Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

DOI Artikel:
Justi, Carl: Die Goldschmiedfamilie der Arphe, [2]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0216

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
337

1894. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

33S

Aufser Antonio war noch Juan Ruiz aus
Cordoba, genannt el Vandolino (der Andalusier),
aus des alten Enrique Schule hervorgegangen.
Er war der erste, der das Silber auf der Dreh-
bank [al torno) bearbeiten lehrte. Von ihm ist
die Custodie von Jaen (1533), mit sechs Ge-
schossen. Joan d'Arphe sagt, dafs er ganz Anda-
lusien die gute Technik {labrar bien) gelehrt
habe. Neben den Arphe tritt in dieser Zeit die
Goldschmiedfamilie der Becerril auf, Alonso und
sein Bruder Francisco
und dessen Sohn Christo-
bal. Im Hause des Alonso
entstand die Custodie
von Cuenca. Sie wurde
1528 begonnen, also
zwölf Jahre vor Antonio
d'Arphe's Anfängen, und
ist zum ersten Mal 1546
in Prozession erschienen,
aber erst 1573 unter dem
Kardinal Quiroga voll-
endet worden. Diese
Daten berechtigen zu der
Frage, ob nicht die An-
wendung der neuen For-
men von mehreren Punk-
ten aus begonnen hat.
Ihr Aufrifs schlofs sich,
nach der Beschreibung
des Reisenden Ponz,
ebenso wie die der klei-
neren, aber künstlerisch
vielleicht noch feineren
von Alarcon (ebenfalls
zerstört), mehr als die
sonst bekannten an den
Typus des gothischen Glockenthurms an: vier-
eckige Untergeschosse mit achtseitigem Aufsatz
und kuppelartigem Abschlufs (cascaron). Sie
kostete 16725V2 Dukaten und enthielt 616 Mark
Silber.

Im ersten Tempel sah man unter einem
Baldachin das letzte Abendmahl des Herrn;
die Basis dieses Bildwerks enthielt Sibyllen- und
Prophetenfiguren in den Ecken, in der Mitte
Passionsgruppen. Der zweite Tempel umschlofs
ein Ciborium auf vier Balustersäulen zur Auf-
stellung des aus emaillirtem Gold gearbeiteten
Ostensoriums, getragen von vier Figuren und
verehrt von vier Engeln. Dieses Ciborium war
umgeben von vier kleinen Kapellen mit den

Abbild

Statuetten des Täufers, der hl. Elisabeth, des
David und Paulus, sie vertraten hier die vier
Eckpfeiler des Tempels. Im dritten Geschofs
stand eine achtsäulige aedicula mit dem Grab
des Herrn, der Wache und den drei Frauen,
denen der Engel die Osterbotschaft verkündet;
ganz oben, auf einer Art Ära, erhob sich der
Auferstandene in goldenem Mantel.

Die Ornamentik war den prachtvollen Bau-
werken jener Zeit entlehnt, deren etwas über-
ladener Stil sich an die
Namen der Diego de
Siloe, Riaiio und Ber-
ruguete knüpft. Baluster-
säulen, Karyatiden und
Hermen (termini); reiche
Pilasterfüllungen; Kan-
delaber, Medaillons mit
Büsten, Masken; auch
Sirenen, Drachen und
Satyre fehlen nicht, denn
das groteske Element
war durch die bei der
Prozession dem Spanier
unentbehrlichen phan-
tastischen Figuren ge-
wissermafsen sanktionirt.
DieArchitektur erscheint
als Umrahmung plasti-
scher Gruppen; der von
der Gothik überlieferte
Reichthum von Statuet-
ten fand Verwendung in
Bogenzwickeln und über
Bogenscheiteln auf Ge-
simsen, vor und zwischen
den Säulenstellungen;
auf den so beliebten Voluten. Das Relief war
für den Sockel bestimmt.

In der Folge wurden jene angeblich in-
korrekten Zierformen ausgeschieden; der bild-
liche Schmuck aber auf ein System gebracht,
das natürlich auf der Ueberlieferung fufste und
manche Motive den bilderreichen Prozessionen
entnahm. Ein solches stellte der gelehrte, auch in
der lateinischen Verskunst gewandte Kanonikus
Francisco Pacheco in Sevilla auf, als der dritte
der Arphe dort die grofse Custodie übernahm,
Joan d'Arphe.
Dieser Enkel des Enrique, geb. 1535 zu Leon,
schreibt sich Arphe y Villafane, wahrscheinlich
nach dem Namen seiner Mutter. Er wohnte in
 
Annotationen