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Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

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Beissel, Stephan: Rosenkranzbilder aus der Zeit um 1500
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https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0036

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1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 2.

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bilde des Katharinenklosters, das um 1496 ent-
stand, umgeben drei Rosenkränze die Gottes-
mutter, welche knieend ihr göttliches Kind
anbetet; der innere Kranz ist aus blauen Korn-
blumen, der zweite aus Rosen, der dritte aus
Sternen zusammengesetzt und zwar aus je
5 • 10 kleineren und 5 gröfseren. Unten pre-
digt ein Dominikaner vor den knieenden Ver-
tretern der Christenheit (Kaiser, Papst u. s. w.)
über den Rosenkranz.

Esser Ord. Praed. hat im »Katholik« 77. Jahr-
gang (1897) 3. Folge Bd. XV, 2, S. 34 f. nach-
gewiesen, dafs erst der Karthäuser Dominikus
der Preufse (Prutenus f 1461) begann, mit den
50 Ave die Betrachtung von ebensovielen Ge-
heimnissen des Lebens Christi zu vereinen, und
dafs sein Prior Adolph von Essen (f 1439) mit
ihm diese Gebetsart verbreitete. Sie liefsen
aber in der Auswahl dieser 50 Geheimnisse so
grofse Freiheit, dafs sie selbst in der Bestim-
mung derselben im Einzelnen nicht überein-
kamen (vgl. a. a. O. S. 413 f. und 526). In
der von Veit Stofs um 1500 geschnitzten
Rosenkranztafel, die aus der Landauer-Brüder-
hauskapelle ins Germanische Museum zu Nürn-
berg kam (vgl. Abbild. 1, eine unvollkommene
Abbild, bei v. Rettberg »Nürnbergs Künstler-
leben« Fig. 44) war der Rahmen ursprünglich
mit 30 kleinen Relieftafeln gefüllt. 6 sind ins
Berliner Museum gelangt, an deren Stelle jetzt,
wie unsere Abbildung zeigt, die Brustbilder von
12 Nothhelfern eingefügt wurden. 6 Tafeln
bezogen sich auf Ereignisse des Alten Bundes
(Erschaffung der Eva, Sündenfall, Vertreibung aus
dem Paradiese, Brudermord, Opfer Abrahams
und Gesetzgebung auf Sinai), 7 weitere auf das
Jugendleben Marias und Christi (Begegnung
unter der goldenen Pforte, Opferung Marias,
Verkündigung, Heimsuchung, Geburt, Anbetung
der Könige, Opferung Christi). Es folgte die
Leidensgeschichte, beginnend mit dem Einzug
in Jerusalem und dem letzten Abendmahle, in
12 Szenen, dann in 4 Szenen die Auferstehung
und die Erscheinung Christi bei seiner Mutter,
die Himmelfahrt und die Sendung des Hei-
ligen Geistes. Eine Szene ist verloren, wohl
Marias Krönung. Dagegen ist die Wieder-
kunft Christi beim Gerichte unten breit ge-
schildert. Rechnet man sie zu den Szenen
des Randes hinzu, zieht man die alttestament-
lichen Szenen ab, so bleiben 25 Geheimnisse,
d. h. die Hälfte jener 50 von den Karthäusern

empfohlenen, die ja nicht allesammt gegeben
werden konnten.

Wie mein gelehrter Freund Kneller in den
»Stimmen aus Maria Laach« LIV (1898) 346 f.
nachgewiesen hat, war aber um 1500 zu Nürn-
berg, Leipzig und Mainz noch eine zweite Weise,
den Rosenkranz zu beten, eingebürgert, die viel-
leicht von den Dominikanern mehr gefördert
wurde. Bei den 5 Vater unsern erinnerte man
sich an die 5 Blutvergiefsungen Christi (im
Oelgarten, bei der Geifselung, Dornenkrönung,
Kreuztragung und Kreuzigung) bei den Ave an
5 Geheimnisse: die Verkündigung, Heimsuchung,
die Geburt Christi, das Wiederfinden des Herrn
im Tempel und an dessen Himmelfahrt oder
an die Aufnahme Marias in den Himmel. Wegen
dieser zweiten Art des Rosenkranzgebetes finden
wir in manchen Rosenkranzbildern in den 5
grofsen Rosen die fünf Wunden des Herrn
dargestellt, so z. B. in den von Schreiber
»Manuel de l'amateur de la gravure« (Berlin,
Cohn, 1891) unter n. 1012, 1012b, 1136 be-
schriebenen Holzschnitten aus der Zeit um
1500.2) Auch in Abbild. 2, die ich der Güte
des Herrn Dr. Richard Haupt verdanke, waren
wie in dessen »Bau- und Kunstdenkmälern
der Provinz Schleswig-Holstein« II, 324 ange-
deutet ist, im Rosenkranz die 5 Wunden dar-
gestellt. Jetzt sind nur mehr drei erhalten.
Die Krone Marias und die Palme, welche sie
hält, stammen von einer Restauration des Jahres
1693. Im Altarschrein zu Gettdorf (»Kunst-
denkmäler der Provinz Schleswig-Holstein« I
Fig. 249) umgeben den Rosenkranz die Symbole
der Evangelisten und halten Engel Schilde,
worin die Wunden in Christi Füfsen, Händen
und Herz gemalt sind. Schleswig-Holstein war
ehedem reich an Rosenkranzaltären; zerstört sind
diejenigen von St. Marien in Flensburg, Heide,
Hussum, Schleswig (Dom) und Wonsbeck. Reste
blieben erhalten zu Aastrup und Aventoft.
Münzenberger hat in seinem »Altarwerk« I,
Tafel 30 eine ähnliche Darstellung des Rosen-
kranzes mit den fünf Wunden aus Lübeck
veröffentlicht. Schlie bietet in den schönen
»Kunst- und Geschichtsdenkmälern des Grofs-
herzogthums Mecklenburg-Schwerin« III, S. 458
die Abbildung des Schreines zu Neukloster,
der auch hierhin gehört; einen andern beschrei-

2) Schreiber beschreibt n. 1131 und 1132 zwei
Kosenkranzbilder aus der Zeit um 1480 mit nur 33
Blumen.
 
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