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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.
Nr. 12
des Bogens im Gegensatz zu der tragenden Pfeiler- oder Säulenkonstruktion
betont (Abb. 17).
Wenn die giebelförmige (gestelzte) Flächengliederung schon
in karolingischer Zeit (wie bei der Vorhalle von Lorsch) künstlerisch verwertet
wurde, so erfuhr sie erst in der Gotik eine bevorzugte Ausbildung. Die steilere
Dachschräge wird friesartig begleitet und unter Umständen nach außen staffel-
förmig gebrochen (Abb. 18). Zugleich drängt die Entwickelung dazu, die ein-
gefaßte Giebelfläche besonders auszuzeichnen, unter Umständen blendenartig
mit reichem Maß- und Stabwerk auszufüllen9. So ist man beispielsweise bei der
St. Stefanskirche in Wien dazu übergegangen, die großen Giebeldreiecke des
Langschiffes mit aufgemaltem Maßwerk zu versehen, das später im XIX. Jahrh.
durch Steinmaßwerk ersetzt worden ist. Auch die Frührenaissance ließ sich die
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Abb. 20.
Teppichmuster auf Mörtclgrund.
Abb. 21.
Teppidimuster auf Mörtelgrund.
Gelegenheit, eine vertiefte Giebelfläche zu schmücken, nicht entgehen und hat
sich dabei der farbigen Putzzeichnung bedient (Abb. 19).
Rahmung und Füllung. — Die Tiefengliederung führt, wie bereits
erwähnt, zu besonderer Auszeichnung der Rahmung und Füllung, mag
es sich dabei um Öffnungen oder nur um zurückliegende Flächenteile handeln.
Während man sich im frühen Mittelalter mit der schlichten Andeutung, oft
nur der linienförmigen Begleitung der Wanddurchbrechung begnügt, werden in
romanischer und frühgotischer Zeit die Kanten und Leibungen von Öffnungen
durch kräftige Stäbe und Hohlkehlen eingefaßt. Außerdem aber wird die
zurückliegende Fläche (Bogen, Giebel, Blendnische) in entschiedener Weise
durch ein Muster, in Erinnerung an vorgehängte Teppiche, gekennzeichnet.
Auf der gegebenen Putzfläche werden auf einfachem Liniennetz in wagerechter,
8 Dr. ing. H. P h 1 e p s: Die Entwickelung des Maßwerkschleiers, ein Beweis für die
Farbigkeit der mittelalterlichen Außenarchitektur. Zentralbl. d. Bauverw. 1916, Nr. 99.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.
Nr. 12
des Bogens im Gegensatz zu der tragenden Pfeiler- oder Säulenkonstruktion
betont (Abb. 17).
Wenn die giebelförmige (gestelzte) Flächengliederung schon
in karolingischer Zeit (wie bei der Vorhalle von Lorsch) künstlerisch verwertet
wurde, so erfuhr sie erst in der Gotik eine bevorzugte Ausbildung. Die steilere
Dachschräge wird friesartig begleitet und unter Umständen nach außen staffel-
förmig gebrochen (Abb. 18). Zugleich drängt die Entwickelung dazu, die ein-
gefaßte Giebelfläche besonders auszuzeichnen, unter Umständen blendenartig
mit reichem Maß- und Stabwerk auszufüllen9. So ist man beispielsweise bei der
St. Stefanskirche in Wien dazu übergegangen, die großen Giebeldreiecke des
Langschiffes mit aufgemaltem Maßwerk zu versehen, das später im XIX. Jahrh.
durch Steinmaßwerk ersetzt worden ist. Auch die Frührenaissance ließ sich die
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Teppichmuster auf Mörtclgrund.
Abb. 21.
Teppidimuster auf Mörtelgrund.
Gelegenheit, eine vertiefte Giebelfläche zu schmücken, nicht entgehen und hat
sich dabei der farbigen Putzzeichnung bedient (Abb. 19).
Rahmung und Füllung. — Die Tiefengliederung führt, wie bereits
erwähnt, zu besonderer Auszeichnung der Rahmung und Füllung, mag
es sich dabei um Öffnungen oder nur um zurückliegende Flächenteile handeln.
Während man sich im frühen Mittelalter mit der schlichten Andeutung, oft
nur der linienförmigen Begleitung der Wanddurchbrechung begnügt, werden in
romanischer und frühgotischer Zeit die Kanten und Leibungen von Öffnungen
durch kräftige Stäbe und Hohlkehlen eingefaßt. Außerdem aber wird die
zurückliegende Fläche (Bogen, Giebel, Blendnische) in entschiedener Weise
durch ein Muster, in Erinnerung an vorgehängte Teppiche, gekennzeichnet.
Auf der gegebenen Putzfläche werden auf einfachem Liniennetz in wagerechter,
8 Dr. ing. H. P h 1 e p s: Die Entwickelung des Maßwerkschleiers, ein Beweis für die
Farbigkeit der mittelalterlichen Außenarchitektur. Zentralbl. d. Bauverw. 1916, Nr. 99.