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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Der X. internationale kunstgeschichtliche Kongress in Rom
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Zum Jubiläum des Leipziger Kunstvereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0045

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6g

Zum Jubiläum des Leipziger Kunstvereins

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wickelt das Thema Ȁgyptischer Ursprung des ikono-
graphischen Typus der Dormitio Virginis«.

Aus der II. Sektion (das Quattrocento) erwähnen
wir einen Vortrag des Frankfurter Kunstgelehrten Karl
Gebhardt über die Beziehungen zwischen der italie-
nischen und der deutschen Malerei in der ersten Hälfte
des Quattrocento, wobei die Einflüsse von Nürnberger
Malern auf norditalienische bedeutsam gefunden wurden,
ebenso wie der italienische Einfluß auf Nürnberger
Meister im 15. Jahrhundert.

In der III. Sektion (Cinquecento bis zur Gegenwart)
sprach Walter Friedländer über Nicolaus Poussin und
sein Verhältnis zur römischen Kunst der Barockzeit. —
Federlco Hermanln über italienische Maler und fran-
zösische Kupferstecher im 17. Jahrhundert, wobei er
die schon von Voß aufgestellte Hypothese, daß Sacchi
der Schöpfer des Berliner Borro-Bildes sei, mit neuen
Gründen stützte. — Friedrich Noak handelte über
nordische Künstler in der Villa Borghese. — August
L. Mayer, der trotz seiner vielen Beschäftigung mit
Greco den kritischen Blick für den vielleicht doch
überschätzten Meister, dem man sogar mit einem
Plenarbeschluß an seiner Hochwertung etwas ab-
pflücken wollte, nicht verloren hat, sprach über die
Beziehungen des Theotokopuli zur italienischen Kunst.

— Großen Anklang fand auch der Vortrag von Hein-
rich Welzsäcker über den Aufenthalt und die Arbeiten
des Adam Elsheimer in Rom. Zu erwähnen wäre
noch Alfred Dören (Leipzig), der über deutsche, be-
sonders mittelalterliche Künstler in Rom sprach. Ein
interessantes Thema hatte sich Leandro Ozzola gewählt,
als er über die Ansichten römischer Ruinen in der Malerei
der verschiedenen, Rom besuchenden Künstler aller Na-
tionen vom Jahre 1600 bis auf den großen Architektur-
maler Pannini referierte, dessen schöne Bilder in dem
Kasino des Quirinalparks, das sonst unzugänglich ist,
die Kongressisten ebenfalls besuchen durften. — Zu
der letzten Sektion, welche die Organisation der Kunst-
studien zum Zweck hatte, leitete ein italienisch ge-
haltener Vortrag von Georg Sobotka (Wien) über,
der den Durchschnitt durch den gegenwärtigen Stand
der Barockforschung zog und die Notwendigkeit fest-
stellte, für die weitere Erforschung der italienischen
Seicentokunst eine Basis zu schaffen in kritischen
Neueditionen der literarischen Quellen des 17. und
18. Jahrhunderts. Eine solche Arbeit würde eine Er-
gänzung zu dem großen, von Venturi vorgetragenen
und einstimmig genehmigten Programm einer Gesamt-
edition der italienischen Quellen zur Kunstgeschichte
für die früheren Epochen sein.

Diese kurzen, salvis erroribus et omissionibus ge-
gebenen Referate sollen keinen weiteren Zweck haben,
als einen vorläufigen oberflächlichen Begriff von der
Kongreßarbeit der versammelten Kunsthistoriker zu
geben, denn eine Wertung derselben ist zurzeit noch
unmöglich (es wurden etwa 70—80 Vorträge gehalten).

— Der nächste Kongreß soll 1916 in Paris statt-
• finden, wohin die französische Regierung und die

Sorbonne durch den beredten Mund von Dieulafoy
und Lemonnier eingeladen haben. Henri Lemonnier
(Paris), der Professor für Kunstgeschichte an der

Universität in Paris, ist daher zum Präsidenten des
den zukünftigen Kongreß vorbereitenden Komitees
gewählt worden, Federlco Hermanln zum Vizepräsi-
denten, Haseloff zum Sekretär, Roberto Paplnl zum
Schatzmeister.

Sämtliche Vorträge des Römischen Kongresses
werden in stattlicher Form, mit Beigabe der erläutern-
den Abbildungstafeln schnellstens gedruckt werden,
allen Teilnehmern zugehen und im Verlage von
E. A. Seemann erscheinen. m.

ZUM JUBILÄUM DES LEIPZIGER KUNSTVEREINS

Der Kunstverein zu Leipzig begeht Anfang No-
vember das Gedächtnis seines fünfundsiebzigjährigen
Bestehens. Eine zu diesem Anlaß in seinen Räumen
soeben eröffnete große Jubiläumsausstellung soll in
festlich monumentaler Weise die Grundsätze und den
weitreichenden Umkreis des in diesem Verein gepflegten
Kunstinteresses zur Schau stellen.

Im Jahr 1837 gegründet, gehört der Leipziger
Kunstverein zwar nicht unter die ältesten Organisationen
seiner Art, wohl aber darf er sich rühmen, von allem
Anfang an einer der blühendsten, höchststrebenden und
auch äußerlich erfolgreichsten Kunstvereine Deutsch-
lands gewesen zu sein. Ihm, der schon im Grün-
dungsjahr eine Mitgliederzahl von beinahe 1000 Namen
erreicht hatte, verdankt die Stadt Leipzig in erster
Linie das Bestehen und den reichen Bestand ihres
städtischen Kunstmuseums. Die Begründung einer
solchen Sammlung hatte der Verein gleich bei seinem
ersten Zusammentreten als leitenden Grundgedanken
an die Spitze seines Programms gesetzt; dieses Mu-
seum, nachdem es zwölf Jahre nach der Konstituierung
des Kunstvereins als solches ins Leben getreten war,
weiter zu fördern, es namentlich durch Ankäufe von
Kunstwerken zu bereichern, ist sodann sein vornehmstes
Ziel und Bestreben geblieben bis auf den heutigen
Tag, und in dieser großzügigen, im besten Sinn stadt-
bürgerlich munizipalen Gesinnung liegt die hervor-
ragende Bedeutung des Leipziger Kunstvereins be-
gründet. Damit war von vornherein die in manchen
andern Städten so mißlich hervorgetretene Zersplitterung
der Kunstinteressen ausgeschlossen. Im Kunstverein
war ein für allemal der alleinige und eigentliche
Sammelpunkt, die Zentralstelle gegeben für alle in
der Leipziger Einwohnerschaft vorhandenen oder noch
zu weckenden Kräfte und Interessen, die zur Förderung
des öffentlichen Kunstlebens, der künstlerischen Kultur
und der allgemeinen städtischen Kunstpflege heran-
gezogen werden konnten.

Zum Programm des Vereins gehört ferner die
Veranstaltung möglichst häufiger und umfassender
Ausstellungen, die sowohl Gelegenheit bieten zu An-
käufen für das Museum (wofür jährlich satzungsgemäß
zwei Drittel der Einnahmen aufgewendet werden) wie
die private Kauflust fördern, sodann eine ungewöhn-
lich reichhaltige und für Neuanschaffungen selten
gut dotierte kunstwissenschaftliche Bibliothek — mit
ihren rund 6000 Bänden wohl eine der stattlichsten
ihrer Art in Deutschland überhaupt und so auch für
 
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