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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,1.1926-1927

DOI Heft:
Heft 5 (Februarheft 1927)
DOI Artikel:
Fronemann, Wilhelm: Neue Zensur?: ein Rück- und Ausblick
DOI Artikel:
Schreyer, Lothar: Meister Eckehart
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https://doi.org/10.11588/diglit.8881#0344

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Likeratur zum großen Teil erst geschaffen werden. Kurz, es ist eine neue Volks-
literakur auszubauen, eine Ark primikive Dichkung und Weltkunde, wie
sie früher im Volk selbst erzeugk wurde.

Abschließend stelle ich fest: Das Schundlikerakurproblem iff entffanden aus
dem Betäkigungsdrang des heukigen Kapikalismus, der in den niederen Jn-
ffinkken und in der primiLiven Geiffigkeik des werdenden Menschen lohnende
AusbeuLungsobjekLe sah. Die gegen die Volks- und Jngendvergifkung ohn-
mächkigen Bildungsarbeiker verlangken nach dem eisernen Besen der GeseHes-
gebung, damik er das Arbeiksfeld rein fege. Dann erst kann die ausbauende
Arbeik beginnen, zu der Volks- und Iugendbildung bereik und der Staak
verpflichkek sind.

Meisier Eckehart

Von Lokhar Schreyer

^T-nkscheidend sür die Enkwicklung des Christenkums nördlich der Alpen ist
^die Geistesbewegung gewesen, die wir unker dem Mamen der dcukschen
Mystik kennen. Sie vercinigke die germanische Art der Lebensanschauung und
des Geffalkens mik dcr Vorstellungswelk und dem Gefühlsleben der christlichen
Kirche Roms. Der Meister dieser deukschen Mystik ist Meiffer Eckehark.
Meister Eckehart ist im dcutschen Geiffesleben cine saff legendare Erscheinung.
Nichk nnr, daß viele Legenden sich um sein Erdenleben spinnen. Bon den
äußeren Taksachen seines Lebens wissen wir wenig. Das ist um so erstaun-
licher, als er schon bei Lebzeiken als einer der erlenchkeksten Geister seiner Epoche
erkannk wurde und ein hohes Kirchenamk ausübke. Nichk einmal der Tag
und Monak seines Todes smd übcrlieserk; es sind Rückschlüsse, aus Grund
deren sein Tod im Frühling des Jahres 1Z27 angenommen wird. Die For-
schung erfährk bei der Bekrachknng dieses Lebens das gleiche Geheimnisvolle,
das ihr ost begegnet, wenn sic sich um die Lebensereignisse der großen Mysti-
ker oder Heiligen müht. Ie mchr die Forschung vordringk, deffo mchr ver-
schleiern sich die Tatsachcn des Lebcns dieser doch historischen Persönlichkeiken.
Ilnd das gleiche Lrikk ein, wenn die Forschung sich mik den überlieferken
Werken der Myffikcr beschäfkigk. Was als echk galk, wird ungewiß. So gilk
hcuke die Mehrzahl der Wcrke, die als Werke Eckeharks überlieferk sind, als
ungewiß. Diese Unsicherheik gehk so weik, daß nach mancher Meinung die
Vergangenheik zu llnrechk Eckehark eine überragende Skellung zuerkannk hat.
Manchc sprechen ihm sogar Originalikäk und Führergröße ab. Jedenfalls
wird es heuke kaum möglich scin, cinen wissenschaftlich einwandfreien Einblick
in die Lehre des Meisters zu geben. Auch schcint sich einer kiefcren Bekrachtnng
weniger eine Lehre zu erschließen, als cine besondere Ark der Lebensführung
und Lebensanschauung. Diese das Leben sührcnde Anschauung ist einem Ge-
stalkwandel unkerworsen wie das Leben selbst und geht wie das Leben selbst
durch Irrkum und Widersprüche der Erfüllung menschlicher Geiffesfreiheik
enkgegen. In dieser Geistesark ist das alles Verzeihende, aber auch alles llm-
wandelnde der Gesimnmg Eckeharks zu verstehen. Aus dieser Geistesart be-
ruhk seine Treue zur Mukkcrkirche, sowie seine bedingungslosc llnbeirrkheit
des geistigen Wachskums über Aukoritäk und Dogma hinaus.
 
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