen, ähn-
lich wie solche bei den norwegischen
Holzkirchen des XH/nnd XHI.Jahrh.
vorkommen, nur mit dem Unterschiede,
dafs die an Giebeln und Traufen der
norwegischen Kirchen angebrachten
Zierbretter ursprünglich schützenden,
den Regen vom Hause abwehrenden
Zweck haben, während sie hier nur de-
korativen Zweck von Haus aus haben.
— Dasjenige Zierbrett des horizon-
talen Abschlusses am Firste des Loc-
cumer Schreines scheint, seiner Blätter-
gestaltung nach zu urtheilen, etwa
hundert Jahre ( ? 1350) später dem
Schreine noch als besondere Zierde
geschenkt zu sein; vielleicht ist das
ursprüngliche Firstbrett durch einen
Unfall zerstört, und 1350 neu im Sinne
dieser Erneuerungszeit hergestellt wor-
den; allen seinen Formen nach steht
es der übrigen Ornamentation ganz
fremd gegenüber. (Abbild. 2.)
Dieser Reliquienschrein enthielt
offenbar viele im Laufe der Zeit ge-
sammelte Reliquien, welche an Fest-
tagen sichtbar gemacht wurden, wie
die Einrichtung des Schreines deutlich
erkennen läfst. Ueber den Arkaden-
wänden beider Längenfelder (also
nicht Giebelfelder) befinden sich noch
die Hespen, an welchen die Bretter-
wände der Arkaden hingen, welche
letztere man nach Belieben aufheben
oder schliefsen konnte, so dafs die im
Schreine verwahrten
Schätze sichtbar oder
unsichtbar' gemacht
_______ werden konnten. Der
------------- mechanische Apparat
--------—----- dazu ist ziemlich ver-
wickelt, so dafs wir
hier denselben zu be-
.___________ schreiben übergehen.
----------------— Dafs in dem Mittel-
kall <}es Schreines,
welcher an der Vor-
Finnkirtl.Urmbi.en. derseite das Portal
1894. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.
328
Damit sich die Felder des Schreines
in den Arkaden dicht verschlossen
zeigen konnten, sind die betreffenden
Profilirungen streng für diesen Zweck
gemäfs gebildet, sowohl an den Säul-
chen als auch überhaupt an den Ar-
kaden, wie auch an dem Portale des
Mittelfeldes. Die Säulchen der Bogen-
stellungen z. B. sind deshalb nur Drei-
viertelsäulen mit ebener Fläche an
der Rückseite. Die Säulchen haben die
derUebergangszeit entsprechenden
Knollenkapitälchen, und die Basen
zeigen nur einen Pfühl und eine hohe
Hohlkehle, welche letztere sich der
quad ratisch gebildeten Form des Sockels
anschliefst. Zur feineren Belebung des
Sockels hat der letztere eine flach-
giebelförmige Erhöhung seiner vier
Seiten und eine zweimalige horizon-
tale Einkerbung seiner Aufsenfläche,
wodurch sich der sonst fast kubisch
(würfelförmig) erscheinende Sockel in
drei Theile (Platten) zerlegt, so zwar,
dafs der mittlere Theil etwas höher
als die beiden anderen Theile erscheint,
wodurch eine angenehme rhythmische
Belebung der drei Sockelplatten er-
reicht ist. So macht sich im Kleinen
wie im Grofsen überall rhythmische
Feinheit bemerkbar. Die zierlichen
Säulenschäfte haben die der Ueber-
gangszeit angehörenden Bänder, welche
in der Hälfte der Säulenhöhe die
letzteren umschlingen. — Die in den
beiden Geschossen der Arkaden in ver-
schiedenartiger Form (Dreipafs und
Vierpafs) gehaltene Belebung der in-
neren Kanten der maurischen, hufeisen-
förmigen, von den zier-
lichen Säulchen getragenen
Bögen ist überraschend
schön zu nennen. Die klei- __
nen Kleeblattpässe in den -------
sehr kleinen Bogenzwickeln ~~— —
sind hier auf der zierlichen,
vertieft gehaltenen Form
natürlich durch schwarze_________
Bemalung wirksam gemacht;________
man würde sie ohne eine___________
solche Markirung wohl
kaum erkennen. Abbild. 3.
)
An sämmtlichen ganzen und halben
Giebeln wie am Dachfirste sind
deren Kanten mit freistehendem, reich
mit Laubwerk in die Luft hinein-
ragenden Zierbrettchen versehen, ähn-
lich wie solche bei den norwegischen
Holzkirchen des XH/nnd XHI.Jahrh.
vorkommen, nur mit dem Unterschiede,
dafs die an Giebeln und Traufen der
norwegischen Kirchen angebrachten
Zierbretter ursprünglich schützenden,
den Regen vom Hause abwehrenden
Zweck haben, während sie hier nur de-
korativen Zweck von Haus aus haben.
— Dasjenige Zierbrett des horizon-
talen Abschlusses am Firste des Loc-
cumer Schreines scheint, seiner Blätter-
gestaltung nach zu urtheilen, etwa
hundert Jahre ( ? 1350) später dem
Schreine noch als besondere Zierde
geschenkt zu sein; vielleicht ist das
ursprüngliche Firstbrett durch einen
Unfall zerstört, und 1350 neu im Sinne
dieser Erneuerungszeit hergestellt wor-
den; allen seinen Formen nach steht
es der übrigen Ornamentation ganz
fremd gegenüber. (Abbild. 2.)
Dieser Reliquienschrein enthielt
offenbar viele im Laufe der Zeit ge-
sammelte Reliquien, welche an Fest-
tagen sichtbar gemacht wurden, wie
die Einrichtung des Schreines deutlich
erkennen läfst. Ueber den Arkaden-
wänden beider Längenfelder (also
nicht Giebelfelder) befinden sich noch
die Hespen, an welchen die Bretter-
wände der Arkaden hingen, welche
letztere man nach Belieben aufheben
oder schliefsen konnte, so dafs die im
Schreine verwahrten
Schätze sichtbar oder
unsichtbar' gemacht
_______ werden konnten. Der
------------- mechanische Apparat
--------—----- dazu ist ziemlich ver-
wickelt, so dafs wir
hier denselben zu be-
.___________ schreiben übergehen.
----------------— Dafs in dem Mittel-
kall <}es Schreines,
welcher an der Vor-
Finnkirtl.Urmbi.en. derseite das Portal