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Kunstwart und Kulturwart — 27,4.1914

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Heft 24 (2. Septemberheft 1914)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14290#0484

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denkwürdigen Zeit auch wirklich ge-- würdigem Stolz sagen möge: da
dacht werde, wie sie es verdient, und kämpfte oder da fiel auch einer von
jeder Nachkomme, den es trifft, mit den Meinigen. Schleiermacher

Unsre Bilder und Noten

as schöne friedliche Bild von tzans Reiß zeigt uns auch ein Stück
dessen, worum es geht. Ein Stück deutsche Heimat, mit feinem Maler-
auge, aber auch mit all der Liebe erfaßt, die ein Abbild erst zu einem
Kunstwerke macht und uns erlaubt, es in dieser Stunde als etwas zu zeigen,
das ihrer würdig ist.

Ludwig Fahrenkrogs „Neues Leben^ mag wie ein Trost da«
stehen, wenn wir an all das Sterben denken. Was uns so stark gemacht
hat, war ja auch nicht zuletzt die Fruchtbarkeit unsres Volkes, und man
weiß, wie wundersam schnell sie nach einem Kriege die Verluste an Leben
wettmacht.

Mit Otto Raschs Griffelwerk schließlich rufen wir heute goffmann
von Fallersleben in unsern Kreis, den Mann, dessen Lied nun wieder durch
alle Reihen geht.

Als wir die vier Bilder aus Tsingtau drucken ließen, die wir
den Lesern als Beispiele von „Bauten aus den Kolonien" mitgeben, da
hatten wir noch keine Ahnung davon, welches Geschick über Kiautschau
kommen könnte. Wir wollten sie, auf eine Anregung aus Tsingtau selbst,
wiedergeben, um die Bitte zu unterstützen: baut doch nicht „altdeutsch" in
unsern Kolonien, baut doch in ihnen im Zusammenhang mit dem Boden,
mit der Kultur dort! Was ihr da hinstellt, deutet mit nichts, aber auch
mit nichts Architektonischem auf China. Heute versagt uns zu derlei
Genörgel die Lust. Wir sehen die andre Seite dieser deutschen Bau-
tätigkeit dort: den Mut und die Tatkraft, die derlei aus dem Boden stampft,
und wir denken mit Wehmut des Schicksals der Männer, die dort arbeiteten,
kämpfen und ertragen. A

(7^ie Notenbeilage unseres tzeftes dient zur Veranschaulichung dessen,
^was in dem Rundschaubeitrage über Philipp Scharwenkas Klavier-
musik gesagt ist. Scharwenkas Kunst meidet die Beziehungen zur Pro-
grammusik grundsätzlich, und auch in diesen Abendstimmungen wird man
finden, daß alles, was als Natur-- oder Seelenmalerei zu deuten wäre,
nie die Grenze überschreitet, jenseits deren es sich einer absolut musi-
kalischeu Rechtfertigung entzieht. Das Seelische, die Stimmung, geht hier,
wie bei den Werken aller formalen Meister, ganz in rein musikalische
Form auf, und erklingt gerade darum in verklärter Reinheit, weil sie
ohne aufdringliche musikmalerische tzinweise zustande kommt. Darum sollte
man auch nicht nach solchen suchen. Was hätte man gewonnen, wenn man
etwa in dem C--Moll--Stück op. (07, ^ entdeckt, daß die in der Oktave
auf § schwebenden Achtel als das Klingen einer Abendglocke zu deuten
wären. Mag es so deuten, wer gerade das als poetisch empfindet. Liefere
und klärendere Einsichten hat aber sicher gewonnen, wer die Bedeutung
der „liegenden Stimmen" hier für die Schaffung einer ruhig schwebenden,
gelösten Stimmung „begriffen", und wem sich dieses kunsttheoretische Be--
greifen ganz in Empfindung gewandelt hat. Man beachte also, wie das
liegende Z- aus der Oberstimme in die Tiefe wandert, allmählich synkopisch
beunruhigt erscheint, und im zweiten Thema (animauäo poeo a xoeo)

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