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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,1.1926-1927

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Heft 2 (Novemberheft 1926)
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Capricornus, Samuel: Das große Ärgernis: zur Frage des modernen Okkultismus
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8881#0120

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gewinnen läßt — Wirklichkeit nicht verstanden als Jdee des „Daseins der Dinge
nach Gesetzen", des NatnrmechanlSmus, sondern als lebendlge Natur, die „sln-
tend strämt gesteigerte Gestalten".

Es ist getoiß nlcht lelcht, hinter der getrübten nnd lnferioren Form, >n der sich dle
melsten dleser Znsammenhänge darbieten, den Kerngehalt — sosern ein solcher vor-
handen ist — aufzufinden. Das trifft z. B. zu für dle Lehren der A st r o l o g i e,
von der elnst Kepler gesagt hatte — und dles slcher nlcht auü „Nalvitüt" oder
aus mangelhafter wlssenfchaftlicher Bildung —, sie selen eln „Zeugnis von Gottes
Werken und also ein heilig und gar nicht ein lei'chtferkiges Ding". Die heute auf den
Markt geworfenen Schriften zu diesem Thema sind freilich nicht geeignet, eine solch
hohe Meinung von der Astrologie zu rechtfertigen.* Und nichts liegt dem Berf.
mehr fern, als eine Befchäftigung mit astrologifchen Fragen überhaupt allgemein
anzuraten. Aber eS ist zu hoffen, daß sich in absehbarer Zeit dazu Berufene der
Arbeit unterziehen mögen, den noch wenig gesichteten, vielfach verunreinigten, ,aber
reichen Bestand an konkret-symbolhaftem Denken, der in der astrologifchen Tradi-
tion niedergelegt ist, und seine Zusammcnhänge mit grundlegendcn Problemen der
KoSmologie, Naturphilosophie und Charakterologie zu klären. Dann wäre es sogar
möglich, von diesem einen Teilgebiet deS „okkulten" Bezirks aus wesentliche Berei-
cherung zu erfahren und u n mittelbar, nicht nur auf dem Umwege vermittelnder
kulturphilosophifcher Betrachtung, einen Anstoß zu gewinnen, „mit allen liebenden,
verehrenden frommen Kräften in die Natur und in das heilige Leben derselben"
einzudringen.

ie Textproben der Losen Blätter sind, mit freundlicher Genehmigung der Ber-

lage, drei in den Jahren nach dem Kriege erfchienenen Werken entnommcn.

Parzival, ein VerSroman in drei Kreisen, von Albrecht Schaeffer, ist
ein Helden- und Gottsucher-EpoS von uugemeinen Ausmaßen der Form wie dem Jn-
halte nach, und nakürlich kaum bekannt. An Wolframü Werk fchließt es sich nur sehr
lose an; es ist keineswegs eine Nach- oder Neudichtung desselben. Jn dem abge-
druckten Abenteuer gelangt Parzival zur Melancholie; es ist jene rätselhafte Weibs-
gestalt aus dem Dürerschen Kupferstich; die Deutung, die der Dichter öem vielum-
strittenen Blatt und seiner Symbolwelt gibt, darf man wohl, ohne damit ein zu großes
Wort zu gebrauchen, des tiefsinnigen Meisters selber würdig nennen.

Hans Carossas Rumänisches Tagcbuch, wie der lparzival im Jnselverlag er-
schienen, trägt das Motto: „Raube das Licht aus dem Rachen der Schlange!" Es
ist die schönste Gabe, die je ein Dichter auS einem Feldzug mit nach Hause gebracht
hat, die wunderbarste Mischung von Erlebnis und Traum, Dichtung und Deutung.
Die hymnische Prosa des größten TeileS der Proben sind Aufzeichnungen einer ge-
heimnisvollen JünglingSgestalt namens Glavina, die der Dichter aus den Papieren
des Gefallenen zusammengestellt haben will.

Tacitus' Germania endlich, von Rudolf Borchardt für die Bremcr Presse
verdeutjcht, liefere ein Beispiel für die großen Möglichkeiten auch der blbersetzung,
die sich aus wahrer Kenntnis und Beherrschung der deutschen Sprache wieder ergcben.

' Aus dec ganzen dcin Derf. bekanntgewerdenen zcitgenöhislhcn asirologisihen Likcratnr kann
als einziges Werk die oan Heinz Arkhur nnd Sigrid Strauß besorgke AnSgabe „Oie Astro-
logie des ZohanneS Kepler" (bei Oldenbourg, Mnnihcn Iga6) cnipfohlcn werden.
 
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