nicht, daß in letzker ZeiL Messnngen an dern Begleitstern des Sirius eine Doraus-
sage Einstelns aus das schönste bestätigt haben. Sie deuten das Abkllngen des öffent-
lichen Jnteresses auf ein Ablassen von der Relativltätstheorie — nnt Unrecht, denn
die toissenschaftliche Relatlvitätstheorie selbst hat niemals fester gestanden als jetzt.
Unter den Physikern selbst gibt es, abgesehen von den vereinzelten Gegnern, die aus
den Jahren des öffentlichen Kampfes bekannt sind, kaum noch merkliche Unstimmig-
keiten. Die Relativitätstheorie ist ein fester Bestandteil der Physik geworden, die
jüngere Generation unter den Physikern kann sich bereits nicht mehr vorstellen, tvie
Physik ohne Relativitätstheorie einmal möglich geroesen ist. Die logischen und er-
kenntnistheoretischcn Grundlagen der Theorie — und gerade diese bedurften nach
Einsteins Bollendung des physikalischen Ansatzes noch der Verschärfung — sind weit-
gehend ausgebaut worden und bilden ein festes Fundament, von dem sich jetzt der
eigentlich physikalische Kern des Einsteinschen AnsatzeS überschauen läßt, ja, von wel-
chem erst ein tieferes DerständniS auch der vor-Einsteinschen Raum-Zeit-Lehre mög-
lich wurde. Kurz, die Relativitätstheorie ist klassisch geworden — und gerade
darum hört man so wenig von ihr.
Am allermeistcn übrigens bei den Physikern selbst. Diese haben sich mit aller erdenk-
lichen Jntensität auf das Problem deS Atoms geworfen, das in den letzten
Jahren eine erhebliche Förderung erfahren hat. Man arbeitet über Spektrallinien,
über dic innere Derschiedenheit der chemischen Elemente, man versucht ein ModeIl
des Atoms zu konstruieren und vereinigk in diesem Bemühen mathematischen Scharf-
sinn mit experimenteller Geschicklichkeit. Gerade im allerletzten Jahr sind cntscheidende
Schritte hierin geleistet worden; die Vorstellung, daß das Atom als ein Planetensystem
im kleinen anzusehen ist, mußte einer weiteren Derfeinerung weichen, nach welcher
das Atom auS einem positiv geladenen Kern besteht, der von einer zitternden Wolke
aus negativer Elektrizität umgeben ist. Noch sind die weitercn Folgerungen in der
Schwebe, noch zittert auch das Jnteresse der Forscher selbst wie eine elektrische Wolke
um diese Probleme, von dercn weitgehender Vertiefung die Offentlichkeit noch nichts
weiß. Von der Relativitätstheorle spricht man dabei nur, indem man mit Selbstver-
ständlichkeit dem Modell die „Relativitätskorrektionen" hinzufügt, die eS erst genau
machen sollen ...
„Der Wahrheit ist nur ein kurzeS Siegesfest beschieden zwischen den beiden langen
Zeiträumen, wo sie als paradoy verdammt und als trivial geringschätzt wird" — sagt
Schopenhauer. Die Relativitätstheorie ist in das dritte Stadium eingetreten.
Deutscher Geisi im Qsien
Von Carl Lange
I.
Politische Entwicklungen
as Böse, das ein Anderer will, führt oft zum Guten. Jeder hat es irgendwie
^ I einmal an sich erfahren. Das Leben des Einzelnen ist mit dem Leben der Döl-
ker vergleichbar. Als uns Deutschen nach dem Kriege die tiefen Wunden in
allen Grenzen gerissen wurden, Wunden, die zum Teil noch immer nicht vernarbt
sind, da wollte man uns im Osten durch die Abstimmungen und durch die Abtren-
nung rein deutscher Gebiete vom Reich den Todesstoß versetzen.
Zu dem Schwersten gehörte die Bildung des polnischen Korridors — angeblich be-
rechtigt durch die frühere Urbevölkerung und durch einen schon einmal vorhanden
gewesenen polnischen Korridor —, die Gründung der beiden Freistaaten Memel
und Danzig und die Lostrennung eines großen Teiles von Westpreußen und Posen.
