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Die Gartenkunst — 4.1902

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Zimmermann, Wilhelm: Die königlichen Gärten Oberbayerns in kunstgeschichtlicher und kritischer Beleuchtung, [11]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0214

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IV, 12

DIE GARTENKUNST

209

Deutsche Gärten in Wort und Bild.

Die königlichen Gärten Oberbayerns in kuustgeschicht-
licher und kritischer Beleuchtung
von W. Zimmermann,

weiland kgl. bayer. Hofgärten-Ingenieur,
bearbeitet und herausgegeben
von

J. Trip, Stadtgarten-Direktor in Hannover,
und

II. Schall, kgl. Hofgärten-Ingenieur in München.
(Schlafe.)
(Hierzu 3 Pläne.)

Pürstenried,*) (Abbild. S. 211.)

Die schwere Erkrankung Sr. Majestät des Königs, des
damaligen Prinzen Otto, führte im Jahre 1880 dazu, das
verlassene Fürstenried in stand zu setzen, um für Aller-
höchstdenselben ein würdiges und vom Treiben der Stadt
abgeschiedenes Hoflager zu schaffen.

Gleichzeitig mit dem Umbau des Schlosses und seiner
Nebengebäude, welche in ihren Grundrissen nicht wesent-
lich verändert wurden, ging es auch an den Garten. In
diesem .sah es schlimm aus. Die einstigen Hecken waren
gröfstenteils beseitigt, die kunstvoll verschlungenen Rabatten
nebst den Wegen verschwunden. Das ganze Parterre
bildete eine einzige Wiese, und unter den ehrwürdigen,
zum Teil enormen Linden hatte sich ein reizender Wald-
teppich aus Immergrün, Farnen, Epheu, Anemonen, Schnee-
glöckchen etc. allmählich selbst entwickelt.

Mit Respektierung aller irgend benutzbaren Überreste
der Hainbuchenhecken und deren Stockausschlag wurde
die alte Gestaltung des ursprünglichen Schlofsgartens nach
überlieferten Stichen und Plänen neu gebildet; altehrwürdige
Ungezwungenheit vereint sich mit der korrekten, sauberen
Form des eleganten Gartens.

Zur Behandlung der Parterres möchte ich bemerken,
dafs Effner Wert darauf legte, die zur reicheren Ausstattung
wesentlich beitragende Vertiefung der Rasenbahn in gutem
Verhältnis zur Ausdehnung zu halten; auch dafs durch
flache Lage des Rasens innerhalb der kleinen Böschungen
der Charakter des Ebenen gewahrt bleibe und keine Aus-
muldung an seine Stelle trete.

Neben den farbenreichen Blumenrabatten und warm
getönten Sandstreifen sind dunkelgrüne Epheulinien im
Hellgrün des Rasens von bester Wirkung.

Damit war es jedoch nicht genug. Der Schreiber
dieses erhielt nach Vollendung dieser Arbeit ferner Auftrag,
nach den Entwürfen Effners die Höfe vor dem Schlosse in
entsprechender Weise zu schmücken. Der verhältnismäfsig
sehr grofse Kostenaufwand hierfür wurde durch die ent-
schiedene Forderung Effners bedingt, den Kiesboden auf
allen der Pflanzung dienenden Gebieten, also auch auf dem
Platze des gesamten neuen Lindenhaines auf dem nord-

*) Dieser Hofgarten ist einer von denjenigen, in dem
Zimmermann am meisten thiitig wirkte und wo er auch Ge-
legenheil hatte, mit Effner in nähere, persönliche Beziehung
zu treten. Die Herausgeber.

Die Gartenkunst.

westlichen Hofe, IV2—2 m tief auszuheben, zu entfernen
und durch Ackererde zu ersetzen. Der Ankauf der letzteren
machte, bei der geringen Stärke von 15 bis höchstens 20 cm
der dem Kies aufgelagerten Ackerkrume weit umher, eine
Abgrabung ausgedehnter Flächen nötig.

Der so hergestellte Garten mit schönem Parterre vor
dem Schlosse, schattigen Laubgängen aus holländischen
Linden, einem immergrünen Gärtchen und einem kleinen
Rosarium seitlich vom Schlosse, vielfach mit Marmorgruppen
und schönen Vasen geschmückt, bot wohl eine weit gröfsere
Abwechslung in seinen allseits um das Schlofs gruppierten
Teilen als der des vorigen Jahrhunderts; doch zeigten
alle eine streng regelmässige Form. Es entstand somit
der Wunsch, einen modernen Landschaftsgarten hinzuzu-
fügen und zwar an Stelle eines nicht ergiebigen Obstgartens
im Süden. Aus naheliegenden Gründen hatte man den
Gesamtbesitz mit hoher Mauer umgeben. Das Verlangen,
dennoch einen umfassenden Ausblick zu gewinnen, liefs
daran denken, durch künstliche Terrainerhebung eine freie
Umschau, ungestört durch die Umfriedigung, zu den
Wäldern, Dörfern und dem schönen Kranze der fernen
Berge zu eröffnen.

Um nicht nur an einem Orte ein Hinübergucken, son-
dern ein Promenieren mit gelegentliehen Ausblicken auf
die Umgebung zu ermöglichen, andererseits eine sanfte,
schön ausschwingende Bodengestaltung zu gewinnen, er-
streckt sich die mächtige Erdanschüttung in ihren Aus-
läufern über mehr als die Hälfte des ganzen Gartens.

So entstand der in seinem ganzen Terrainwurf und
seiner Wegeführung schlicht und einfache, in seiner Be-
pflanzung elegante, reiche Garten mit der schützenden und
mannigfach gegliederten Umrahmung von Fichten, Buchen
und Eichen, letztere in grofser Zahl. Eichen sind es auch,
welche auf den zur schief verlaufenden Mittelbahn ab-
fallenden Rasenhängen in zahlreichen, frei verteilten Einzel-
exemplaren eine vorzügliche Wirkung erzielen. Durch die
ungleich verteilten Stämme und zierliche Ausbildung der
Äste sowohl, als auch durch die den Rasen treffenden
langen Schlagschatten tragen diese Bäume viel zur mannig-
fachen Gestaltung dieses Gartenbildes bei. Es wurden
dieselben in grofser Zahl, zum Teil in sehr stattlicher
Gröfse, herbeigeschafft.

Herrliche Coniferen gedeihen hier, ferne dem verderb-
lichen Kohlenrauch der Stadt — mit Auswahl — in voll-
endeter Schönheit.

Ein fast überreicher Rosenschmuck ist hier, wie wir
es auch bei Effners Anpflanzung auf dem Maximiliansplatze
in München finden, nicht in Beeten vereint — solche fehlen
hier dem Garten auch sonst gänzlich —, sondern in lockeren
Trupps unter einiger Zusammenhaltung der Blütenfarben
an den Gebüschrändern ausgestreut.

Diese Ungezwungenheit natürlicher'Anordnung umgeht
den Mifsstand der auf Rosenbeeten unvermeidlichen zeit-
weisen Blütenleere und den des wenig gleichmäfsigen
Wuchses, ja noch mehr das Unzureichende der Farbenfülle

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