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Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

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Feurstein, Heinrich: Noch einmal der Dreikönigsaltar des Messkircher Meisters
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https://doi.org/10.11588/diglit.4343#0183

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Nr. 10/11 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. 1(31

Die Koordination von Maria und Vitus im Altar von Stetten im Remstal ist sicher
unüberlegt und ohne Beispiel. Der Jakobusaltar in Winnental, Oberamt Waib-
lingen, ist ein Schloßaltar, kein Pfarraltar. Vielmehr hat jeder Hochaltar bis in
die Zeit der Renaissance hinein ausschließlich eine aus der christlichen Heils-
geschichte geschöpfte Tatsache oder Person als kultische und künstlerische Do-
minante der ganzen figuralen Komposition, zum mindesten St. Anna (sehr selten!),
in der weit überwiegenden Mehrheit die Madonna mit Kind, seltener den Kruzi-
fixus2:i.

2. Daß ]e der Termin der Kirch weihe das Heiligenpatronat einer Kirche
oder die Wahl des Altarheiligen bedingte, ist in der alten Zeit nirgends belegt.

3. Die Anwesenheit einer Dreikönigsbruderschaft in Meßkirch steht in keinem
Zusammenhang mit dem Dreikönigsaltar der Pfarrkirche. Die Bruderschaft ent-
stand im XVII. Jahrh. Der Bruderschaftsaltar stand in der Spitalkirche. Das
alte Anniversar hat zum 6. Januar (Dreikönig) die Notiz: fit officium in hospi-
tali. Der Bruderschaftsjahrtag von 1682 mit 1 Amt und 3 hl. Messen wurde in
der Spitalkirche gehalten. Die Spitalkirche, übrigens wie das Spital eine Grün-
dung der Herren von Zimmern, ist eine Trinitatiskirche, der Altar zeigt aber heute
noch eine Anbetung der 3 Könige im Auszug.

4. Das Dreikönigsbild hat allerdings kleine, schmale, für einen gotischen Hoch-
altar unmögliche Abmessungen. Aber wir haben hier ein ausgesprochenes Pro-
dukt der Renaissancekunst vor uns. In dieser vorgerückten Zeit darf man nicht
mehr die Abmessungen eines gotischen Schnitzaltares erwarten. Maria Schütte24
hat sehr richtig bemerkt, daß im Beginne des XVI. Jahrh. das Streben nach dem
Kleinen, Intimen einsetzt und zu einer abnehmenden Größe des Altarbildes
führt. Man bevorzugt sichtlich die kleinen Formate. (Vgl. auch die Zwerg-
altäre von Wildenstein und Falkenstein!) Die Abmessungen des Meßkircher
Altarwerkes sind die größten bekannten des Meßkircher Meisters.25

Vorstehende Gedanken waren bereits konzipiert, als ihnen durch einen glück-
lichen Fund des Herrn Professor Paul Ganz von den öffentlichen Sammlungen
in Basel eine erfreuliche Bestätigung zuteil wurde. Professor Ganz hatte nämlich
vor einigen Jahren im Kunsthandel eine prächtige Renaissancezeichnung eines
Altarrahmenwerkes erworben, die er auf Grund der Zimmerschen und Henne-
bergschen Wappen und die absolute Übereinstimmung der Maße der Rahmen
mit den Maßen des Dreikönigsbildes und der Flügelbilder mit großer Wahr-
scheinlichkeit auf den Meister von Meßkirch und auf die Pfarrkirche zu Meß-
kirch als Standort zurückführen konnte. Die Ornamentformen zeigen große Ver-
wandtschaft mit den ornamentierten Rückseiten unserer Bilder und lassen an der
Hand des M. Meisters keinen Zweifel übrig. Professor Ganz hat nunmehr durch fort-
gesetzte kontradiktorische Verhandlungen mit Professor Dr. Sauer und mir seine
Hypothese zur Gewißheit erhoben und wird das Ergebnis dieser Tage in seiner
Zeitschrift bekanntgeben. Professor Ganz hatte die Freundlichkeit, mir einen photo-

23 Siehe auch M a r i a S c h ü 11 e , a. a. 0. S. 10 ff.

24 a. a. 0. S. 2.

25 Siehe die Zusammenstellung bei Kötschau, Barthel Beham und der Meister von
Meßkirch, S. 84 ff.
 
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