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Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

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Schnütgen, Alexander: Neues silbervergoldetes Ziborium mit Emailschmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.4343#0044

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Nr. 3____________ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.____________33

NEUES SILBERVERGOLDETES
ZIBORIUM MIT EMAILSCHMUCK.

(Mit Tafel II.)

Durch ganz ungewöhnliche Größe, eigenartige würdige Gestaltung, reiche
sinnvolle Schmelzzier empfiehlt sich dieses, von Hofgoldschmied J. Klee-
fisch (Firma Gabriel Hermeling) zu Köln für die neugotische Pfarr-
kirche zu Neuwied entworfene und ausgeführte silbervergoldete Ziborium.
— Für dasselbe lautete die Weisung auf große Kuppa (12—1500 Hostien), ge-
fällige und handliche Form, dessen Entstehung in der Kriegszeit kündenden
farbigen Schmuck.

Wenn das überhalbkugelförmige Behältnis mit dem Schaft nicht zu schwer
wirken sollte, mußte dieses eine gewisse Milderung erfahren, ohne die Beein-
trächtigung des sakralen Charakters, der durch den in den letzten Jahren für
Kelche und Ziborien mehrfach eingeführten (profanen) Stengelpokal sehr ge-
fährdet erscheint. Harmonie zwischen Fuß, Schaft und Kuppa durfte
so wenig vermißt werden, wie die nicht selten fehlende Standfestigkeit. Des-
wegen ergab sich für den Fuß die Paßgliederung, für den Schaft der stark sich
verjüngende Trichter mit kleinem Knauf, der zugleich das feste Anfassen er-
leichtert. Ein kreisförmiger Fuß würde zu massig erschienen sein, ebenso ein aus
acht gleichen Pässen gebildeter Fuß, selbst wenn Platte, Kordel, Hohlkehle,
Schräge die Unterlage abgaben. Wechselten aber vier größere Pässe mit vier
kleineren ab, dann konnten die letzteren zu lanzettförmig sich verjüngenden
Streifen gestaltet, die ersteren zur Anbringung großer Medaillons benutzt werden.
Auf diese Weise blieben für die szenischen Bilder große Kreise übrig, die wieder-
um durch dreipaßförmige Einfassung die eigentliche Darstellung markieren. Die
diesen Zwickeln eingegrabenen, von opak-rotem Grund goldig sich abhebenden
Inschriften: Deus judicans (Apoc. I, 12—20), Deus flagellans (Apoc. VI, 2. 8.),
Populus pugnans (I. Reg. 17, 45), Populus orans (Gen. 32. 26) begründen die
Darstellungen! Christus als Weltenrichter (nach Dürer), die apokalyptischen
Reiter (nach Dürer), David im Kampfe mit Goliath, Jakob mit dem Engel ringend
(nach Steinle). — Die farbige Wirkung dieser durchsichtigen Schmelzbilder (be-
kanntlich die Stärke gerade dieser Werkstatt) ist von ausnehmender harmonischer
Schönheit, nicht nur in sich, sondern auch in der Gesamtstimmung, durchaus in
dem glänzenden metallischen Rahmen. — Dieses wird durch die zwischen ihnen
sich emporrankenden getriebenen Rosenstreifen wiederum bestätigt, die des
unten eingefügten Almandinschmuckes nicht einmal bedurft hätten. — Die acht
Buckel des rundlichen Knaufes sind durch ein schmales Glied von der Schale
geschieden, die als „überkippe" den Träger des Behälters bildet. — Diesen
ist zu schmücken bestimmt ein ringsum sich schlängelndes, mit Steinen ver-
ziertes emailliertes Rosenband, dem ein graviertes Spitzenmotiv nach unten Ab-
schluß bietet, zum Teil die beiden Emailovale der Vorder- und Rückseite ein-
fassend, nämlich das Hüftbild der Herz-Jesu-Figur und das Lamm Gottes. — über
dem Einrahmungsprofil bildet den Abschluß die kräftige Majuskelinschrift:
TUM • EXSURGERENT • HOMINES • IN • NOS • FACTUM • EST • COR • IESU • RE-
FUGIUM • ET- PROPITIATIO-POPULI • AD • DEUM • CONVERSI.
 
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