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Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

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Creutz, Max: Ausgrabungen in Dixmuiden, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4343#0078

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Nr. 5

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

65

AUSGRABUNGEN IN DIXMUIDEN

Die Stadt ist
Nikolauskirche,

Abb. 1. Mönch.

h. 35 cm, br. 6o cm.

(Mit Tafel IV und 7 Abbildungen.)

Seit Beginn der Kämpfe an der Yser liegt Dixmuiden, der Eckpfeiler unserer
Stellung im Westen, unter schwerem, feindlichen Feuer,
allmählich in sich zusammengesunken. Besonders die St.
eines der schönsten gotischen Bauwerke Flan-
derns, hat schwer gelitten, von ihr stehen nur
noch Reste der Umfassungsmauern, vielfach
durchlöchert und von Rissen zerfurcht, ein Rest
des mächtigen Turmes, der auch im jetzigen
Zustande die alte Größe nicht verleugnet. Ein
riesiges Trümmerfeld von Schutt und Steinen
füllt das Innere, und dort, wo seine Höhe bis
zu vier Meter anschwillt, liegt der alte herrliche
Lettner verschüttet unter einem Berg von Ziegel-
steinen, die von zwei großen Pfeilern der Vierung herrühren. Die Wirkung des
sinnlosen feindlichen Bombardements war so stark, daß diese Pfeiler fast bis
zum Sockel abgekappt wurden, und die Vorstellung, daß an dieser Stelle eins der
herrlichsten Kunstdenkmäler aufgebaut war, ist schlechterdings unmöglich.

Für die Aufdeckung und Ausgrabung der Überreste des Lettners standen
zehn Mann zur Verfügung, die neben ihrem schweren Dienst im Schützengraben,
in mehrmonatlicher Tätigkeit die schwierige Arbeit mit solchem Eifer förderten,
daß das Ergebnis ungleich erfreulicher war, als von vornherein angenommen
werden konnte.

Die Erdbewegung setzte vom linken Vierungspfeiler des Chores radial in der
Art von Schützengräben von Osten nach Westen ein, so daß in Deckung gearbeitet
werden konnte. Beim Wegräumen der oberen Schuttschichten kamen nach und
nach vier große Sandsteinblöcke mit Köpfen und Gestalten von Mönchen und
Propheten zum Vorschein. Sie saßen ursprünglich als Gesimssteine über den
Kapitalen der Vierungspfeiler. Trotz der großen Höhe des Sturzes sind sie ver-
hältnismäßig gut erhalten, weil Ziegel und Mörtelschutt der stürzenden Pfeiler
ihre Last aufnahmen. Die Zerstörung hat hier das Gute, daß sie diese bisher
in Dunkel der Gewölbe verborgenen Skulpturen zum Vorschein brachte.

Sie stammen aus der
frühgotischen Bauperiode
der Kirche und sind etwa
in der Art der Drolerien
auf dem Chorgestühl des
Kölner Domes und einer
verwandten Holzplastik
der Sammlung Schnütgen
gehalten. Trotz stilistischer
Verwandtschaft ist ihre
künstlerische Behandlung sehr ungleich. Besonders eindrucksvoll wirkt der
plastisch stark hervorgearbeitete Kopf eines Mönches in Kapuze mit Haarschopf
und geringelten Locken (Abb. 1). Die Augen scheinen von innerer Glut durch-

Abb. 2. Prophet.

h. 37 cm, br. 1 m.
 
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