Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

DOI Artikel:
Neuss, Wilhelm: Ikonographische Studien zu den Kölner Werken der altchristlichen Kunst, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4343#0027

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 2____________ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST._____________17

IKONOGRAPHISCHE STUDIEN

ZU DEN KÖLNER WERKEN DER ALT-
CHRISTLICHEN KUNST.

2. Die blaue Schale aus Müngersdorf.
(Mit 3 Abbildungen.)

Hat schon das Glas aus der Sammlung Herstatt sich nicht ohne starke, über
Gallien vermittelte orientalische Einflüsse erklären lassen, so sind diese fast
noch deutlicher in einem einzigartigen Werke, das erst im Jahre 1907 in
Müngersdorf vor den Toren Kölns bei Ausschachtungsarbeiten zutage getreten
und zum Glück dem Museum Wallraf-Richartz übergeben worden ist. Der
Skelettsarkophag, in dem es sich fand, lag vereinzelt nach Norden seitwärts der
Aachener Straße und weiter nach Westen von Köln entfernt, als der bisher bekannte
Gräberbezirk dieser Straße reicht. Poppelreuter hat dem Glase in dieser Zeit-
schrift 21 (1908) Sp. 67 ff. eine sehr wertvolle Untersuchung gewidmet1. Mit
Recht hat er betont, daß es durch Form, Glasmasse, Farbe und die Kreisrillen-
verzierung sich vollkommen in den Kreis der Kölner Fabrikate einfüge, aber
auch, daß es in seiner Verzierung, vor allem den alles überziehenden, im eigent-
lichen Flächenstil empfundenen Ornamenten, deutlich von orientalischer Flächen-
kunst abhängig sei. Weniger glücklich scheint er mir in der Datierung zu sein.
Ich möchte auch in diesem Falle die Würdigung der ikonographischen Eigentüm-
lichkeiten der Untersuchung der andern Umstände voranschicken, um zu sichern
Ergebnissen zu gelangen.

Das Glas, das nach Poppelreuters ansprechender Bezeichnung die Form einer
Kürbisschale hat, zeigt innerhalb seiner neun Kreise ebenso viele Bilder: in dem
mittleren, das die Bodenfläche bezeichnet, die Auswerfung des Jonas, in den
vier großen Kreisen der aufsteigenden Fläche die Ausspeiung und Ruhe des Jonas,
Noe in der Arche, das Quellwunder und Daniel in der Löwengrube, in den Kreisen
der vier Zwickel vier Köpfe, in denen Poppelreuter die Porträts eines Mannes
und seiner Frau sowie eines Knaben und eines Mädchens erblickt. Ditges sah
vier Knabenköpfe. Ich habe auch nie einen weiblichen Kopf feststellen können;
sicher zeigt dagegen einen erwachsenen Mann das Rundbild unten rechts.
Leider ist das Glas zur Stunde nicht zugänglich, eine nochmalige Nachprüfung
war daher nicht möglich. Die ganze Zeichnung ist nur als Mattierung auf dem
Glase zu entdecken. Mit Recht vermutet Poppelreuter, sie sei nur die Spur auf-
gebrannter Emailfarben, die durch die Einflüsse des Alters und unvorsichtiges
Waschen nach dem Auffinden zugrunde gegangen seien.

Darstellungen und Dekoration bieten gleichmäßig viel Eigenartiges. Wenden
wir uns zunächst den einzelnen Bildern zu. In der Auswerfung des Jonas fällt

1 Die erste, wenn auch nicht in allem richtige Beschreibung gab Pfarrer A. Ditges im
Kölner Pastoralblatt 1907 8. Heft (August) und gleichlautend im Kölner Lokalanzeiger
1907 Nr. 233 (26. Aug.). Ditges läßt die Bilder „eingeschliffen" und dazu sogar das Glas
aus der Klasse der „Goldgläser" sein, wie sie in Rom und auch in Köln gegen das IV. Jahr-
hundert häufiger vorkommen. Der unverkennbar bekleidete Daniel erscheint ihm „in der
gewohnten Weise nackt".
 
Annotationen