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Kunstwart und Kulturwart — 27,4.1914

DOI Heft:
Heft 19 (1. Juliheft 1914)
DOI Artikel:
Buschmann, Johann Wilhelm: Hauswirtschaftlich und Kaufmännisch: zur Bildung der weiblichen Jugend
DOI Artikel:
Gansberg, Fritz: Verinnerlichung der Schularbeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.14290#0035

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Wenn man aber seine Erweiterung (auf das Maß dessen für Knaben)
deshalb fordert, weil das junge Mädchen von den kaufmännischen Diszi-
plinen mancherlei für ihren späteren tzausfrauenberuf lernen könne (Spar-
samkeit, Warenkenntnisse), so scheint mir das, zunächst einmal, ein Loch
in die Logik des Gedankenaufbaus zu reißen, der ja die Notwendigkeit
hauswirtschaftlicher Elemente in der Fortbildungsschulerziehung bestreiten
Vill. Erkennt man aber damit die Notwendigkeit der hauswirtschaftlichen
Bildung an, dann will mir nicht einleuchten, warum man den Rmweg über
den kaufmännischen Anterricht dem geraden einer planvollen hauswirt-
schaftlichen Unterweisung vorzieht. Ganz abgesehen davon, daß man auf
dem Umweg kaum bis zum Ziel käme.

Die Gehaltfrage, schließlich, wird durch keine Fortbildungsschule gelöst.
Die geringere Entlohnung der Frau hat zwei Ursachen: einmal ihre ge-
ringere Leistungsfähigkeit in den betreffenden Berufen, die zum Terl
physiologisch begründet ist und insofern durch keine Schulung aufgehoben
werden kann. Soweit sie eine Folge unzulänglicher Ausbildung ist, liegt
die Möglichkeit der Steigerung und damit auch einer gewissen Lohn-
erhöhung vor, niemals aber bis zur vollen tzöhe des Männerlohnes. Denn
erstens besteht die Ungleichheit der physiologisch bedingten Leistungsfähigkeit
weiter mit ihren Folgeerscheinungen der anderen organisatorischen Ein-
gliederung der Frauenarbeit in den wirtschaftlichen Betrieb, und zweitens
bleibt gänzlich unberührt die andere tzauptursache der niedrigeren Bezahlung
der Frau in den gewerblichen Berufen: der Druck des starken Angebots an
weiblichen Arbeitskräften und die Tatsache, daß Frauenarbeit fast überall in
der Volkswirtschaft deshalb niedriger als Männerarbeit gewertet wird, weil
der erwerbstätigen Frau in der Regel nicht wie dem Manne die Pflicht
der Unterhaltung einer Familie obliegt. Ihre Arbeit wird lediglich als
Grundlage ihrer Individualexistenz eingeschätzt. Wo sie trotzdem für
andre mit zu sorgen hat, mag das im Einzelfalle gewiß zu bedauern sein.
Aber hier wirkt etwas wie ein soziologisches Gesetz.

Iohannes Buschmann

Verinnerlichung der Schularbeit

^^-enn wir den Zielpunkt all der Bestrebungen, die wir unter dem
^H^Begriff der Arbeitsschule zusammenfassen, mit einem Schlagwort
^^^bezeichnen wollen, so ist uns das Wort „Selbstbetätigung" dafür
gegeben; denn wenn wir das Wort Arbeit im besten und höchsten Sinne
fassen — und das wollen wir doch gewiß, wo es sich um unsere Iugend,
unsere tzoffnung handelt — dann verstehen wir darunter ein — auf
wziale Aufgaben gerichtetes — produktives Auswirken der persönlichen
KrLfte des Menschen. Ie weniger die Arbeit zur Entfaltung der inneren
Kräfte anregt, um so Liefer steht sie auch auf der sozialen SLufenleiter.
Aeinste Mechanik in die Schulen einführen, hieße alle edleren Keime
m der Iugend ersticken. Ie sinnvoller die Tätigkeiten sind, die wir
m der Schule vornehmen lassen, um so stärker rufen sie in der Iugend
öen „Vorgang" hervor, den wir „Bildung" nennen. Wenn wir von
Orefem allgemeinen Gesichtspunkt an die Frage der Arbeitsschule her-
antreten, dann werden wir so leicht keine Irrtümer begehen.

Denn die Frage der Arbeitsschule ist ja nicht etwa „erledigt^. Sie
glercht vielmehr einer allgemeinen Kursänderung, die nur dann von Be-

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