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sage Einstelns aus das schönste bestätigt haben. Sie deuten das Abkllngen des öffent-
lichen Jnteresses auf ein Ablassen von der Relativltätstheorie — nnt Unrecht, denn
die toissenschaftliche Relatlvitätstheorie selbst hat niemals fester gestanden als jetzt.
Unter den Physikern selbst gibt es, abgesehen von den vereinzelten Gegnern, die aus
den Jahren des öffentlichen Kampfes bekannt sind, kaum noch merkliche Unstimmig-
keiten. Die Relativitätstheorie ist ein fester Bestandteil der Physik geworden, die
jüngere Generation unter den Physikern kann sich bereits nicht mehr vorstellen, tvie
Physik ohne Relativitätstheorie einmal möglich geroesen ist. Die logischen und er-
kenntnistheoretischcn Grundlagen der Theorie — und gerade diese bedurften nach
Einsteins Bollendung des physikalischen Ansatzes noch der Verschärfung — sind weit-
gehend ausgebaut worden und bilden ein festes Fundament, von dem sich jetzt der
eigentlich physikalische Kern des Einsteinschen AnsatzeS überschauen läßt, ja, von wel-
chem erst ein tieferes DerständniS auch der vor-Einsteinschen Raum-Zeit-Lehre mög-
lich wurde. Kurz, die Relativitätstheorie ist klassisch geworden — und gerade
darum hört man so wenig von ihr.
Am allermeistcn übrigens bei den Physikern selbst. Diese haben sich mit aller erdenk-
lichen Jntensität auf das Problem deS Atoms geworfen, das in den letzten
Jahren eine erhebliche Förderung erfahren hat. Man arbeitet über Spektrallinien,
über dic innere Derschiedenheit der chemischen Elemente, man versucht ein ModeIl
des Atoms zu konstruieren und vereinigk in diesem Bemühen mathematischen Scharf-
sinn mit experimenteller Geschicklichkeit. Gerade im allerletzten Jahr sind cntscheidende
Schritte hierin geleistet worden; die Vorstellung, daß das Atom als ein Planetensystem
im kleinen anzusehen ist, mußte einer weiteren Derfeinerung weichen, nach welcher
das Atom auS einem positiv geladenen Kern besteht, der von einer zitternden Wolke
aus negativer Elektrizität umgeben ist. Noch sind die weitercn Folgerungen in der
Schwebe, noch zittert auch das Jnteresse der Forscher selbst wie eine elektrische Wolke
um diese Probleme, von dercn weitgehender Vertiefung die Offentlichkeit noch nichts
weiß. Von der Relativitätstheorle spricht man dabei nur, indem man mit Selbstver-
ständlichkeit dem Modell die „Relativitätskorrektionen" hinzufügt, die eS erst genau
machen sollen ...
„Der Wahrheit ist nur ein kurzeS Siegesfest beschieden zwischen den beiden langen
Zeiträumen, wo sie als paradoy verdammt und als trivial geringschätzt wird" — sagt
Schopenhauer. Die Relativitätstheorie ist in das dritte Stadium eingetreten.
Deutscher Geisi im Qsien
Von Carl Lange
I.
Politische Entwicklungen
as Böse, das ein Anderer will, führt oft zum Guten. Jeder hat es irgendwie
^ I einmal an sich erfahren. Das Leben des Einzelnen ist mit dem Leben der Döl-
ker vergleichbar. Als uns Deutschen nach dem Kriege die tiefen Wunden in
allen Grenzen gerissen wurden, Wunden, die zum Teil noch immer nicht vernarbt
sind, da wollte man uns im Osten durch die Abstimmungen und durch die Abtren-
nung rein deutscher Gebiete vom Reich den Todesstoß versetzen.
Zu dem Schwersten gehörte die Bildung des polnischen Korridors — angeblich be-
rechtigt durch die frühere Urbevölkerung und durch einen schon einmal vorhanden
gewesenen polnischen Korridor —, die Gründung der beiden Freistaaten Memel
und Danzig und die Lostrennung eines großen Teiles von Westpreußen und Posen.
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