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Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

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Endres, Joseph Anton: Die alten Siegel und das Wappen der Stadt Regensburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4343#0194

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172

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 10/11

Abb. 4.

öffentlichte nämlich im Jahre 1729 ein Werk Ratisbona Politica, dem er einige
alte Regensburger Siegel in Kupferstich einfügte,'5 darunter das sogleich zu be-
sprechende Sekretsiegel vom Jahre 1395, welches
auf dem Originale den hl. Petrus, ebenso wie jenes
vom Jahre 1323, mit der Rute in der Rechten zeigt.
Statt der Rute gibt nun unser Kupferstecher dem
Apostelfürsten, den buschigen Oberteil der Rute als
Lichtstrahlen erklärend, eine brennende Kerze in die
Hand und ersetzt dadurch ein ungewohntes Attribut
durch ein anderes kaum leichter zu deutendes. Aber
die Rute kommt so deutlich zum Ausdruck, daß an
ihr nichts zu ändern ist.

Was will sie besagen? Auf ihren wahren Sinn
weist die vollständige Stelle bei Matthäus 16, 19 hin:
Et tibi dabo claves regni coelorum; et quodcunque

1 i g a v e r i s super terram, erit ligatum et in coelis; et quodcunque s o 1 v e r i s
super terram, erit solutum et in coelis. Betont also das erste Siegel in Bild und
Umschrift einfachhin den Gedanken an die Himmelsschlüssel des Petrus, so
wird in der Folge der Nachdruck auf die Antithese des Bindens und Lösens
gelegt, ein Umstand, der in den zwei gekreuzten Schlüsseln seinen endgültigen
Ausdruck findet. Vorerst aber wird das Binden auf den Sekretsiegeln von Regens-
burg für sich symbolisch veranschaulicht und dies allein und nichts anderes kann
das Rutenbündel in der Rechten St. Petri bedeuten. Diese originelle Wiedergabe
der Bindegewalt des hl. Petrus läßt sich meines Wissens sonst nirgendwo nachweisen.

Daß nun aber in Regensburg tat-
sächlich auf jene Antithese ein besonderes
Gewicht gelegt wurde, geht aus den Sie-
geln des Regensburger Domkapitels her-
vor. Das älteste derselben, welches sich be-
reits zu Ende des XII. Jahrh. in Gebrauch
befindet, trägt die Umschrift: fSIGIL-
LV(M) S(AN)C(T)I -PETRI • RATIS-
PONENSIS • ECCL(ESI)E:6 (Abb. 5).
Es zeigt im Bilde St. Petrus in Halbfigur
mit Nimbus, ohne Mitra, mit einer Ka-
sula bekleidet. Die Hände sind auswärts
gerichtet, und zwar hält die Rechte
zwei Schlüssel mit einander abgekehrten
Barten, die Linke ein Buch. Außer der
Umschrift weist dieses Siegel auf dem
Bildgrunde zu beiden Seiten des Apostels
und sich über das Buch hin erstreckend
eine Inschrift auf, die eben jene Antithese zum Gegenstande hat: CLAVIS
PETRI LIGAT ET SOLVIT. Das jüngere domkapitelsche Siegel, wohl erst

5 Ratisbona Politica, Regensburg 1729, Tafel zu S. 347.

6 Eine erste mangelhafte Abbildung s. Liber Probationum, Ratisbonae 1752, tab. III. ad
num. LXI.

Abb. 5.
 
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