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1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.
198
geschuppten Adlern gezierte Platte, neben der
kräftige viereckige, seitlich abgeplattete Pilaster
hochgehen, die das Ganze als Nachahmung der
Holzarchitektur charakterisieren. Die Seiten-
winde, gleichfalls von kräftigem Balkenwerk um-
rahmt, sind glatt; sie tragen nur die Inschrift des
Stifters: Vrso prae-
ceptor Roumaldus
ad haec fuit actor.
Eine zweite In-
schrift auf dem in-
neren Rand der
Balken (vrgl. Schulz
I. c I 58) enthält
den Segensspruch
für dieheilige Stätte.
Pinienartige Knäu-
fe krönen die vier
Ecken und das
steile Dreieck der
Rückwand. Leider
ist der Schemel
nicht erhalten/')
Der Nachfolger
Ursos in Canosa
und Bari war jener
Elia, unter dem
der Leichnam des
hl. Nicolaus aus
Myra in Bari beige-
setzt wurde. Die
das heilige »Manna«
ausströmenden
Gebeine, zu denen
noch heute am 8.
Mai ungezählte Pil-
gerschaaren strö-
men, wurden pro-
visorisch unterge-
bracht, der Bau
eines neuen Heilig-
thums wurde eifrig
betrieben undschon
zwölf Jahre nach
der Translatio, 1099,
Kreuzzugs, konnte Bischof Elia den Papst Ur-
ban II. nach Bari laden, um wenigstens die
(i) Heute liegt der kostbare Stuhl auseinanderge-
nommen und in jeder Weise gefährdet in der oberen
Sakristei. Aber auch der l'latz, den er vorher Jahr-
hunderte lang einnahm, an dem einen Vierungspfeiler,
war nicht der ursprüngliche, als der vielmehr die Mitte
des Apsis anzusehen ist.
Krypta von San Niecola einzuweihen. Um ihn
würdig zu »setzen«, hatte Elia bei einheimi-
schen Werkleuten einen Bischofsstuhl nach
dem Muster des in Canosa stehenden be-
stellt - eine sedia, von deren Pracht der
Anonymus der Bareser Chronik (Muratori
SS RR Ital V155)
in Ausdrücken wie
»mirificam sedem«
stammelt. Wir sind
so glücklich, diese
cathedra noch zu
besitzen. Sie trau-
ert zwar heute ein-
sam im Tesoro der
Kirche, ist aber
hier wenigstens ge-
gen Muthwillen und
Verstümmelung
geschützt.7) Nicht
Thiere, sondern
Menschen, Sklaven
sind es hier, welche
den Sitz stützen.
Drei Knechte, halb-
nackt, tragen auf
Arm und Schulter
den schweren Stein;
die gebeugte Stel-
lung und der fast
klagende Gesichts-
ausdruck, dieKeule,
auf die der mittlere
Abb. 1. Biscbofisluhl in San Niecola, Hari.
im Jahre des ersten
Knecht sich stützt, verrathen die Schwere des
Dienstes. Auf der Rückseite tragen zwei
Säulen den Sessel. Zwischen ihnen kauert
ein Fabelthier, halb Löwe, halb Bär, das
einen Menschen als Beute (nach 1. Petri V, 5)
") Abbildung bei S c huiz, Lichtdruck im Turin«
Katalog -.Nella terra di liari. 180H p. 18, l'hot.
Iloscioni 5484.
1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.
198
geschuppten Adlern gezierte Platte, neben der
kräftige viereckige, seitlich abgeplattete Pilaster
hochgehen, die das Ganze als Nachahmung der
Holzarchitektur charakterisieren. Die Seiten-
winde, gleichfalls von kräftigem Balkenwerk um-
rahmt, sind glatt; sie tragen nur die Inschrift des
Stifters: Vrso prae-
ceptor Roumaldus
ad haec fuit actor.
Eine zweite In-
schrift auf dem in-
neren Rand der
Balken (vrgl. Schulz
I. c I 58) enthält
den Segensspruch
für dieheilige Stätte.
Pinienartige Knäu-
fe krönen die vier
Ecken und das
steile Dreieck der
Rückwand. Leider
ist der Schemel
nicht erhalten/')
Der Nachfolger
Ursos in Canosa
und Bari war jener
Elia, unter dem
der Leichnam des
hl. Nicolaus aus
Myra in Bari beige-
setzt wurde. Die
das heilige »Manna«
ausströmenden
Gebeine, zu denen
noch heute am 8.
Mai ungezählte Pil-
gerschaaren strö-
men, wurden pro-
visorisch unterge-
bracht, der Bau
eines neuen Heilig-
thums wurde eifrig
betrieben undschon
zwölf Jahre nach
der Translatio, 1099,
Kreuzzugs, konnte Bischof Elia den Papst Ur-
ban II. nach Bari laden, um wenigstens die
(i) Heute liegt der kostbare Stuhl auseinanderge-
nommen und in jeder Weise gefährdet in der oberen
Sakristei. Aber auch der l'latz, den er vorher Jahr-
hunderte lang einnahm, an dem einen Vierungspfeiler,
war nicht der ursprüngliche, als der vielmehr die Mitte
des Apsis anzusehen ist.
Krypta von San Niecola einzuweihen. Um ihn
würdig zu »setzen«, hatte Elia bei einheimi-
schen Werkleuten einen Bischofsstuhl nach
dem Muster des in Canosa stehenden be-
stellt - eine sedia, von deren Pracht der
Anonymus der Bareser Chronik (Muratori
SS RR Ital V155)
in Ausdrücken wie
»mirificam sedem«
stammelt. Wir sind
so glücklich, diese
cathedra noch zu
besitzen. Sie trau-
ert zwar heute ein-
sam im Tesoro der
Kirche, ist aber
hier wenigstens ge-
gen Muthwillen und
Verstümmelung
geschützt.7) Nicht
Thiere, sondern
Menschen, Sklaven
sind es hier, welche
den Sitz stützen.
Drei Knechte, halb-
nackt, tragen auf
Arm und Schulter
den schweren Stein;
die gebeugte Stel-
lung und der fast
klagende Gesichts-
ausdruck, dieKeule,
auf die der mittlere
Abb. 1. Biscbofisluhl in San Niecola, Hari.
im Jahre des ersten
Knecht sich stützt, verrathen die Schwere des
Dienstes. Auf der Rückseite tragen zwei
Säulen den Sessel. Zwischen ihnen kauert
ein Fabelthier, halb Löwe, halb Bär, das
einen Menschen als Beute (nach 1. Petri V, 5)
") Abbildung bei S c huiz, Lichtdruck im Turin«
Katalog -.Nella terra di liari. 180H p. 18, l'hot.
Iloscioni 5484.