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Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

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Hasak, Max: Kirche, Pfarrhaus und Schule zu Luckenwalde
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https://doi.org/10.11588/diglit.4343#0134

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 8

Wellen schon vorher verwirrt haben. Im allgemeinen kann man sagen, daß die
Stimme eines Redners 30 m weit gut zu vernehmen ist, wenn man dafür sorgt,
daß die Schallwellen nur geradeaus an das Ohr des Zuhörenden gelangen, daß
dagegen alle an Fußboden, Wände und Decken anprallenden Schallwellen ge-
hindert werden, ebenfalls das Ohr des Zuhörenden zu erreichen. Sie müssen
auf derart zubereitete Flächen auf treffen, daß sie entweder dort vernichtet oder
so abgelenkt werden, daß sie den Zuhörenden nicht erreichen.

Das Schulgebäude umfaßt im hohen Erdgeschoß drei Schulklassen;
im ersten Stock eine solche für kleine Kinder nebst einer Lehrerwohnung. Im
Dachgeschoß eine Wohnung für einen unverheirateten Lehrer und für Schwestern.
Darüber ein Trockenboden. Im Keller sind neben Vorratsräumen und dem
Heiz- und Waschkeller die Aborte und Bäder für Knaben und Mädchen unter-
gebracht. Dieser Bau ist ebenfalls in Verblendziegeln ringsum hergestellt und
kostet nur 40000 Mark ohne Mobiliar.

Auf diese Weise ist eine Gesamtanlage für kirchliche und Schulzwecke in
der Vorstadt einer Fabnkstadt geschaffen, die sich in die kleinen Gartenhäuser
und Verhältnisse der Nachbaren gut einordnet. (Abb. 5.)

Wie diese selbe Aufgabe für die Großstadt gelöst ist, zeigt die Bauanlage
der Heiligkreuzkirche zu Berlin-Wilmersdorf (Taf. VII).
Freie Plätze sind in Berlin für Kirchen nicht mehr zu haben, besonders nicht
für katholische Zwecke; so müssen also Hausgrundstücke erworben und die
Kirchen in die Häuserreihen eingebaut werden. Nun ist es sicherlich eine un-
würdige Lösung einer solchen Bauaufgabe, die Kirche nach hinten in den Hof
zu verstecken und durch die Durchfahrt eines Mietshauses zu ihr gelangen zu
müssen. Leider wird bei dem Erwerb solcher Grundstücke der Künstler selten
zu Rate gezogen. Irgendein Baumaterialienhändler oder sonstiger frommer
„Sachverständiger" wird damit betraut oder reißt die Angelegenheit an sich.
Hier war das glücklicherweise nicht der Fall und so ließ sich die Kirche vorn
an der Straße anordnen. Für einen Turmbau fehlten allerdings die Mittel. Da
die große Kirche nur 175 000 Mark kostet, so mußte das Geläute in dem Giebel-
aufbau untergebracht werden. Rechts und links sind zwei Häuser angebaut, um
die Kirche einerseits von den Nachbarhäusern und deren Geräuschen loszu-
lösen, ihr aber auch anderseits künstlerisch einen gehörigen Rahmen zu ver-
schaffen, überdies sind eine Pfarrwohnung, eine solche für den Küster und
Räume für Vereinszwecke nötig, also bringt man diese am zweckmäßigsten und
besten gleich in diesen Seitenhäusern unter. Dann steht die Kirche unmittelbar
an der Straße. Der Gläubige findet sie sofort. Er kann stolz auf sie hinweisen.
Sie verkriecht sich nicht vor ihren evangelischen und jüdischen Mitschwestern
hinten auf den Hof. Aber der Künstler gehört selbst zum Erfassen eines so selbst-
verständlichen Gedankens! Die übrigen Wohnungen sind vermietet und tragen
so ihrerseits zur Entschuldung des ganzen Unternehmens bei, da die Hypo-
thekengelder mit alljährlicher Tilgung geliehen sind. Auf diese Weise ist es auch
möglich, die Kirche ringsum mit Fenstern zu versehen und sie wie einen frei-
stehenden Bau zu behandeln. Die Sakristei ist bei beiden Kirchen in einem
besonderen Anbau untergebracht, weil dies die billigste Lösung ist, sobald man
sich nicht mit einer Sakristei von wenigen Quadratmetern hinter dem Hochaltar
begnügt. Denn der hochgebaute Chor ist natürlich teurer als ein niedriger
 
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