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Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

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Patzak, Bernhard: Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der mittelalterlichen Holz- und Steinplastik in Schlesien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4343#0048

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Nr. 3

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

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war, Weiber anzubringen (!). Das ganze Schnitzwerk datiert von 1508. Die
Architektur an dem Baldachin des Schreines ist zierlich und geschickt gearbeitet."
— Es wird im weiteren Verlauf unserer Darstellung zu untersuchen sein, inwie-
weit die von Schultz gegebene Charakteristik zutreffend ist. Von vornherein lehne
ich aber sein abfälliges Urteil ab, daß die Madonna „verfehlt" sei. Sie ist viel-
mehr ebenso porträtmäßig-charakteristisch wie St. Lukas dargestellt. Leider ist
die Nase des Ma-
rienhauptes etwas
beschädigt.

Meiner eigent-
lichen stilkritischen
Untersuchung lasse
ich zunächst eine
genaue Beschrei-
bung des Altar-
fragmentes voran-
gehen.

Der Schrein,
dessen Umrah-
mung keinerlei go-
tische Ornamente
mehr, sondern vom

Renaissance-
geschmack beein-
flußte Arabesken
aufweist, ist 1,52 m
hoch und 1,33 m
breit. Durch seinen
fensterartigen Rah-
men eröffnet sich
ein nach perspekti-
vischen Prinzipien
annähernd richtig
konstruierter Ein-
blick in einen spät-
gotischen Innen-
raum, der mit seiner
mittleren oktogo-
nalen Säulenstütze

und den von ihr fächerartig ausstrahlenden Gewölberippen allem Anschein nach ein
Turmgemach vorstellen soll. Tektonisch nicht ganz klar durchgeführt sind die
dicht an den Rahmen herantretenden, an-, bzw. abgeschnittenen Pfeiler, die mit dem
auf sie aufsetzenden, ziemlich flach geschwungenen Gurtbogen für den Blick
gleichsam einen Querschnitt durch den Raum darstellen. Oberhalb des Gurt-
bogens ist eine renaissanceartige Zahnschnittleiste an Stelle des früher üblich ge-
wesenen gotischen Maßwerkes als Füllung zwischen Rahmen und Darstellung ge-
treten. Die Rückwand des kleinen, aber traulichen Gemaches erschließt sich in

Abb. 2. Stanislausaltar (MittelstüA) im Museum für Kunstgewerbe und
schlesisdie Altertümer zu Breslau.
 
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