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Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

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Schnütgen, Alexander: Holzgrüppchen einer kölnischen Pieta aus der Spätgotik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4343#0097

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Nr 6

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

83

HOLZGRÜPPCHEN EINER KÖLNI-
SCHEN PIETA AUS DER SPÄTGOTIK.

Die Bruchstücke, die im Kölner Privatbesitz sich erhalten hatten, setzten sich,
ohne irgend welche Ergänzung, zu diesem Nußbaum-Grüppchen von 30cm
Höhe zusammen, bei dem, unter mehrfacher Tünche, die ursprüngliche Be-
malung lückenlos hervortrat: rot-
braunes Kleid mit goldenem Mieder-
börtchen, Karnation mit Bluts-
tropfen, braunes Haar beim Heiland,
goldenes Haar bei der Gottesmutter,
grünlich lasierter Felsblock. — Was
für den kölnischen Ursprung spricht,
ist nicht nur das Auftauchen aus
dieser, allem Anscheine nach uralten
Versenkung, sondern namentlich die
eigenartige Auffassung, die hier zwar
keine Parallelen aus der Plastik auf-
weist, wohl aber in der Malerei, und
zwar bei den Tafelmalern, die nach
dem Tode von Stephan Lochner
die flandrischen Schulen von Rogier
van der Weyden, Memhng usw.
aufsuchten. An diese, also an die
Meister des Marienlebens, derGIori-
fikation usw., erinnert dieses Grüpp-
chen: durch seine starre Form, die
unbehilfliche HaltungdesLeichnams,
besonders durch den etwas natura-
listischen und doch sehr innigen
Gesichtsausdruck, der bei der Gottes-
mutter mit ihrem ovalen geneigten
Haupt und dessen gesenkten Augen-
lidern zu so diskretem wie warmem
Mitgefühl sich steigert. Nur um
eine etwas schwächliche Nachbildung
konnte es sich handeln, da gerade
die Pieta, die schon den Malern so viele Haken bot, zu den schwierigsten Pro-
blemen der Plastik zählte. — Der entseelte magere Körper mit den übereinander-
gelegten Händen, lose auf das Knie der Gottesmutter gelegt, die, zu scheu, ihn
anzufassen, ihre Hände ausbreitet, so daß er eigentlich nur schwebt, ist für die
bildnerische Darstellung ein zu kritischer Vorwurf, und die Zartheit der Auf-
fassung und Haltung, wie der intime Ausdruck des Gesichtes müssen ersetzen,
was der sonstigen Bewegung an Elastizität abgeht. — In dieser Form und Fassung
eine Ausnahme auch in der über 500 mittelalterl. Figuren umfassenden Skulpturen-
Samml. Schnütgen, in die ich sie unlängst aufgenommen habe. Schnütgen.
 
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