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Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

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Neuss, Wilhelm: Ikonographische Studien zu den Kölner Werken der altchristlichen Kunst, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4343#0102

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88

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 6

Seine geschichtliche und ikonographische Bedeutung ist nicht gering. Es ist
das einzige Beispiel eines Goldglases in eben dieser Kastenform, das wir kennen.
Trotz der Verluste in seinem Bilderschmuck gehört es immer noch zu den wenigen
Goldgläsern, die einen größeren Reichtum von biblischen Szenen vereinigen,
einer Gruppe, an deren Spitze gerade die bisher besprochenen Kölner Funde
stehen18. Viel Eigenartiges ist auch in den einzelnen Bildern: Job kommt auf
Goldgläsern überhaupt sonst nicht mehr vor, ebensowenig das Quellwunder in
dieser genauen Form und, soweit die Spuren ein Urteil erlauben, der thronende
Christus.

Das alles weist auf einen Entstehungsort hin, wo die Kunst der Goldgläser
mit großer Liebe und mit Selbständigkeit gegenüber Rom getrieben wurde, von
dessen Ikonographie die große Masse der erhaltenen Gläser zeugt. Nicht nur die
örtliche Nähe, sondern auch innere Gründe sprechen demnach für Köln und
entkräften die Bedenken, die aus'm Weerth in Hinblick auf die Menge der römischen

Funde noch gegen diese Annahme
hegte. Für die Entwicklung des kirch-
lichen Lebens in Köln während des
IV. Jahrh. ist nun der Vergleich
mit den älteren Gläsern sehr lehr-
reich. Noch ist der alte soteriologische
Bilderkreis in Gebrauch. Die Stamm-
eltern, Jonas, Job, auch das Quell-
wunder in seinem ursprünglichen Sinn
gehören ihm an. Aber er lebt nicht
mehr. Die Stammeltern und Jonas
werden auf die Schmalseiten ver-
wiesen, die Jobszene tritt ganz zurück
vor den beiden Heiligengestalten zu
Abb. 4. ihren Seiten, das Quellwunder hat wie

in Rom seine Bedeutung gewechselt.
Das Hauptfeld nimmt der thronende Christus zwischen den Apostelfürsten ein
und auf der Vorderseite fallen die beiden römischen Heiligen ins Auge. Es
ist der Sieg des dogmatisch-historischen Bilderkreises über den soteriologischen,
dem er im IV. Jahrh. allenthalben entwachsen ist, von dem das Kästchen auch
für unsere Gegend an den Grenzen des Reiches als einziges erhaltenes Denkmal
Zeugnis gibt. Wenn dabei Petrus und Paulus, sowie den beiden römischen Heiligen
Sixtus und Hippolytus Ehrenplätze eingeräumt werden, wenn das Quellwunder
die römische Form angenommen hat, so gibt dies alles endlich einen bedeut-
samen Fingerzeig dahin, daß die Beziehungen der Kölner Kirche zu Rom gegen
Ende des IV. Jahrh. viel inniger geworden sind als in der ersten Hälfte, deren
Denkmäler nach Gallien und dem Orient weisen.
Köln. W. N e u ß.

Vgl. die Zusammenstellung bei Vopel S. 76.
 
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