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Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

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Neuss, Wilhelm: Ikonographische Studien zu den Kölner Werken der altchristlichen Kunst, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4343#0098

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84 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 6

IKONOGRAPHISCHE STUDIEN

ZU DEN KÖLNER WERKEN DER ALT-
CHRISTLICHEN KUNST IV.

5. Das Neußer Kästchen.
(Mit 4 Abbildungen)

/\ m 12. März 1847 wurden vor dem Obertore in Neuß, rechts von der Kölner
/ \ Straße, in einem Skelettsarkophage aus Liedberger Braunkohlensandstein
J. 1. zusammen mit einer flachen Schale, zwei Salbfläschchen, einer größeren
und einer kleinen Flasche auch fünf Glastäfelchen gefunden, die einst ein Kästchen
gebildet hatten1. Nach der Beschreibung von Dr. Jäger vom 20. März 1847 waren
sie etwa 6 : 3 Zoll groß. Jäger schickte den Fund zur Begutachtung nach auswärts.
Als man einige Zeit nach seinem Tode (1848) dem Verbleib nachforschte, war
keine Spur mehr aufzufinden. Man bleibt daher auf die 1847 sogleich angefertigten
Zeichnungen des Neußer Malers und Zeichenlehrers Küppers angewiesen, nach
denen aus'm Weerth vier der fünf Platten veröffentlicht hat, während ihm dies
bei der fünften der fast gänzlichen Zerstörung ihres Bildschmuckes wegen zwecklos
erschien. Leider geht aus der Jägerschen Beschreibung nicht einmal mit Sicher-
heit hervor, ob die Goldblättchen auch einen Glasüberfang hatten, wie die römi-
schen fondi d'oro ihn besitzen, oder nach Art der Herstatt-Schale freilagen2.
Von den Darstellungen selbst aber ist das meiste klar.

Auf dem Deckel (Abb. 1) sitzt Christus zwischen Petrus und Paulus. An den
Aposteln erkennt man leicht die alt überlieferten, vor allem auf den Goldgläsern
streng beibehaltenen Züge. Christus inmitten des Apostolkollegiums ist eine Szene,
die in der römischen Kunst seit dem IV. Jahrh. nachweisbar ist. Daß Petrus und
Paulus allein neben ihm stehen, kommt in der Katakombenmalerei ganz vereinzelt
und erst etwa seit der Mitte des IV. Jahrh. vor. Beliebter wurde die Szene in
der Sarkophagplastik, während die römischen Goldgläser sie in dieser Form nur
selten, sehr oft dagegen Petrus und Paulus von Christus gekrönt vorführen. Sehr
bedauerlich ist die Unklarheit der Zeichnung. Es scheint sehr, daß Christus sitzt.
Dann sind die pfauenaugenähnlichen Gebilde rätselhaft, da sie höchstens als
Kennzeichnung eines Hügels Sinn haben, ähnlich den kleinen Bögen des Aschen-
oder Misthaufens, auf dem Job sitzt, oder ähnlichen Linien eines Hügels, der auf

1 Die erste Beschreibung gab Dr. Jäger in der ,. Düsseldorf er Zeitung" 1847 am 20. März;
sie ist aufgenommen in die Besprechung des Fundes von E. aus'm Weerth: Römische Gläser
B. J. 63 (1878) 99 ff. mit färb. Abb. Tat. IV. Nach dieser unsere Abbildungen. Vgl. ferner d.
Art. Glasgefäße von Heuser bei Kraus, Real-Encyklopädie I, 618 f; sowie Kraus, Die
christlichen Inschriften der Rheinlande I, 1890, Nr. 702 u. S. 152. V o p e 1 , Die altchristl.
Goldgläser passim; Kisa, Das Glas im Altertum S. 885—888.

2 Doch scheint die Wendung Jägers „die Malerei, durch aufgeklebte und radierte
Goldblättchen dargestellt" (B. J. 63, 108) für das letztere zu sprechen. Auch glaube ich, daß
ein Glasüberfang bei einer viereckigen Platte schwieriger ist, als bei einer runden, weil die
Deckschicht aufgeblasen werden muß. Fast scheint es, wenn man die Herstattschale, die
Müngersdorfer Schale, unser Kästchen und andere Kölner Funde nicht christlichen Inhalts
zusammenhält, daß die überfanglose Technik in Köln besonders beliebt gewesen sei.
 
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